Direkt zum Inhalt
  • Politik
  • Kultur
  • Wirtschaft
  • Gesellschaft
  • Medien
  • Über uns
close
Vergessene Themen

Vergessen in der Wüste

16. November 2022
Heiner Hug
Westssahara

Zweihunderttausend sind geflüchtet und leben in Lagern: die meisten in Zeltstädten in der algerischen Wüste. Etwa Fünfzigtausend sind in ihrer amputierten Heimat geblieben. Dort fehlt es an Arbeit, an Wasser, an Schulen, Spitälern und Krankenwagen – und vor allem fehlt es an der Hoffnung, dass es einmal besser wird.

Der Westsahara-Konflikt ist fast 50 Jahre alt. Eine Lösung ist nicht in Sicht. Marokko, von Frankreich unterstützt, beansprucht die Souveränität über das Gebiet. Doch Algerien und mindestens 40 weitere Länder stehen auf der Seite der Kämpfer für eine unabhängige «Demokratische arabische Republik Sahara» (DARS).

Die Wurzeln des Konflikt gehen bis ins Jahr 1884 zurück. Damals erklärten die Spanier die Westsahara zu ihrem Protektorat.

Nach dem Tod Francos im Jahr 1975 verlassen die Spanier das Gebiet. Mauretanien annektiert den südlichen Teil der Westsahara und Marokko den nördlichen.

Am 6. Oktober 1975 entscheidet der Internationale Gerichtshof, dass die Bevölkerung der Westsahara über ihre Zukunft entscheiden soll. Die «Sahraui» (Französisch: Sahraoui, Englisch: Sahrawi) sind eine nomadische, maurische Ethnie und haben mit den meisten Marokkanern nichts zu tun.

  • Im Februar 1976 ruft die «Frente Polisario» die unabhängige «Demokratische arabische Republik Sahara» (DARS) aus. 1979 gelingt es den Polisario-Kämpfern, die Mauretanier zu vertreiben.  
  • 1979 erklärt Marokko die Annexion der Westsahara und wird dafür von der Uno scharf kritisiert.  
  • 1984: Die OAS, die Organisation für Afrikanische Einheit, nimmt die Westsahara auf. Marokko tritt daraufhin aus Protest aus der OAS aus.
  • 1991 schliessen die Frente Polisario und Marokko einen Waffenstillstand.

Die Westsahara ist längst geteilt: Im Westen des Gebiets dominieren die Marokkaner, im Osten die «Sahraui». Getrennt werden die beiden Einflusszonen durch eine 2500 km lange stark verminte Grenzbefestigung.

Westsahara

Das von der Polisario beherrschte Sahraui-Gebiet (hier rot eingezeichnet) ist etwa doppelt so gross wie die Schweiz. 50’000 Menschen leben dort. Viele leben nomadenartig und züchten Schafe, Ziegen und Kamele.

Die meisten Jungen sind arbeitslos. Wegen einer fehlenden Perspektive versuchen sie, das Gebiet zu verlassen, doch in Europa sind sie nicht willkommen – und in den Zeltlagern im algerischen Tindouf haben sie wenig Hoffnung auf ein besseres Leben.

Im November 2020 kündigt die Polisario den Waffenstillstand. Kurz darauf flammen die Kämpfe wieder auf.

Innerhalb der Uno besteht keine Einheit über den Status der Westsahara. Für viele gilt noch immer das Urteil des Internationalen Gerichtshofs. Danach müsse der Konflikt durch eine Volksabstimmung in den umstrittenen Gebieten gelöst werden. Doch Marokko wehrt sich gegen eine solche Abstimmung. Das Gebiet ist reich an Phosphat, das die Marokkaner verkaufen.

2020 versetzte Präsident Donald Trump den Unabhängigkeitsbemühungen einen schweren Schlag. Er erkannte die Souveränität Marokkos über die ganze Westsahara an. Im Gegenzug musste sich Marokko verpflichten, Israel anzuerkennen. «Gibst du mir, so geb’ ich dir.»

Faktisch hat sich allerdings wenig geändert. Die Polisario schwört weiterhin, sie werde den Kampf für die Unabhängigkeit der Westsahara nicht aufgeben. Und Algerien als Schutzmacht hindert die Marokkaner, den Sahraui-Landstreifen einzunehmen.

So bleibt denn der «eingefrorene» Konflikt eingefroren. Und Zehntausende Menschen – vergessen von der Weltöffentlichkeit – vegetieren weiterhin vor sich hin.
 

Journal21 publiziert alle zwei Wochen einen Artikel über Themen, die es kaum in die Schlagzeilen schaffen: über Konflikte, die «eingefroren» sind oder die man verdrängt, über Menschen, die im Stillen leiden oder hungern und vergessen sind, über Ereignisse und Notstände in wenig beachteten Weltgegenden. Damit wollen wir die Mainstream-Berichterstattung ergänzen.

Ähnliche Artikel

Krieg, Unrecht und Chaos im Kongo

Urs Meier 2. November 2022

Letzte Artikel

Der Papst und der Patriarch von Istanbul in Nizäa – Nur der Kaiser fehlte

Erwin Koller 4. Dezember 2025

EU berechenbarer als USA

Martin Gollmer 4. Dezember 2025

Dröhnendes Schweigen um Venezuela

Erich Gysling 1. Dezember 2025

Spiegel der Gesellschaft im Wandel

Werner Seitz 1. Dezember 2025

Bücher zu Weihnachten

1. Dezember 2025

Nichts Dringlicheres als die Rente?

Stephan Wehowsky 1. Dezember 2025

Newsletter abonnieren

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Zurück zur Startseite
Journal 21 Logo

Journal 21
Journalistischer Mehrwert

  • Kontakt
  • Datenschutz
  • Impressum
  • Newsletter
To top

© Journal21, 2021. Alle Rechte vorbehalten. Erstellt mit PRIMER - powered by Drupal.