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ZKB

Uncle Sam plays it again

21. Dezember 2012
René Zeyer
Kakophonie statt Einstimmigkeit, jeder für sich und gegen alle anderen. Duckmäusertum und Gewusel statt Einigeln und Wagenburg. Resultat: Jetzt hat’s die Staatsbank ZKB erwischt. War völlig vorhersehbar.

Zwei Kader- und ein ehemaliger Mitarbeiter der ZKB wurden vom New Yorker Staatsanwalt Preet Bharara wegen Beihilfe zu Steuerbetrug von US-Bürgern angeklagt. Sie sollen dabei geholfen haben, 420 Millionen Dollar vor dem US-Fiskus versteckt zu haben. Nicht nur ich habe seit der Anklage gegen drei Wegelin-Mitarbeiter und dann gegen die Bank selbst davor gewarnt, dass nichts die USA daran hindert, dieses Drehbuch beliebig oft nochmals durchzuspielen. Denn die bisherige Reaktion der Schweizer Regierung, Schweizer Behörden, der Bankiervereinigung und der mehr als 300 Schweizer Banken ist gleichbedeutend mit nichts.

Nötige Zwischenbemerkung

Lassen wir für ein Mal die ewige Leier unbespielt, dass damit die USA nur moralisch gerechtfertigt gegen die Helfershelfer beim Entzug von Steuersubstrat vorgehen. Wer in den USA gegen US-Gesetze verstossen hat, gehört bestraft. Wer in der Schweiz nicht gegen Schweizer Gesetze verstossen hat, müsste von seiner Regierung gegen rechtsimperialistische Machtansprüche selbst eines Goliaths verteidigt werden. Sonst siegt Willkür über Rechtsstaatlichkeit. Ob man das Bankkundengeheimnis als Hilfsmittel für Steuerhinterziehung von ausländischen Kontenbesitzern in der Schweiz für moralisch verwerflich, unanständig oder einfach für eine Schweinerei hält: Es ist bis heute geltendes Gesetz. Wird dieser Anspruch aufgegeben, haben wir nicht eine Bankenkrise. Sondern etwas viel Schlimmeres: Eine Krise des Rechtsstaats Schweiz.

Zu Paaren treiben

Als vor knapp einem Jahr der Blitz bei der kleinen Privatbank Wegelin einschlug, sagten die anderen Schweizer Banken: Das ist deren Problem, geht uns nichts an. Als sich Wegelin, wohlgemerkt bis heute nicht rechtskräftig verurteilt, mit einem Notverkauf selbst entleibte, um nicht die Bücher deponieren zu müssen, sagte die Schweizer Regierung: Selber schuld, geht uns nichts an. Als die USA eine Liste von 11 Schweizer Banken veröffentlichte, gegen die sie die gleiche Methode durchzuexerzieren gedenken, sagte die Schweizerische Bankiervereinigung: Das ist deren Problem, geht uns nichts an. Und die Regierung sagte: Kein Problem, wir handeln eine «Globallösung» aus. Die gibt es bis heute nicht, aber die zuständige Bundespräsidentin Widmer-Schlumpf behauptet nun, die USA hätten sich verpflichtet, nicht gegen einzelne Banken vorzugehen, solange die Verhandlungen laufen. Ach ja? Wieso sollten sie? Und behauptet die Finanzministerin nicht seit mehr als einem Jahr, dass diese Illusion «Globallösung» demnächst, also Anfang 2012, Mitte 2012, Ende 2012, Anfang 2013 das Licht der Welt erblicke?

Vom Kleinen zum Grossen

Nachdem die kleine Privatbank Wegelin mit der nichts mit Rechtsstaatlichkeit gemein habenden Drohung einer Anklageerhebung, damit dem zwangsläufigen Verlust der Geschäftsfähigkeit im Dollarraum, was das sofortige Ende bedeutet hätte, zum Notverkauf gezwungen worden war, fehlt den USA bis heute das eigentliche Erfolgserlebnis: die Bezahlung einer kräftigen Busse. Nun kann sich die ZKB nicht durch Selbstentleibung dem Damoklesschwert einer Klageerhebung gegen die Bank selbst entziehen. Sondern muss zu Kreuze kriechen. Beziehungsweise den Geldbeutel weit öffnen. Die UBS legte da die Benchmark vor: 780 Millionen Dollar Busse. Als noch fettere Beute wartet die Credit Suisse, natürlich auch auf der inzwischen auf 13 Banken angewachsenen Opferliste.

Schutzlos gegen Raubritter

Die Schweizer Banken verteidigen sich nicht geeint, die Schweizer Regierung verteidigt den Schweizer Finanzplatz und ihr wertvollstes Gut, die Rechtssouveränität, nicht. Wer soll da Raubritter daran hindern, marodierend durch die Schweizer Bankenlandschaft zu ziehen und mit der Drohung des Entzugs der Geschäftsfähigkeit Schutzgelder zu erpressen? Ach, das sind keine Raubritter, sondern edle Verteidiger des staatlichen Anspruchs auf Einzug des Steuersubstrats in schimmernder Rüstung? Die USA, die in Delaware weltweit das grösste Steuerschlupfloch betreiben und in Florida Schwarzgelder aus ganz Lateinamerika dem Zugriff ihrer Regierungen entziehen? Deutschland, das selbst vor dem Ankauf von Hehlerware in Form von gestohlenen Kundendaten-CDs nicht zurückschreckt? Rechtsstaaten wie Griechenland, Italien, Spanien? Frankreich, einerseits der heisseste Tipp für Steuerhinterzieher in Europa, andererseits immer bereit, im Gefolge von USA und Deutschland auch noch einen Brocken aus Schweizer Banken herauszubeissen?

Macht bricht Recht

Ich wiederhole mich. Jeder Staat hat das Recht, in seinem eigenen Hoheitsgebiet seine eigene Fiskalordnung durchzusetzen. Und die Gültigkeit der eigenen Gesetze gegen Übergriffe aus dem Ausland zu verteidigen. Sowie in der Welt der globalisierten Finanzströme bilaterale Verträge mit anderen souveränen Staaten abzuschliessen, um Probleme auch supranational rechtsstaatlich zu lösen. Jeder Staat, ausser der Schweiz? Wer seine eigene Rechtssouveränität nicht verteidigt, dem wird sie genommen. Dann ersetzt Macht das Recht, Willkür herrscht. Die ZKB ist das nächste Opfer, nicht in erster Linie des eigenen Versagens. Sondern des Versagens der Schweizer Regierung. Es ist wird nicht das letzte sein.

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