Ein Surfer gibt seine Stimme ab in einem Wahllokal des Bondi Surf Life Saving Clubs in Sydney. Die Australier entscheiden am 14. Oktober 2023 in einem historischen Referendum, ob für indigene Völker ein neues parlamentarisches Beratungsgremium geschaffen wird und diese dadurch in der Verfassung des Landes erstmals anerkannt werden.
Durch das vorgesehene Beratungsgremium sollen die Ureinwohner des Landes künftig ein grösseres politisches Mitspracherecht bekommen. Letzten Umfragen zufolge droht dem Vorhaben der Regierung von Premierminister Anthony Albanese aber das Aus: Eine klare Mehrheit von 56 Prozent hat erklärt, mit Nein stimmen zu wollen. Vor allem die konservative Opposition hatte gegen die Pläne in den vergangenen Monaten massiv Stimmung gemacht. Durch diese Kampagne hat die Meinung im Land gedreht, nachdem die Mehrheit der Bevölkerung zunächst zu einem Ja tendiert hatte.
Im Erfolgsfall würde ein von den Aborigines gewähltes Gremium das Parlament in Fragen beraten, welche die Indigenen direkt betreffen. Die Beschlüsse des Gremiums wären jedoch für das Parlament nicht bindend. «Dies ist kein radikaler Vorschlag», sagte Albanese heute. «Dies ist eine von den Ersten Australiern an jeden Australier ausgestreckte Hand der Freundschaft, die nur darum bittet, dass sie im Geiste der Versöhnung ergriffen wird.»
Rund 18 Millionen Menschen sind zu den Urnen gerufen, darunter 530’000 Indigene. Es zeichnet sich eine extrem hohe Beteiligung ab. Fast die Hälfte der Wahlberechtigten habe bereits im Vorfeld abgestimmt, teilte die Wahlkommission mit. Vor den Wahllokalen bildeten sich heute teils lange Schlangen.
Die Aborigines gelten als die älteste noch bestehende Kultur weltweit und bevölkern den Kontinent seit mehr als 65’000 Jahren. Erst 1967 wurden ihnen Bürgerrechte zuerkannt. Heute bezeichnen sich etwa vier Prozent der rund 25 Millionen Australier als indigen. Die Kluft in der Gesellschaft ist gross, die Ureinwohner werden bis heute diskriminiert.
Für eine Verfassungsänderung ist sowohl das Volksmehr als auch die Mehrheit der sechs Bundesstaaten erforderlich. Die Wahllokale sind bis 18 Uhr Lokalzeit (9 Uhr MESZ) geöffnet. Bei einem knappen Ausgang könnte es Tage dauern, bis das offizielle Ergebnis feststeht.