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Ukraine Tag 22

«Wir werden nie vergessen und nie verzeihen»

17. März 2022 , wird laufend aktualisiert
Theater in Mariupol
(Bild: Stadtverwaltung von Mariupol)

Wie viele Opfer der russische Raketenangriff auf ein Theater in der südukrainischen Stadt Mariupol gefordert hat, ist noch unklar. In dem Gebäude hatten etwa 500 Menschen Zuflucht vor Raketen- und Artillerie-Angriffen gesucht. Die russischen Kampfflugzeuge hätten «gezielt und zynisch» das Theater angegriffen, sagt der Bürgermeister der Stadt. «Es ist unmöglich, Worte zu finden, die das Ausmass an Grausamkeit und Zynismus beschreiben könnten, mit dem die russischen Besatzer die Zivilbevölkerung vernichten», sagt Petro Andrischtschenko, ein Berater des Bürgermeisters.

Wird laufend aktualisiert

  • Russland bombardiert Theater in Mariupol
  • Selenskyj liest den Deutschen die Leviten
  • «Stockender» russischer Vormarsch
  • Hohe russische Verluste
  • Die USA liefern mehr Waffen
  • Biden nennt Putin einen «Kriegsverbrecher»
  • Ukrainisch-russische Gespräche werden fortgesetzt


«Diese Bastarde»

In dem Theater in Mariupol hätten vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen Zuflucht gesucht, erklärt die Stadtverwaltung. «Nach vorläufigen Angaben haben sich dort mehr als tausend Menschen versteckt», sagt der Berater des Stadtpräsidenten. Es sei schwierig an den Ort der Katastrophe zu gelangen und die Trümmer zu beseitigen, da die Stadt ständig beschossen und bombardiert werde.

Laut ersten Berichten hat der Schutzbunker, in den die meisten Menschen geflüchtet waren, standgehalten.

«Diese Bastarde versuchen, Mariupol und die Menschen von Mariupol, die ein Symbol unseres Widerstands sind, physisch zu zerstören», schreibt Pavlo Kyrylenko, Leiter der Verwaltung der Region Donezk, am Mittwoch auf Facebook. Irina Vereshchuk, die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin, fügt bei «Wir werden nie vergessen, wir werden nie verzeihen.»

Mariupol erlebt seit Beginn des Krieges «die Hölle», erklären Hilfsorganisationen. Die Stadt wird von russischen und pro-russischen Truppen umzingelt. «Es gibt keinen Strom, kein Wasser und keine Lebensmittel. Die Bewohner schmelzen Schnee oder demontieren Heizungsanlagen, um einen Tropfen Wasser zu trinken», sagt der Berater des Bürgermeisters. Versuche, die Stadt zu evakuieren scheitern immer wieder. Man schätzt, dass 300’000 bis 350’000 Menschen eingeschlossen sind.

Am Dienstag war es etwa 20’000 Einwohnern gelungen, mit Privatfahrzeugen die Stadt zu verlassen, sagte Irina Vereshchuk.

Der Angriff auf das Theater erfolgte nur einen Tag, nachdem russische Soldaten etwa 400 Menschen in einem Spital in Mariupol als Geiseln genommen hatten. Bereits am 9. März hatten russische Truppen ein Entbindungsspital in Mariupol angegriffen.

Der stellvertretende Bürgermeister der Stadt erklärt am Dienstag gegenüber CNN, dass Russland die Stadt mit Raketen bombardiert habe. Am Montag seien 22 Flugzeuge gezählt worden, «die mindestens hundert Bomben auf Mariupol abgeworfen haben».

«Die Russen lügen bereits wieder und behaupten, dass das Hauptquartier des Asow-Regiments im Theater untergebracht war», sagt Pavlo Kyrylenko. «Dabei wissen sie selbst ganz genau, dass dort nur Zivilisten waren.»

Nach Schätzungen der ukrainischen Behörden sind bisher in Mariupol bisher etwa 2’500 Menschen getötet worden.

Selenskyj liest den Deutschen die Leviten

Der Auftritt des ukrainischen Präsidenten vor dem deutschen Bundestag kam anders heraus, als sich viele dachten. Selenskyj hielt den Deutschen eine eigentliche Standpauke und interliess bei den Abgeordneten ein beklemmendes Gefühl.

Der Präsident machte die Deutschen dafür verantwortlich immer nur und vor allem an die Wirtschaft gedacht zu haben. Schon lange vor dem Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 habe die Ukraine darauf hingewiesen, dass dies eine Waffe sei. Doch «ihr habt immer nur gesagt Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft».

Selenksyj rief die Abgeordneten auf, der Ukraine jetzt zu helfen und mehr zu tun, «damit Sie sich nicht schämen müssen». Wieder versuche man «in Europa ein ganzes Volk zu vernichten».

Nach drei Wochen Krieg sei zwischen seinem Land und dem Westen eine neue Mauer entstanden. Der Westen tue nicht alles, um die Ukraine zu retten. «Sie befinden sich wieder hinter einer Mauer, nicht der Berliner Mauer, aber einer Mauer», sagt Selenskyj in seiner zehnminütigen Video-Ansprache.

Ein Nato-Beitritt der Ukraine sei abgelehnt worden. Immer habe die Ukraine betont, dass Nord Stream 2 eine russische Waffe sei, und immer wieder habe man von Deutschland nur gehört: Das sei Wirtschaft. Lange habe man die Pipeline nicht gestoppt. Ein EU-Beitritt der Ukraine würde immer wieder auf die lange Bank geschoben. All das seien «Steine für eine neue Mauer», sagte der Präsident.

