Im Osten der Ukraine bereiten sich die Russen auf einen Grossangriff vor. Ein Mann sucht Schutz in einem Keller im ostukrainischen Tschuhujiw, einer südöstlichen Vorstadt von Charkiw. Am Freitag hatte ein Raketenangriff auf einen Bahnhof im ostukrainischen Kramatorsk mindestens 52 Tote und 109 Verletzte gefordert.
- Grossangriff im Osten erwartet
- Neue russische Truppen
- 52 Tote in Kramatorsk
- Massaker in Makariw
- 700 Tote in Tschernihiw
- Ursula von der Leyen in Butscha
- S-300-Raketen für die Ukraine
- Russland zieht Reservisten ein
- Erneut Fluchtkorridore geplant
- Boris Johnson überraschend in Kiew eingetroffen
Raketen auf Bahnhof
Auf den Bahnsteigen in Kramatorsk hatten sich etwa 4000 Personen eingefunden. Aus Angst vor russischen Angriffen wollten sie Züge nehmen und in den Westen des Landes fliehen. Auf einem Video ist die Stimme einer Frau zu hören: «Es gibt viele Leichen, es gibt Kinder, es gibt Kinder.»
In Erwartung russischer Angriffe hatten die Behörden die Bevölkerung in der östlichen Ukraine aufgefordert zu fliehen.
Russland bezeichnet die Beschuldigung, dass russische Raketen auf den Bahnhof abgeschossen worden seien, als «Provokation». Die Teile der gefundenen Raketen gehörten nicht zu Bestandteilen der russischen Armee, sagte Kreml-Sprecher Peskow.
Die USA erklären, der Bahnhof sei von einer ballistischen SS-21-Rakete getroffen worden. «Wir nehmen Russen nicht ab, dass sie nicht für das Attentat verantwortlich sind», sagte ein amerikanischer Militärsprecher.
Präsident Biden schrieb auf Twitter: «Der Angriff auf einen ukrainischen Bahnhof ist eine weitere schreckliche Gräueltat Russlands, die Zivilisten traf, die versuchten, sich in Sicherheit zu bringen.»
Die ukrainische Eisenbahngesellschaft erklärte nach dem Angriff auf Kramatorsk, dass die Evakuierungen nun aus dem nahegelegenen Slowiansk fortgesetzte würden. Ukrainische Regierungskreise erwarten bald heftige Kämpfe um Slowiansk. Präsident Wolodimir Selenskyj warf Moskau vor, die Zivilbevölkerung «auf zynische Weise» zu dezimieren. Slowiansk liegt 20 Kilometer nördlich von Kramatorsk.
Tausende zusätzlicher russischer Soldaten
Nahe von Charkiw haben die Russen zusätzliche Streitkräfte zusammengezogen. Die Zahl der taktischen Bataillone sei von 30 auf 40 aufgestockt worden, sagte das amerikanische Verteidigungsministerium in der Nacht zum Samstag. Erstes Ziel der Russen sei jetzt die Eroberung des ostukrainischen Donbass.
Massaker in Makariw
Im 50 Kilometer westlich von Kiew gelegenen Dorf Makariw sind nach Angaben des Bürgermeisters in Massengräbern 132 erschossene Zivilisten aufgefunden worden. Das Dorf sei zu 50 Prozent zerstört, es gebe weder Wasser noch Strom.
700 Tote in Tschernihiw
In der nördlich von Kiew nahe der belarussischen Grenze gelegenen Stadt Tschernihiw sind nach Angaben des Bürgermeisters Wladyslaw Atroschenko 700 Menschen getötet worden. Zwei Drittel der 280’000 Einwohner seien geflohen oder ums Leben gekommen. Tschernihiw war wochenlang umkämpft; dann zogen die Russen ab.
Ursula von der Leyen in Butscha
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen traf am Freitagabend in Kiew mit dem ukrainischen Präsident Wolodimir Selenskyj zusammen. Von der Leyen war mit dem Zug nach Kiew gereist. Vor der Begegnung mit Selenskyj stattete sie Butscha einen Besuch ab. Sie war dabei, als Leichen aus einen Massengrab geborgen wurden. Am Wochenende reist sie nach Polen weiter, wo sie unter anderem Flüchtlinge besucht.
Russland fehlen Soldaten
Kreml-Sprecher Peskow hatte am Freitag zugegeben, die Russen hätten in der Ukraine «erhebliche Verluste» erlitten. Dies sei «eine grosse Tragödie». Um die Reihen wieder zu schliessen, hat nun Russland nach amerikanischen Angaben begonnen, bis zu 60’000 Reservisten zu rekrutieren. Das sagte ein hochrangiger Pentagon-Berater.
S-300-Raketen für die Ukraine
Die Slowakei wird ihre S-300-Raketen an die Ukraine liefern. Das aus der Sowjetzeit stammende S-300-Luftverteidigungssystem ist den Ukrainern vertraut. Es dient ihnen zur Abwehr russischer Raketen und Flugzeuge. Als Ersatz für ihre S-300 erhält die Slowakei das Patriot-System, ein amerikanisches Boden-Luft-Raketensystem, das von der US-Armee und den Verbündeten der Vereinigten Staaten in der ganzen Welt zur Abwehr von Angriffen, vor allem durch feindliche Flugzeuge, eingesetzt wird.
Rauswurf von Amnesty International
Das russische Justizministerium teilte mit, es habe die Registrierung mehrerer prominenter internationaler Organisationen im Land widerrufen, darunter «Human Rights Watch» und «Amnesty International». Diese Organisationen hätten russische Truppen beschuldigen, in der Ukraine Kriegsverbrechen begangen zu haben. Das Ministerium erklärte, sie hätten gegen ein nicht näher bezeichnetes russisches Gesetz verstossen.
EU-Sanktionen
Am Freitag beschloss die Europäische Union formell ein Verbot von Kohleimporten aus Russland sowie Sanktionen gegen hochrangige russische Persönlichkeiten, unter ihnen zwei Töchter von Präsident Wladimir Putin. Es ist die fünfte Runde von Sanktionen, die die EU seit Beginn des Krieges verhängt hat.
Erneut Fluchtkorridore geplant
Die Ukraine und Russland haben sich nach Angaben der ukrainischen Vize-Ministerpräsidentin Irina Wereschtschuk auf zehn Fluchtkorridore für heute in den belagerten Gebieten verständigt. Darunter befindet sich laut Wereschtschuk auch einer für das eingekesselte und unter Beschuss liegende Mariupol.
Neuer russischer Kommandant mit Syrien-Erfahrung
Nach einer von russischer Seite bisher nicht bestätigten Meldung soll mit General Alexander Dwornikow ein Kommandant mit Syrien-Erfahrung an die Spitze der russischen Verbände gesetzt worden sein. Für seinen Einsatz im Syrien-Krieg wurde er 2016 von Präsident Wladimir Putin mit dem Heldenstatus ausgezeichnet.
Boris Johnson in Kiew
Am Samstagnachmittag 16.30 Uhr MEZ meldete die ukrainische Botschaft in London, der britische Premier Boris Johnson sei überraschend in Kiew eingetroffen und statte Präsident Wolodimir Selenskyj einen Besuch ab. Über den Inhalt der Gespräche war vorerst nichts bekannt.
(Wird laufend aktualisiert)
Journal 21