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Kommentar

Also doch

28. Februar 2016
Heiner Hug
„Gegen die populistische SVP-Dampfwalze ist man machtlos“, hatten sich viele gesagt. Nein, man ist nicht.

Noch im Oktober sprachen sich bei der gfs-Meinungsumfrage 66 Prozent der Befragten für die SVP-Durchsetzungsinitiative aus. Wieder, nach der Minarett- und der Ausschaffungsinitiative zeichnete sich ein Sieg der SVP ab. Und diesmal ein überwältigender.

Doch es kam anders. Endlich hockten die SVP-Gegner nicht lethargisch und resigniert in ihrer Ecke und sagten sich: „Man kann sowieso nichts tun, gegen populistische Argumente ist kein Kraut gewachsen“. Nein, zum ersten Mal standen die Anti-Populisten auf, taten sich zusammen und stiegen auf die Barrikaden. Sogar die chronisch müde Economiesuisse erwachte. Noch nie sah sich die SVP einer solchen Front gegenüber.

Richter, Anwälte, Professoren, Pfarrerinnen und Pfarrer, Wirtschaftskapitäne, Künstler, Chefredaktoren, Journalisten, Politiker machten für einmal gemeinsame Sache und zeigten, dass man zusammen stärker ist als die Populisten.

Früher trat man der SVP recht selbstgefällig mit einigen hohlen intellektuell verbrämten Argumenten entgegen, die kaum jemand verstand. Nein, diesmal kämpfte man wirklich und war sich nicht zu vornehm, einen echten Abstimmungskampf zu führen.

Man stieg in die Hosen, sammelte Unterschriften, veranstaltete Meetings, veröffentlichte Hunderte Artikel, klebte Plakate, publizierte ganzseitige Inserate, war in den sozialen Medien präsent. Sogar der 80-jährige Peter Studer, einst Chefredaktor, Präsident des Presserates, Anwalt und liberales juristisches Gewissen, sammelte 53'000 Unterschriften und 1,2 Millionen Franken für Plakate und Inserate. Selbst der „Blick“-Chefredaktor nahm Stellung und erklärte: „Die Durchsetzungs-Initiative ist unschweizerisch“. Auch die Linke trommelte gegen die Vorlage. Die WOZ forderte Leserinnen und Leser auf: „Bis am Sonntag Nein stimmen zu gehen. Die Grossmutter, den Freund oder die Tochter mitnehmen – am besten alle. Fünf Bekannte anrufen, die Abstimmungen häufig verschlafen. „Und: „Bier/Champagner kalt stellen.“

Mit sachlichen Fakten bekämpfte man die Einigelungsgespinste und Abschottungsfantasien der SVP, ihre Verschwörungstheorien und Scheinlösungen. All das zeigt, dass das Volk eben nicht so dumm ist, wie es manche glauben. Wenn man ernsthaft will, kann man mit Argumenten überzeugen. Und dies auch in einer Zeit, in der rund um unser Land herum Verängstigte, Verbitterte, Denkfaule und von den globalen Herausforderungen Überforderte immer lauter werden – in einer Zeit, in der nicht nur in Ungarn und Polen Ultranationalisten und Populisten immer mehr Zulauf haben. In einer Zeit auch, in der Europa mit Flüchtlingen überrannt wird.

Die SVP wusste genau, dass ihre Initiative gegen Völkerrecht verstösst und zu einem grossen Teil gar nicht umsetzbar ist. Doch darum ging es ihr gar nicht. Es war ein provokatives Machtspiel. Blocher und Konsorten wollten zeigen, dass sie die Stärksten sind. Dieses Machtspiel haben sie nun verloren.

„Wir sind die wählerstärkste Partei“ posaunt die SVP ins Land hinaus, „und wir gewinnen die wichtigen nationalen Volksabstimmungen“. Die wählerstärkste Partei ist sie, aber diese wichtige Volksabstimmung hat sie nicht mehr gewonnen. Der Nimbus der Ewig-Siegreichen ist gebrochen.

Natürlich wird es die SVP wieder versuchen, wieder und immer wieder. Es ist zu hoffen, dass sich die anti-populistische Allianz nach ihrem heutigen Sieg nicht genüsslich zurücklehnt und wieder in den Schlaf der Gerechten verfällt. Diese Gefahr besteht.

Der heutige Sonntag hat gezeigt: Wenn man kämpft, zusammensteht und nicht wie distinguierte Schlafwandler die Gegner unterschätzt, kann man das Gespenst des Populismus bekämpfen. Besonnene Bürgerinnen und Bürger vereinigt euch! Yes, we can.

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