Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, geben in einer Werkshalle der Meyer Werft in Papenburg ein Presse-Statement: Sie wollen gemeinsam das angeschlagene Unternehmen retten. Der Werft droht trotz voller Auftragsbücher die Zahlungsunfähigkeit.
Die Meyer Werft ist insbesondere bekannt für den Bau riesiger Kreuzfahrtschiffe. Das Geschäft boomt weltweit, da immer mehr und immer grössere Einheiten dieser Klasse vom Stapel gelassen und in Dienst gestellt werden. Trotzdem steckt die Werft in der schwersten Krise ihrer 200-jährigen Geschichte. In ihren Geschäftsbüchern klafft eine gewaltige Finanzierungslücke, die schnell geschlossen werden muss. Sonst droht das Aus.
Am Donnerstag waren Olaf Scholz und Stephan Weil in Papenburg zu Gast, um den Beschäftigten die Unterstützung der Bundesrepublik und Niedersachsens zuzusichern. «Der Bund trägt seinen Teil der Lösung bei», versprach Scholz bei einer Betriebsversammlung. Doch sicher ist die Rettung damit noch nicht.
Bis Ende 2027 fehlen der Werft mehr als 2,7 Milliarden Euro. Die Gründe sind gestiegene Kosten und Verzögerungen durch die Coronapandemie und den Ukrainekrieg. Auch sind in den teils noch vor Corona abgeschlossenen Verträgen die erhöhten Energie- und Rohstoffpreise nicht berücksichtigt. Rund 80 Prozent des Baus der Schiffe muss die Werft vorfinanzieren, wie es in der Branche üblich ist.
Damit das Unternehmen eine Zukunft hat, wollen der Bund und das Land Niedersachsen vorübergehend bei der Meyer Werft einsteigen, indem der Staat für Kredite in Milliardenbeträgen bürgt und die Werft zusätzlich mit Eigenkapital in Höhe von 400 Millionen Euro ausstattet. Im Gegenzug würde der Staat vorübergehend mehr als 80 Prozent der Anteile an Meyer erhalten. Kanzler Scholz sprach von einem «industriellen Kronjuwel». Tatsächlich steht die Meyer Werft für rund 80 Prozent der Fertigungskapazität des zivilen Schiffbaus in Deutschland. Scheitert sie, steht der Schiffbau insgesamt infrage.
Fest vereinbart sind die Rettung und der Staatseinstieg auch nach dem hohen Besuch in Ostfriesland allerdings noch nicht. Der Ampelstreit über den Haushalt könnte auch die Finanzierung der Meyer-Rettung bedrohen. Zudem gilt der liberale Bundesfinanzminister Christian Lindner grundsätzlich nicht als Freund von Staatsbeteiligungen.