Ein orthodoxer Jude am 1. November 2022 in seinem Jerusalemer Wahllokal bei der Stimmabgabe zu den allgemeinen israelischen Wahlen, bereits den fünften in einer Periode von vier Jahren. (Keystone/EPA, Abir Sultan)
Nachdem die Regierung im Sommer ihre Parlamentsmehrheit verloren hat, muss nun erneut gewählt werden. Gegen das aktuelle Regierungsbündnis tritt eine Opposition aus rechten und strengreligiösen Gruppierungen an. Deren Spitzenkandidat ist Benjamin Netanjahu mit seiner nationalkonservativen Likud-Partei. Um ihn drehte sich der ganze Wahlkampf: Man ist entweder für «Bibi» oder gegen ihn.
Der ehemalige Langzeitpremier – er hat einen Korruptionsprozess am Hals – hofft an die Macht zurückzukehren und so von politischer Immunität profitieren zu können. Der 73-Jährige hat die amtierende Koalitionsregierung im Wahlkampf scharf angegriffen. Sie habe «all die wunderbaren Dinge, die wir hervorgebracht haben», verspielt. Netanjahus Botschaft lautet, er allein könne dem Land Sicherheit und Wohlstand garantieren.
Netanjahu will eine Koalition mit dem rechtsextremen Itamar Ben Gvir eingehen. Dieser tat sich immer wieder mit rassistischen Äusserungen und antiarabischer Hetze hervor. Das Wahlbündnis «Religiöser Zionismus», zu dem auch Ben Gvirs rechtsextreme Partei «Jüdische Macht» gehört, könnte bei diesen Wahlen dritt- oder viertstärkste Kraft werden.
Der amtierende Ministerpräsident Jair Lapid von der liberalen Zukunftspartei will die Spaltung der israelischen Gesellschaft in rechts und links, säkular und streng religiös sowie das Misstrauen zwischen jüdischen und arabischen Israelis überwinden und so die Gesellschaft einen. Der 58-jährige ehemalige Fernsehmoderator galt lange als politisches Leichtgewicht, hat aber an Profil gewonnen. Er setzt sich zur Lösung des Palästinenserproblems für eine Zweistaaten-Lösung ein.
Ein erneutes Patt ist wahrscheinlich. Umfragen zufolge wird Netanjahus Likud stärkste Kraft, dürfte aber mit seinen Bündnispartnern ebenso wenig auf eine Mehrheit der 120 Sitze in der Knesset kommen wie der Block um Lapids Partei.
Nach der Wahl erteilt Staatspräsident Jitzchak Herzog den Auftrag zur Regierungsbildung an den Spitzenkandidaten mit den besten Erfolgsaussichten. Gelingt keine Koalitionsbildung, kommt es erneut zu Neuwahlen.