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Medien

Thurgauer Zeitung

23. Juli 2014
Alex Bänninger
Indem das Traditionsblatt auf die Pressekrise mit verfehlten Massnahmen reagiert, riskiert es den freien Fall.

Die Thurgauer Zeitung, einzige Tageszeitung des Kantons und Kopfblatt des in St. Gallen erscheinenden Tagblatts, spart massiv und riskiert publizistisch den freien Fall. Der Schritt an den Abgrund gefährdet mehr als nur eine Zeitung.

Sinkende Erträge, sinkende Qualität

Die zur NZZ-Gruppe gehörende Tagblatt Medien AG produziert neben der Thurgauer Zeitung neun weitere Zeitungen – unter anderen das St. Galler Tagblatt, die Appenzeller Zeitung, das Toggenburger Tagblatt und die Ostschweiz am Sonntag –, sowie vier Zeitschriften und ist in den Bereichen Radio, Fernsehen, Druck und Buchverlag aktiv. Der Gesamtumsatz verminderte sich 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 10.4 Mio Franken auf 148.5 Mio Franken. Allein die Stelleninserate gingen um knapp 40 Prozent zurück. Auflagen und Leserzahlen sinken. Die allgemeine Entwicklung bringt auch die Thurgauer Zeitung in Bedrängnis.

Das Blatt bietet seit Anfang Juli einen von vier auf zwei Bünde reduzierten Mantelteil sowie einen eingeschränkten Lokal-, Wirtschafts- und Kulturteil. Die Redaktionsbudgets wurden gekürzt, die Personalbestände abgebaut. War die Thurgauer Zeitung schon seit Jahren alles andere als kraftstrotzend, so zeigt sie sich nun entschlossen, bis auf die Knochen abzumagern.

Redaktion und Leser frustriert

Über Nationales und Internationales informiert die Zeitung hinreichend knapp. Kantonal und lokal hingegen genügt sie im Wesentlichen der Chronistenpflicht, vernachlässigt das kritische Nachfragen, liefert keine überraschenden Geschichten und verbreitet Langeweile. Das kann im Ernst keine strategische Antwort auf die gewaltigen Herausforderungen der Branche sein.

Ausgerechnet dort, wo noch Stärke auszuspielen wäre, bremst das verlegerische Sparprogramm das journalistische Engagement. Es herrscht Agonie. Der redaktionsinterne Frust überträgt sich auf die Leserschaft.

Verlust eines Forums

Die Rosskur garantiert, was sie verhindern soll: den Zeitungstod auf Raten. Dem Thurgau, der zwar eine Hauptstadt, aber kein Zentrum besitzt und sich in allen Himmelsrichtungen über seine Grenzen hinaus orientiert, droht der Verlust eines wichtigen und so etwas wie Identität stiftenden Forums. Der innerkantonale Meinungsaustausch und die lesende Teilhabe am Geschehen im grösseren Lebensraum werden bis zur Unmöglichkeit erschwert.

Das ist um so gravierender, als der Thurgau, freundlich gesagt, an gedruckten und elektronischen Qualitätsmedien keinerlei Überfluss kennt. Eine Alternative für die zur Unbedarftheit umgeschwenkte Thurgauer Zeitung gibt es lediglich im Teilbereich der Kultur mit der hervorragend betreuten Internetplattform www.thurgaukultur.ch.

Wirkungslose Proteste

An der publizistischen Verarmung vermochte eine dieser Tage von 1’600 Kulturschaffenden und Kulturinteressierten unterzeichnete Petition erwartungsgemäss nichts zu ändern. Die Chefredaktion demonstrierte in peinlicher Weise deren Verachtung.

Da bleibt die Hoffnung gering, die im Grossen Rat eingereichte Interpellation, die parteiübergreifend die Konsequenzen des Sparkurses scharf missbiligt, führe in der Thurgauer Zeitung zu Verbesserungen.

Niemand verschliesst sich der wirtschaftlich bedingten Notwendigkeit, redaktionelle Leistungen abzubauen. Unverständnis und Verärgerung lösen jedoch die gewählten Massnahmen aus. Ein Zeitungsverlag, der durchs Ofenrohr in die eigene Zukunft blickt, wird diese nicht meistern. Leser und Inserenten wissen das und wandern ab. 

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