An Olaf Scholz gerichtet sagte er in Anspielung auf Ronald Reagans berühmte Berlin-Rede von 1997: «Reissen Sie diese Mauer nieder, unterstützen Sie uns.»

Selenskyj vor dem Bundestag
Selenskyj am Donnerstag vor dem Bundestag (Foto: Keystone/AP/Markus Schreiber)

7’000 getötete Russen

Das russische Militär hat in den ersten drei Kriegswochen mehr als 7’000 tote Soldaten zu beklagen. Dies schätzt der amerikanische Geheimdienst. Das sind mehr als die USA in den letzten zwanzig Jahren im Irak und in Afghanistan verloren haben. Die ukrainische Regierung spricht von bis zu 13’500 getöteten russischen Soldaten. Laut dem Pentagon wurden zwischen 14’000 und 21’000 Russen verletzt. Nach Angaben der Nato wurden drei russische Generäle getötet.

Die Moral der russischen Truppen sei schlecht, heisst es in dem Bericht. Es gebe russische Soldaten, die einfach ihre Fahrzeuge abstellten und in den Wald hinausliefen.

Die russischen Medien würden keine Verlustzahlen veröffentlichen. Einige Soldaten hätten jedoch virtuell Zugang zu westlichen Medien, die anders über den Krieg berichten als die staatlichen russischen.

Zerstörter russischer Panzer
Ein zerstörtes russisches Panzerfahrzeug bei Irpin (Foto: AP/Vadim Ghirda)

«Stockende Offensive»

Die russische Invasion sei an allen Fronten ins Stocken geraten, erklärt der britische Geheimdienst in seiner täglichen Analyse der aktuellen Lage. Zu Land, zu Wasser und Luft hätten die Russen nur minimale Fortschritte gemacht. Sie würden zudem «schwere Verluste» erleiden.

Mehr als 50 Tote in Tschernihiw

Bei russischen Angriffen auf die nordukrainische Stadt Tschernihiw sind in den letzten 24 Stunden 53 Menschen gestorben. Dies teilt der Chef der Militärverwaltung des Gebiets, Wjatscheslaw Tschaus, mit. Tschernihiw zählt 300'000 Einwohner und liegt nördlich von Kiew.
 

Ukrainisch-russische Gespräche

Die virtuellen ukrainisch-russischen Gespräche sollen am Donnerstag fortgesetzt werden. Auf dem Tisch liegt ein 15-Punkte-Plan. Die Ukraine lehnt ein Neutralitäts-Modell à la Schweden oder Österreich ab. Die ukrainische Delegation verlangt einen sofortigen Waffenstillstand und ein direktes Treffen zwischen Selenskyj und Putin. Mehrer westliche Diplomaten dämpfen Hoffnungen auf einen baldigen Durchbruch.

«Russland will Zeit kaufen»

Ein Berater des ukrainischen Präsidenten hat vor Hoffnungen auf eine baldige Lösung des Konflikts gewarnt. In der ARD-Sendung «Maischberger» sagte Alexander Rodnyansky, Russland schüre Hoffnung, um Zeit gewinnen zu können. In dieser Zeit wolle die in die Enge getriebene russische Armee neue Truppen heranziehen und eine neue Offensive starten.

Mehr US-Waffen

Die USA liefern der Ukraine zusätzliche 800 «Stinger»-Boden-Luft-Raketen, ebenso wie 9’000 Panzerabwehrraketen, 100 taktische Drohnen, Maschinengewehre und Granatwerfer. Dies bestätigten amerikanische Beamte. Diese Hightech-Waffen seien leicht transportierbar und benötigten wenig Training. Präsident Biden hatte am Mittwoch neue Militärhilfe für die Ukraine im Wert von 800 Millionen Dollar angekündigt.

«Kriegsverbrecher» Putin

Der amerikanische Präsident Joe Biden nennt Putin einen «Kriegsverbrecher». Bisher hatte er diesen Ausdruck vermieden. Ein Kreml-Sprecher bezeichnete Bidens Ausdruck als «inakzeptable und unverzeihliche Rhetorik».

Russland respektiert Entscheid des Internationalen Gerichtshofs nicht

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hatte am Mittwoch Russland aufgefordert, den Krieg in der Ukraine unmittelbar zu stoppen. Dmitri Peskow, der Sprecher von Wladimir Putin sagte am Donnerstag, Russland werde diesen Entscheid nicht berücksichtigen.

Mit Tränengas gegen Demonstranten

Russische Truppen haben am Mittwochmorgen Alexander Jakolew, den Bürgermeister der Stadt Skadovsk, und seinen Stellvertreter, Alexander Grischenko, sowie den Sekretär des Stadtrats Juri Paljucha festgenommen. Dutzende Einwohner der Stadt versammelten sich vor dem Regierungsgebäude und demonstrierten gegen die Festnahme. Russische Streitkräfte setzten Tränengas ein, um die aufgebrachte Menge zu zerstreuen. Später wurde Jakolev freigelassen. Über das Schicksal seines Stellvertreters und des Sekretärs des Stadtrats ist nichts bekannt. Skadovsk hat 18’000 Einwohner und liegt 100 Kilometer südlich von Cherson am Schwarzen Meer.

Weitere Sitzung des Sicherheitsrats

Der Uno-Sicherheitsrat wird um 20.00 Uhr MEZ zu einer erneuten Dringlichkeitssitzung zusammenkommen. Beantragt wurde die Sitzung von den USA, Grossbritannien, Frankreich, Norwegen und Albanien. Russland verfügt im Sicherheitsrat über ein Veto-Recht. Der britische Botschafter sagte, Russland begehe in der Ukraine «Kriegsverbrechen».

(Wird laufend aktualisiert)

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