In Polen hat heute Morgen die Stichwahl um die Staatspräsidentschaft begonnen. Die Wahl ist nicht nur wichtig für Polen, sondern auch für die EU und die Ukraine. Umfragen sehen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem liberalen Rafal Trzaskowski und dem rechtskonservativen Kandidaten Karol Nawrocki, der von der nationalkonservativen PiS-Partei unterstützt wird. Sollte Nawrocki gewinnen, wäre dies ein schwerer Schlag für die EU.
Erste Ergebnisse werden am späten Abend erwartet.
Trzaskowski war bisher Stadtpräsident von Warschau. Er ist der Kandidat der regierenden proeuropäischen Bürgerplattform und ein Vertrauter des pro-europäischen Ministerpräsidenten Donald Tusk.
Der bisherige konservative Staatschef Andrzej Duda, der nach zwei Amtszeiten nicht mehrkandidieren konnte, boykottierte mit seinen Vetos die meisten von Tusks Reformvorhaben Ein Sieg Trzaskowskis in der Stichwahl würde den Weg für die Reformen der Regierung Tusk frei machen.
Gewinnt dagegen Nawrocki, droht weiterhin die Blockade der Tusk-Politik. Denn der Präsident hat ein Vetorecht bei Gesetzesvorhaben.
Karol Nawrocki wird unterstützt von offen anti-europäischen, teils antisemitischen Rechtsradikalen. Er hatte im ersten Wahlgang vor zwei Wochen nur 0,9 Prozent mehr Stimmen gemacht als Trzaskowski. Mit Nawrocki wäre eine Fortsetzung von Dudas Politik zu erwarten.
Wichtig ist die Wahl auch für die Ukraine. Während der liberale Trzaskowski dem überfallenen Land weiter helfen will, wollen Kreise um den rechtspopulistischen Nawrocki die Hilfe drosseln oder ganz einstellen.
Acht Prozent der Wählerinnen und Wähler gaben kurz vor der Stichwahl an, noch unentschieden zu sein. Wichtig sind auch die Stimmen der im Ausland lebenden Polen und Polinnen.
In Polen amtiert der Staatspräsident fünf Jahre und kann einmal wiedergewählt werden. Er repräsentiert das Land nicht nur nach aussen. Er hat auch Einfluss auf die Aussenpolitik, ernennt den Regierungschef sowie das Kabinett und ist im Kriegsfall Oberkommandierender der polnischen Streitkräfte.