Das angekündigte Treffen in Budapest zwischen den Präsidenten Trump und Putin über eine Friedenslösung zum Ukraine-Krieg ist am Dienstag überraschend wieder abgesagt worden. In Washington hat man eingesehen, dass Putin nicht zu einem baldigen Waffenstillstand bereit ist. Für die Ukraine ist die Absage eine gute Nachricht.
Die neueste Wendung passt zum Muster von Trumps Hüst- und Hott-Politik in Sachen Ukraine-Krieg. Nach einem Telefongespräch zwischen dem amerikanischen Aussenminister Rubio und seinem russischen Amtskollegen Lawrow teilte das Weisse Haus in einer dürren Erklärung mit, dass das vor kurzem in Aussicht genommene Gipfeltreffen zwischen Trump und Putin vorläufig nicht stattfinden werde. Putin und Trump hatten sich vor anderthalb Wochen, kurz vor einem Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Washington, mehr als zwei Stunden lang telefonisch unterhalten. Sie verständigten sich dabei überraschend auf ein neues Gipfeltreffen in der ungarischen Hauptstadt Budapest, das in den nächsten ein bis zwei Wochen stattfinde sollte.
Moskau lehnt einen Waffenstillstand ab
Offenkundig ist die Absage dieses Treffens die Konsequenz aus einem Telefongespräch, das die beiden Aussenminister Rubio und Lawrow am Montag oder Dienstag zur Vorbereitung des Budapester Gipfels geführt hatten. In einem nächsten Vorbereitungsschritt war geplant, dass Rubio und Lawrow später zu einem erweiterten Gespräch zusammentreffen sollten. Dass die ganze Übung nun abgeblasen wird, geht zweifellos auf die Weigerung Moskaus zurück, einen baldigen Waffenstilland entlang der bestehenden Frontlinien im Ukraine-Krieg ins Auge zu fassen, wie das Washington und auch Kiew als ein Hauptziel für den Budapester Gipfel angestrebt hatten.
Aussenminister Lawrow hatte schon vor seinem Telefongespräch mit Rubio mit Nachdruck betont, dass Russland nicht bereit ist, einem Waffenstillstand auf dieser Grundlage zuzustimmen. Ein Waffenstillstand komme für Moskau erst infrage, wenn eine prinzipielle Einigung zu den «Grundursachen» des Ukraine-Krieges, so wie sie im Kreml definiert werden, erzielt sei, lautet der Tenor der russischen Verlautbarungen. Lawrow hatte in einem Interview mit einer russischen Zeitung argumentiert, dass bei einem Waffenstillstand entlang der jetzigen Kriegsfronten ja in Kiew weiterhin ein «Nazi-Regime» die grössten Teile der Ukraine kontrollieren würde. Als «Nazi-Regime» diffamiert die Putin-Propaganda seit Beginn des russischen Überfalls die gewählte ukrainische Regierung von Präsident Selenskyj.
Ein gutes Zeichen für Kiew
Dass man im Weissen Haus jetzt erkannt hat, dass Putin einen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg zum jetzigen Zeitpunkt kategorisch ablehnt und somit keine Aussichten auf Fortschritte oder akzeptable Kompromisse beim vorgesehenen Gipfeltreffen in Budapest bestehen, ist grundsätzlich ein gutes Zeichen. Trump will offenkundig nicht noch einmal beim gleichen peinlichen Schauspiel mitwirken, das er bei seinem ersten Treffen mit Putin zur Ukraine-Frage im August in Alaska mitinszeniert hatte. Dort hatte er für Putin den roten Teppich ausrollen lassen, unterhielt sich mit ihm besonders herzlich und präsentierte als einziges Ergebnis die Aussicht auf mögliche direkte Gespräche zwischen dem Moskauer Machthaber und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj.
Diese Aussicht hat Putin bald darauf wieder unmissverständlich vom Tisch geräumt. Der Kriegsherr hat keine Lust und kein Interesse, sich mit dem Kriegsopfer an einen Tisch zu setzen und über mögliche Kompromisse zu verhandeln – es sei denn, dieser würde eine Kapitulation akzeptieren.
Tomahawk-Lieferungen an die Ukraine wieder aktuell?
Ob Trump dabei bleibt, auf leere Gipfelrituale mit Putin zu verzichten, kann niemand mit Gewissheit voraussagen. In Kiew aber wird man die Absage der geplanten Budapester Veranstaltung zweifellos mit Erleichterung aufnehmen. Damit dürfte das Risiko einer möglichen Absprache zum Ukraine-Krieg zwischen Moskau und Washington über die Köpfe und die Interessen der Ukraine und ihrer europäischen Verbündeten hinweg vorerst gebannt sein.
Gleichzeitig ist denkbar, dass Trump nach seinen ernüchternden Erfahrungen mit Putins Intransigenz nun eher gewillt sein könnte, mehr amerikanischen Druck als bisher auf Moskau für einen Waffenstillstand und eine akzeptable Lösung der Ukraine-Frage auszuüben. Sollte dies zutreffen, könnte auch die von Kiew erhoffte Lieferung von Tomahawk-Marschflugkörpern wieder aktuell werden, mit denen die Ukraine strategische Ziele wie Munitions- und Rohstofflager im russischen Hinterland attackieren möchte. Trump hatte vor kurzem selber von der Möglichkeit derartiger Waffenlieferungen gesprochen, dann aber nach dem letzten Treffen mit Selenskyj das Thema wieder versickern lassen – offenbar um Putin mit Blick auf den geplanten Budapest-Gipfel bei Laune zu halten.
Auch bei den europäischen Verbündeten der Ukraine gibt es Grund, die Absage des Budapester Gipfels als ein Zeichen dafür zu interpretieren, dass Washington wieder stärker daran interessier sein könnte, gegenüber dem Kriegstreiber Putin am gleichen Strick zu ziehen. In einer gemeinsamen Stellungnahme haben am Dienstag mehrere europäische Regierungschefs betont, dass ein möglicher Waffenstillstand in der Ukraine nur entlang der bestehenden Frontlinie diskutabel sei. Und dass mehr Druck gegenüber Moskau nötig sei, um Russlands Bereitschaft zu einer Beendigung des Ukraine-Krieges zu bewegen.