
Ein Protestmarsch von Studenten führt 60 Kilometer weit durch den Norden Serbiens. Seit dem tödlichen Einsturz des Bahnhofvordachs von Novi Sad am 1. November 2024 reissen die Demonstrationen gegen die allgegenwärtige Korruption und Schlamperei nicht mehr ab. Studierende demonstrieren in Belgrad und anderswo in Serbien fast täglich, blockieren Strassen und halten die Universitäten besetzt.
Der Marsch der Demonstranten begann am Donnerstagmorgen in Belgrad und endete am Freitagabend in Novi Sad. Unterwegs begegnete den Marschierenden die Bevölkerung mit viel Sympathie und bewirtete sie mit Essen und Trinken. Aus einem geplanten Nachtlager auf etwa halber Strecke in der Kleinstadt Indjija wurde nichts, weil der Bürgermeister die Sporthalle nicht für die Demonstranten öffnen wollte. Sie mussten deshalb unter freiem Himmel auf einem Sportplatz schlafen.
Die seit Monaten laufenden Strassenproteste dauern an, obwohl Ministerpräsident Miloš Vučević vor drei Tagen zurückgetreten ist. Er hatte seinen Schritt damit begründet, dass zuvor ein Schlägertrupp der regierenden Serbischen Fortschrittspartei (SNS) in Novi Sad mehrere Studenten mit Baseballschlägern misshandelt und verletzt hatte.
Serbien erlebt seit einigen Wochen das grösste politische Beben seit den Massenprotesten des Jahres 2000, die damals zum Sturz von Machthaber Milošević geführt hatten. Wohl aus diesem Grund ist die jetzige Führung mit dem Langzeit-Herrscher Aleksandar Vučić an der Spitze zunehmend nervös.