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Energie

Alter Strom in neuen Schläuchen

18. Juni 2018
Christina Marchand
Die von Schweizer Stromversorgern angebotenen Produkte enthalten noch immer zu geringe Anteile aus erneuerbaren Energiequellen.

Gemeinsam mit dem WWF hat der Stromvergleichsdienst myNewEnergy den Standardstrom von 139 Schweizer Energieversorgern untersucht. Der Strommix hat sich zwar seit 2014 deutlich in Richtung erneuerbare Energien verbessert, allerdings meist durch vermehrten Verkauf des bestehenden Wasserstroms und nicht durch einen Wandel im Herstellungsmix. Es ist nur wenig neuer erneuerbarer Strom dazugekommen. Für eine echte Energiewende wäre dies aber nötig.

Schweizer Haushalte sind durch die ausbleibende Liberalisierung bei ihrem jeweiligen Energieversorger gefangen. Wer sich also nicht aktiv um die Stromversorgung kümmert, erhält das Standardprodukt des lokalen Anbieters. Dieses war bis vor wenigen Jahren oft billiger Atomstrom oder – noch schlimmer – ein Produkt mit ausländischem Kohlestrom.

Zusammensetzung nur auf den ersten Blick positiv

In den letzten Jahren hat sich die Zusammensetzung des Stroms stark verbessert, wie man auch an der fast vollständig grünen Stromlandschaft sieht. Bis auf wenige Ausnahmen haben die Anbieter fast vollständig erneuerbare Standardprodukte eingeführt (siehe Grafik). Die Entwicklung wurde durch die 2016 in den Fokus gerückte Deklarationspflicht vorangetrieben. Sie machte aber auch deutlich, dass einige Versorger den sauberen Wasserstrom ins Ausland verkaufen und daheim fossilen Strom liefern.

myNewEnergy vermutet, dass ein anderer Grund für die grosszügig in den Standardprodukten verkaufte Wasserkraft die Teilliberalisierung und der damit offene Markt für die Grosskunden sein dürfte. Denn ab 2016 sanken die Strompreise auf dem Strommarkt stark. Viele Grossabnehmer wechselten in den freien Markt und decken sich dort mit billigem Graustrom ein. So blieben genug Zertifikate übrig, um – ohne wirkliche Veränderung beim Produktionsmix – die Standardkunden mit Wasserstrom zu versorgen. Dieser Strom stammt mehrheitlich aus Jahrzehnte alten Wasserkraftwerken und trägt damit wenig zur Energiewende bei.

Minimaler Anstieg von Erneuerbaren

Die genauere Analyse zeigt, dass der Anteil an neuen erneuerbaren Energien seit 2014 in den Standardprodukten nur minimal gestiegen ist, nämlich von 1,4 auf 2,2 Prozent. Der myNewEnergy Vergleichsdienst vergibt Noten, und diese berücksichtigen neben dem Herstellungsmix auch das Ausbaupotential und Ausbauziel der Schweiz. Durchschnittlich liegt die myNewEnergy-Note der Standardprodukte unter 4.4, also nicht mal befriedigend. Erst ab einer Note von 5.5 (sehr gut) haben die Produkte erhöhte Anteile an Solar- und Windstrom. Das ist wichtig, da die Wasserkraft in der Schweiz nur noch mässig ausgebaut werden kann und der Ersatz der Atomkraftwerke primär durch Solar- und Windanlagen erfolgen muss.

Im Jahr 2018 mischen laut der Analyse zwar rund 40 Prozent der Versorger auch Strom aus neuen Erneuerbaren ein, aber der durchschnittliche Anteil ist mit 2,2 Prozent weiterhin sehr tief, was auch durch unsere geringen inländischen Ausbauraten bestätigt wird. Verbraucher, welche die Energiewende wirklich vorantreiben wollen, können also nicht beim Standardstrom bleiben, sondern müssen auf sehr gut bewertete Ökoprodukte wie «naturemade star» oder gleich auf reine Solarstromprodukte setzen.

Interessenbindung der Autorin: Dr. Christina Marchand ist Geschäftsleiterin des Stromvergleichsdienstes myNewEnergy und Forscherin an der ZHAW zum Thema Strom und Innovationen.

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