Zwei Briten und ein Marokkaner, die in Mariupol auf Seiten der Ukrainer gekämpft hatten, sind von einem Sondergericht in der Ostukraine zum Tode verurteilt worden. Bei den Briten handelt es sich um Aiden Aslin und Shaun Pinner. Der Marokkaner heisst Saadun Brahim.
Die drei Männer standen in einem Käfig in einem angeblichen Gerichtssaal, als ihr Urteil verlesen wurde. Sie waren in der Schlacht um Mariupol gefangen genommen worden. Ihnen wurde vorgeworfen, ausländische Söldner zu sein. Sie sollen laut dem Gericht terroristische Straftaten begangen haben. Ihr Ziel sei es gewesen, die Macht an sich reissen zu wollen.
Die «Volksrepublik Donezk» ist international nicht anerkannt – ebenso wenig wie das Gericht, das sie verurteilt hat. Es wird angenommen, dass alle drei gegen das Urteil Berufung einlegen werden. Nur Russland hat die Volksrepublik Donezk anerkannt.
Das Gericht befindet sich in der östlichen Region Donezk, die von prorussischen Separatisten 2014 zur «Volksrepublik Donezk» erklärt wurde.
Der Vorsitzende des Richtergremiums, das die Todesstrafe verhängte, hat das Urteil als gerecht bezeichnet. Richter Alexander Nikulin sagte laut der Nachrichtenagentur Interfax, das Gericht habe sich «nicht nur von den vorgeschriebenen Normen und Regeln leiten lassen, sondern auch von dem wichtigsten und unantastbaren Prinzip der Gerechtigkeit».
Aiden Aslin
Aiden Aslin, ein ehemaliger Pflegehelfer, ist 28 Jahre alt. Er wurde in Newark in Nottinghamshire geboren und zog 2018 nach Mykolajiv in der Ukraine. 2018 wurde er Marinesoldat beim ukrainischen Militär. Er ist mit einer Ukrainerin verlobt und hat das Land zu seiner Heimat gemacht. Zuvoer hatte er mit kurdischen bewaffneten Einheiten in Syrien gegen den «Islamischen Staat» gekämpft.
Shaun Pinner
Shaun Pinner ist 48 Jahre alt und stammt aus Bedfordshire. Nach Angaben seiner Familie war er ein «angesehener» Soldat in der britischen Armee, bevor er vor vier Jahren in die Ukraine ging, um seine früheren Erfahrungen und seine Ausbildung beim ukrainischen Militär zu nutzen.
«Shaun genoss die ukrainische Lebensart und betrachtete die Ukraine während der letzten vier Jahre als seine Wahlheimat», erklärt seine Familie. In dieser Zeit habe er seine ukrainische Frau kennengelernt, die sich sehr für die humanitären Bedürfnisse des Landes einsetzte.
London übt Druck auf Moskau aus
Die britische Aussenministerin Liz Truss bezeichnete die Urteilte gegen Aiden Aslin und Shaun Pinner sowie gegen Saaudun Brahim aus Marokko als «Scheinurteil ohne jede Legitimität». Die britische Regierung werde alles tun, um die Familien der beiden britischen Männer zu unterstützen.
Bis 200 tote Ukrainer pro Tag
Jeden Tag sterben in der Ukraine bei Kämpfen gegen die Russen 100 bis 200 ukrainische Soldaten. Dies erklärte Präsident Selenskyj. Noch nie zuvor waren solch hohe Zahlen bekanntgegeben worden. Grund für die hohen Verlustzahlen sei «die fehlende Parität zwischen den ukrainischen und russischen militärischen Fähigkeiten». Selenskyj verlangt deshalb vom Westen «nicht nur eine Handvoll, sondern Hunderte der leistungsfähigsten Artilleriesysteme». In Interviews sagte der Präsident, die Ukraine benötige «bis zu 300 Raketenstartsysteme, um mit der russischen Feuerkraft gleichzuziehen und die besetzten Gebiete zu befreien».
«Keine wesentliche Veränderung»
Die von russischen Truppen belagerten und angegriffenen ostukrainischen Städte Sewerodonezk und Lyssytschansk «halten stand», sagte Präsident Wolodimir Selensky am Donnerstagabend. Die Lage habe sich «nicht wesentlich verändert».
«Wir haben einen gewissen Erfolg in der Region Saporischschja, wo es uns gelingt, die Pläne der Besatzer zu durchkreuzen. In der Region Charkiw kommen wir allmählich voran und befreien unser Land. Wir halten die Verteidigung in Richtung Mykolajiv aufrecht.»
