Die Herrschaft Assads in Syrien wankt. Kämpfer der Opposition versammeln sich bei der historischen Zitadelle im Zentrum Aleppos, der zweitgrössten Stadt des Landes. Die von der militanten Islamistengruppe Hajat Tahrir al-Scham (HTS) angeführten Kämpfer haben Aleppo nach intensiven Kämpfen mit Regierungstruppen weitgehend unter ihrer Kontrolle. Trotz der Unterstützung durch russische Luftangriffe mussten Letztere sich aus der Stadt zurückziehen.
In Syrien herrscht seit 2011 ein erbitterter Bürgerkrieg, in dem es dem Machthaber Baschar al-Assad mit Hilfe Russlands und Irans bisher gelungen ist, zumindest einen Teil des Landes im Kampf gegen die Aufständischen unter seiner Gewaltherrschaft zu halten. Die Millionenstadt Aleppo im Nordwesten Syriens war zu Beginn des Kriegs eine Hochburg der Opposition und wurde dann 2016 von Assads Truppen und der russischen Luftwaffe in eine Trümmerwüste verwandelt. Es folgten Jahre des weitgehenden Stillstands im syrischen Bürgerkrieg.
Die Offensive und das schnelle Vorrücken der von HTS angeführten Rebellen im Nordwesten Syriens kommen völlig überraschend. HTS war früher als Nusra-Front bekannt. Sie bildete ursprünglich den syrischen Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida, hat sich aber inzwischen von Al-Kaida distanziert. Die Aufständischen haben am Samstag ausser Aleppo mehrere weitere Städte in der Provinz Idlib unter ihre Kontrolle gebracht. Am Abend meldeten sie auch die Einnahme des Flughafens von Aleppo.
Russland und Iran erklärten, sie würden Assad bei der Niederschlagung dieses jüngsten Aufstands unterstützen. Allerdings sind die beiden grossen Verbündeten des syrischen Machthabers zurzeit von anderen Konflikten absorbiert: Russland konzentriert seine Kräfte auf den Krieg gegen die Ukraine und Iran ist durch Israels Angriffe auf den Hisbollah in Libanon geschwächt. Genau diese Konstellation haben die HTS und die mit ihr verbündeten Rebellengruppen offensichtlich für ihren Überraschungsangriff genutzt.