Direkt zum Inhalt
  • Politik
  • Kultur
  • Wirtschaft
  • Gesellschaft
  • Medien
  • Über uns
close
Barock-Oper

Zwei Mal Händels "Alcina"

7. Februar 2014
Dagmar Wacker
Für Freunde der Barockoper gibt es momentan gleich zwei Versionen von Händels ‚Alcina’ zu sehen: Eine Neuproduktion in Zürich und eine Wiederaufnahme in Paris

Die neue Produktion von Georg Friedrich Händels ‚Alcina’ an der Zürcher Oper ist allenthalben hoch gelobt worden: Zu Recht. Allem voran begeisterte das Bühnenbild mit den übereinander gelagerten Doppelbühnen, die zu allerlei Bühneneffekten einluden. Solche Spielereien wurden im Barock vom Publikum nicht nur geschätzt,  sondern verlangt, und boten so eine perfekte Einstimmung in diese Periode. Diverse Dekorationen boten weitere Freuden fürs Auge,  wie auch die prachtvollen Kostüme und die zeitgenössischen Perücken.  Die tänzerischen Einlagen eines ‚Barockballetts’ taten ein Übriges uns die spielerischen Zeiten des Barock näher zu bringen.

Beeindruckendes Ensemble in Zürich

Die Ensembleleitung der Sänger war beeindruckend: Die Stimmen harmonierten miteinander und waren sich in ihrer Qualität ebenbürtig. Die Spielfreude der einzelnen Akteure und ihre Identifikation mit ihren Rollen war spürbar. Das Orchester wurde kundig von Giovanni Antonini geleitet und dieser nahm es im ersten Akt sogar bewusst zurück um der exquisiten, doch eher kleinen, Stimme der Zauberin ‚Alcina’ Cecilia Bartoli mehr Raum zu geben. Die Stimme steigerte sich im Verlauf der Aufführung und beeindruckte durch ihre Nuancierungen und grosse Ausdruckskraft. Die Aufführung war beim Publikum rundum  ein Erfolg.

Ganz anders war die ‚Alcina’ Aufführung in Paris. Auch eindrucksvoll und meisterlich, doch mit grösseren Anforderungen an den Zuschauer.

Paris - von Luc Bondy inspiriert?

Dieser, ganz eingestimmt auf  pompöse Pracht durch den Eintritt ins fast erdrückend opulente Interieur des Palais Garnier, sieht sich zuerst einmal vor einer leeren Bühne.  Der gefeierte kanadische Regisseur Robert Carsen hat mit den Ausstattern Christophe Gayral und Tobias Hoheisel  den Minimalismus gewählt. Auf der Bühne ist nichts, das keine direkte Funktion hat. Somit erinnert er, vielleicht bewusst, an die grossartigen in Grautönen gehaltenen Barockproduktionen von Luc Bondy, die von den Fachleuten hoch geschätzt, vom Publikum jedoch, das sich um seinen barocken Augenschmaus betrogen sah, regelmässig ausgepfiffen wurden.

Noch etwas anderes eint ihn mit Bondy: Die ausgezeichnete Sängerführung. Manche steigern sich damit zu veritablen Schauspielern und geben der Oper damit eine zusätzliche Dimension.  Regieeinfälle, wie mit kleinen Gesten die Stellung der Figuren untereinander klar gemacht wird,  sind meisterlich, wie auch kurze Spielszenen, die zum grossen Schwung beitragen und die doch stark lineare Handlung der Oper zusätzlich bereichern. Obwohl mit dem Libretto vertraut,  folgt man doch plötzlich atemlos dem Geschehen auf der Bühne. 

Raffiniertes Kammerkätzchen

Sandrine Piau, als raffiniertes Kammerkätzchen ‚Morgana’ in sehr kurzem Röckchen wäre mit ihrer schalkhaften Lebhaftigkeit für jede Feydeau- Aufführung eine Zierde und reisst hier die ganze Truppe mit ihrem Temperament förmlich mit. Piaus klare, technisch gut geführte Stimme überzeugte zusätzlich wie auch die Gesangsleistung von Ruggiero, Alcinas Liebhaber, obwohl Anna Goryachova, an diesem Abend heiser war. Sie überzeugte zusätzlich schauspielerisch mit einem bewusst männlichen Duktus und maskulinen Gesten. Interessant, dass heute die Rollen, die früher  Kastraten spielten, von Frauen gesungen werden.

Anklänge an die Callas

Alcina selbst wurde hier von der griechischen Sopranistin Myrto Papatanasiu verkörpert, die als attraktive Femme Fatale, die ihre abgelegten Liebhaber in Tiere verwandelt, sicher eine überzeugende Wahl war, doch stimmlich erst einmal enttäuschte. Vor Jahren war sie als ‚die neue Callas’ angekündigt,  hat  dieses Versprechen jedoch nicht eingelöst.  Auch hier verwirrte sie zunächst, doch sie steigerte sich zunehmend und sang dann die Arien voll Enttäuschung und Liebesschmerz mit solch gefühlsmässiger Intensität, dass wir Gänsehaut bekamen . Sie nutzte dazu die der Callas eigenen rauhen Töne und überzeugte durch grosse Modulation. Sowünschte man sich mehr von dieser Sängerin zu hören.

Die Ensembleleistung der Sänger an der Opera Garnier war nicht so überzeugend wie die der Zürcher Produktion, doch das Orchester unter Christophe Rousset spielte mit solchem Bravour, dass der Schwung nie verloren ging.

Die’ Alcinas’ in Zürich wie die in Paris sind, bei aller Verschiedenheit , beide äusserst gelungene  Produktionen. Am Ende schätzte man sich glücklich beide Aufführungen gesehen zu haben.

 

Letzte Artikel

Der Papst und der Patriarch von Istanbul in Nizäa – Nur der Kaiser fehlte

Erwin Koller 4. Dezember 2025

EU berechenbarer als USA

Martin Gollmer 4. Dezember 2025

Dröhnendes Schweigen um Venezuela

Erich Gysling 1. Dezember 2025

Spiegel der Gesellschaft im Wandel

Werner Seitz 1. Dezember 2025

Bücher zu Weihnachten

1. Dezember 2025

Nichts Dringlicheres als die Rente?

Stephan Wehowsky 1. Dezember 2025

Newsletter abonnieren

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Zurück zur Startseite
Journal 21 Logo

Journal 21
Journalistischer Mehrwert

  • Kontakt
  • Datenschutz
  • Impressum
  • Newsletter
To top

© Journal21, 2021. Alle Rechte vorbehalten. Erstellt mit PRIMER - powered by Drupal.