«Die heftigen Kämpfe gehen weiter»
Oleksandr Striuk, Leiter der Militärverwaltung von Sewerodonezk, berichtet von «ständigen Strassenkämpfen». Die humanitäre Lage in der Stadt sei kritisch. «Die Brücke ist unter Beschuss, so dass es unmöglich ist, Waren zu liefern. Es gibt keine Wasserversorgung», sagte Striuk. Die ukrainischen Streitkräfte würden jetzt etwa ein Drittel der Stadt kontrollieren, erklärte.
Serhiy Haidai, Chef der Militärverwaltung der Region Luhansk, sprach im Fernsehen von «einer sehr schwierigen Lage». «Unsere Verteidiger halten die Verteidigungslinie, ebnen die Verteidigungslinie», sagte er. Haidai warf den Russen vor, mit «Lügen und Propaganda» den Sieg in Sewerodonezk zu behaupten.
Während «die Russen bereits gemeldet hatten, dass sie die Stadt eingenommen hätten», so Haidai, hätten die russischen Streitkräfte einen Teil ihrer Einheiten abgezogen.
Die westlichen Waffen kommen erst langsam an
In Sewerodonezk werden die ukrainischen Truppen an den Stadtrand zurückgedrängt. Die Hoffnung, dass westliche Waffen den Russen Paroli bieten könnten, hat sich bisher nicht erfüllt. Wo sind die angekündigten amerikanischen und britischen Raketensysteme?
Wie die New York Times am Freitag berichtet, kommen die Waffen «nicht schnell genug an, um die russischen Streitkräfte aufzuhalten».
Der ukrainische Verteidigungsminister räumte ein, dass Russland über die Mittel verfügt, um da und dort weiter vorzurücken. Er sei unzufrieden über das «Tempo und die Menge» der ankommenden Waffen», sagte Oleksiy Reznikov auf Facebook..
«Der Kreml macht weiterhin Druck durch riesige Masse. Er stolpert und stösst auf starke Ablehnung. Er erleidet grosse Verluste. Aber er hat immer noch Kräfte, um an einigen Teilen der Front vorzurücken.»
Die Ukraine habe «bereits eine beträchtliche Anzahl von Waffen erhalten, auf dem Markt gekauft, hergestellt und den ukrainischen Streitkräften übergeben».
«Diese Anzahl hätte für eine siegreiche Verteidigungsoperation gegen jede Armee in Europa gereicht. Aber nicht gegen Russland. Der russische Moloch hat noch viele Mittel, um Menschenleben zu verschlingen, um sein imperiales Ego zu befriedigen», sagte Reznikov.
«Deshalb betonen wir: Die Ukraine braucht dringend schwere Waffen, und zwar sehr schnell. Wir haben bewiesen, dass wir im Gegensatz zu vielen anderen den Kreml nicht fürchten. Aber wir können es uns nicht leisten, unsere besten Söhne und Töchter zu verlieren.»
Ernte-Einbruch
Die Ernte des nächsten Jahres in der Ukraine könnte um bis zu 40% weniger gross ausfallen als im Vorjahr. Dies , erklärte der stellvertretende Minister für Agrarpolitik und Ernährung der Ukraine, Taras Vysotskyi, gegenüber CNN.
«Wir haben 25% der Anbaufläche verloren. Was die Mengen angeht, ist es natürlich mehr. Wir gehen davon aus, dass die Ernte um etwa 35% geringer ausfallen wird als in den Vorjahren, d. h. etwa 30 Millionen Tonnen weniger, 35-40% weniger, also fast die Hälfte der Vorjahresernte», so Vysotskyi.
Russland stiehlt ukrainisches Getreide
Taras Vysotskyi sagte, dass schätzungsweise 500’000 Tonnen Getreide von Russland in den von den russischen Streitkräften kontrollierten Gebieten gestohlen worden seien.
Mangelnde Grundversorgung in besetzen Gebieten
Nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums hat Russland Schwierigkeiten, die Menschen in den von ihm besetzten Gebieten in der Ukraine mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen. In Cherson, der ersten Stadt, die von russischen Truppen eingenommen wurde, gibt es einen Mangel an Medikamenten. In Mariupol besteht die Gefahr eines grösseren Choleraausbruchs, so das Ministerium.
Putin, «das Krokodil»
Der britische Premierminister Boris Johnson wehrt sich dagegen, dass man Putin Gebietskonzessionen macht, um eventuell Frieden zu erreichen. Er verglich den russischen Staatschef mit einem «Krokodil», das «einfach wiederkommen würde, um mehr zu holen», wenn man ihm erlaube, sich von der Ukraine zu nehmen, was er wolle. Es sei moralisch verwerflich, der Ukraine einen «schlechten Frieden» aufzuzwingen und Russland territoriale Zugeständnisse zu machen.
(Wird laufend aktualisiert)
Journal 21