Direkt zum Inhalt
  • Politik
  • Kultur
  • Wirtschaft
  • Gesellschaft
  • Medien
  • Über uns
close
Sprach-Akrobatik

In vino veritas

30. Januar 2015
Alex Bänninger
Beim Weinkauf werden wir an der Nase herumgeführt.

Es muss neben der verstopften Nase ein ausgetrockneter Gaumen mit brennender Zunge sein, der uns warme Eiche, Rosinen mit Hirschledernote und Pflaumenkompott mit Brotrinde als Wohlgeschmack empfinden lässt. Bei klaren Sinnen würden wir uns mit einem "Pfui Teufel!" bedanken.

Doch gar manche reagieren mit einem freudigen "Ja gerne!", wenn sie Eiche, Hirschleder und Brotrindenkompott nicht essen müssen, sondern trinken dürfen. Dann gelten auch getrocknete Aprikosen mit Gewürznelke, Alpenheidelbeeren mit Szechuanpfefferkörnern und Lakrizen mit steiniger Note in breiten Käuferschichten als Qualitätsmerkmale für Weine. Die wilde Duft-Symphonie versetzt in Begeisterung. An dunkle Edelhölzer erinnernde Brombeeren, schwarze Kirschen mit Mokka und malzgetönte Oliven wetteifern um die Gunst der Konsumenten.

Die Zunge kann nur süss, sauer, salzig und bitter unterscheiden. Nuancierung und Steigerung bis zu den kühnsten Superlativen besorgt die Nase - wenn sie es kann und nicht einfach riechen will, was wir ihr vorgelesen haben.

Vielleicht steckt im Wein die Wahrheit. Die Wahrheit über den Wein allerdings finden wir nur in den Flaschen und sicher nicht in den Werbetexten. Sie stammen von Marketingpoeten. Sie haben den Zeitgeist erfasst und wissen, dass viele den Wein als Erlebnis der Düfte aus der grossen weiten Welt der Räucherstäbchen, Duschgels und Konfitüren dem reinen Wein vorziehen. Weinschnüffler sind Geniesser, Weintrinker Alkoholiker. Womit die Beschreibungen nicht nur als lyrischer, sondern auch noch als diskriminierender Verschnitt enttarnt wären. 

Letzte Artikel

Der Papst und der Patriarch von Istanbul in Nizäa – Nur der Kaiser fehlte

Erwin Koller 4. Dezember 2025

EU berechenbarer als USA

Martin Gollmer 4. Dezember 2025

Dröhnendes Schweigen um Venezuela

Erich Gysling 1. Dezember 2025

Spiegel der Gesellschaft im Wandel

Werner Seitz 1. Dezember 2025

Bücher zu Weihnachten

1. Dezember 2025

Nichts Dringlicheres als die Rente?

Stephan Wehowsky 1. Dezember 2025

Newsletter abonnieren

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Zurück zur Startseite
Journal 21 Logo

Journal 21
Journalistischer Mehrwert

  • Kontakt
  • Datenschutz
  • Impressum
  • Newsletter
To top

© Journal21, 2021. Alle Rechte vorbehalten. Erstellt mit PRIMER - powered by Drupal.