Der Australier Julian Assange (Bildmitte) ist frei. Der Wikileaks-Gründer, der zusammen mit der Whistleblowerin Chelsea Manning (rechts im Bild) geheimes Material über US-Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan veröffentlicht hatte, ist nach einer Vereinbarung mit der US-Justiz aus der jahrelangen Auslieferungshaft in London freigelassen worden.
Laut Agenturberichten hat sich Assange in einem Anklagepunkt der US-Justiz für schuldig erklärt. Im Gegenzug wurde er aus der Auslieferungshaft entlassen und ist bereits auf dem Flug in seine Heimat Australien unterwegs.
Unser Bild zeigt Julian Assange in der Mitte von drei Skulpturen des italienischen Künstlers Davide Dormino, die Anfang Juni in Neapel ausgestellt wurde. Links neben ihm steht die Skulptur des amerikanischen Whistleblowers Edward Snowden, der brisante Details über die telefonischen Abhörmethoden der US-Geheimdienste enthüllt hatte und auf der Flucht vor der US-Justiz seit vielen Jahren im Exil in Moskau lebt. Rechts ist die Skulptur von Chelsea Manning, der ehemaligen Soldatin und Mitarbeiterin von Assange, zu sehen. Sie wurde zunächst in den USA zu einer drakonischen Haftstrafe verurteilt, dann aber von Präsident Obama begnadigt.
Der Deal zwischen Assange und dem US-Justizministerium ist offenbar auch von Präsident Biden unterstützt worden. Die Frau von Assange, die er während der Auslieferungshaft in London geheiratet hatte und mit der er zwei Kinder hat, hatte in einem Aufruf persönlich an Biden appelliert, sich für die Freilassung ihres Mannes einzusetzen. Der Präsident könnte mit der jetzt zustande gekommenen Lösung der Assange-Saga einige Sympathiepunkte im laufenden Wahlkampf gegen Trump gewinnen. Trump hatte als Präsident zeitweise ebenfalls mit dem Gedanken gespielt, die epische Causa beizulegen, dann aber die Idee wieder fallen lassen.
Zu hoffen ist, dass eine vernünftige Lösung auch im Fall des IT-Spezialisten Edward Snowden gefunden wird, der seit vielen Jahren in Moskau im Exil lebt. Ihm wirft die US-Justiz Vertragsbruch vor, weil er die Öffentlichkeit entgegen den Bestimmungen seines Arbeitsvertrages über die umfassenden Abhörmethoden der US-Geheimdienste informiert hatte. Obwohl vor allem Assange kein Unschuldslamm ist, der zeitweise auch wegen verschiedener anderer Delikte angeklagt war, sind Snowden und Assange mit Sicherheit keine Schwerverbrecher. Sie sind in erster Linie Whistleblower, die Missstände oder zumindest fragwürdige Praktiken aufgedeckt haben, über die in der Öffentlichkeit debattiert werden muss. Die juristisch regulierte Aktivität derartiger «Geheimnisverräter» ist Bestandteil einer funktionierenden demokratischen Gesellschaft.
Siehe auch: https://www.journal21.ch/artikel/assange-und-snowden-sind-whistleblower-keine-verbrecher