Ukrainische Soldaten laden eine eben von den USA erhaltene amerikanische M777-Haubitze und beschiessen russische Stellungen in der Provinz Donezk. Fast alle von den USA versprochenen 90 M777-Geschüze sind inzwischen in der Ukraine eingetroffen – inklusive 144’000 Artillerie-Granaten. Australien hat der Ukraine sechs M777-Haubitzen geliefert.
Extrem treffsicher
Die M777 stammt aus britischer Produktion, wird aber zur Zeit vor allem von den USA verwendet. Die Haubitze kann pro Minute zwei bis sieben GPS-gelenkte Geschosse abfeuern. Die Kanone gilt als extrem treffsicher und ist ähnlichen russischen Haubitzen weit überlegen. Die M777 hat eine Schussdistanz von bis zu 64 Kilometern. Eine Haubitze wiegt 4,2 Tonnen und wird von acht bis zehn Mann bedient.
Wochenlange Ausbildung
Täglich fordert die ukrainische Regierung vom Westen die Lieferung schwerer Waffen. Ohne sie, heisst es, «werden wir den Krieg verlieren». Viele der versprochenen Waffen sind eingetroffen, allerdings zu wenige, erklärt die ukrainische Militärführung. Während die Europäer zögerlich sind, kommen täglich neue amerikanische Artillerie-Geschosse und Abwehrraketen in der Ukraine an.
Viele der amerikanischen Hightech-Waffensysteme, vor denen sich die Russen fürchten, können jedoch nicht sofort eingesetzt werden. Ukrainische Soldaten müssen zunächst an diesen Waffensystemen ausgebildet werden. Das kann Wochen dauern. Wo die Ausbildung stattfindet, wird geheimgehalten.
- Immer mehr US-Waffen
- Stoltenberg: «Der Krieg kann Jahre dauern»
- Selenskyj in Mykolajiv
- Donezk von Ukraine beschossen
- Noch ist Sewerodonezk nicht erobert
- Tod eines symbolreächtigen Kämpfers
- Russen rücken auf Charkiw vor
- Russisches Flugobjekt abgeschossen
«Auch wenn die Kosten hoch sind»
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte, man dürfe nicht nachlassen, die Ukraine zu unterstützen – «auch wenn die Kosten hoch sind». In einem Interview mit der deutschen Zeitung Bild am Sonntag, sagte er, steigende Energie- und Lebensmittelpreise seien nichts im Vergleich zu dem Preis, den die Ukrainer jeden Tag mit vielen Menschenleben zahlen müssten. Und wenn Russlands Präsident Wladimir Putin aus diesem Krieg die Lehre ziehe, dass er so weitermachen könne wie nach dem Georgien-Krieg 2008 und der Besetzung der Krim 2014, dann bezahle der Westen einen noch viel höheren Preis.
Stoltenberg schliesst nicht aus, dass der Krieg noch sehr lange dauern wird. «Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass er Jahre dauern könnte». Mit weiteren modernen Waffen steige die Wahrscheinlichkeit, dass die Ukraine die russischen Truppen auch aus dem Donbass vertreiben könne.
Donezk von ukrainischen Truppen beschossen
In ihrem Bestreben, die von Russland besetzte Stadt Donezk zurückzuerobern, haben ukrainische Streitkräfte mehrere Stadtteile beschossen. Dies erklärte der pro-russische Bürgermeister Alexej Kulemzin. Die Stadt Donezk ist die Hauptstadt der Provinz Donezk, die sich als «Volksrepublik Donezk» für unabhängig erklärte und einzig von Russland anerkannt wird. Bei den ukrainischen Angriffen seien mehrere Zivilisten getötet worden. Ein Gebäude der Nationalen Universität von Donezk, eine Schule, Geschäfte, Wohnungen und Verwaltungsgebäude wurden beschädigt, schreibt Kulemzin auf Telegram. Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters sprachen von schweren Bombardierungen.
Erneut riskanter Besuch
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die umkämpfte südukrainische Hafenstadt Mykolajiv besucht. Wie und wann er dort hingelangt ist, wird nicht mitgeteilt. Beobachter stufen die Reisetätigkeit des Präsidenten als riskant ein. Kürzlich hatte er Charkiw, Lyssytschansk und die Gegend von Saporischschja besucht.
Ein von seinem Büro veröffentlichtes Video zeigt ihn bei der Besichtigung eines schwer beschädigten Wohnhauses in der Stadt. Er traf auch Vitaliy Kim, den Leiter der Regionalverwaltung und verlieh mehreren Beamten eine Auszeichnung.
«Besondere Aufmerksamkeit wurde den Bedrohungen vom Land und vom Meer aus geschenkt. Wir werden nicht aufhören, für den Sieg zu arbeiten», hiess es in der Erklärung von Selenskyjs Büro. Die Stadt wird regelmässig von russischen Raketen und russischer Artillerie beschossen.
Noch ist Sewerodonezk nicht gefallen
Die Russen tun sich schwer bei der vollständigen Eroberung der strategisch wichtigen ostukrainischen Stadt Sewerodenezk. Nach ukrainischen Angaben haben die russischen Streitkräfte 70% des Stadtgebiets erobert, die ukrainischen Verbände würden jedoch das Industriegebiet der Stadt halten. Im Azot-Chemiewerk haben Hunderte Zivilisten vor den russischen Raketen Zuflucht gesucht. Vermutlich halten sich noch etwa 10’000 Menschen in der Stadt auf.
Laut dem britischen Verteidigungsministerium versuchen die Russen jetzt offenbar auch, von Norden her, also von der Stadt Isjum aus, auf Sewerodonezk vorzustossen und eine zusätzliche Front zu eröffnen.
Die Russen hatten angeboten, «humanitäre Korridore» für die Zivilisten einzurichten, doch die Bewohnerinnen und Bewohner trauen den russischen Streitkräften nicht und fürchten, dass sie beschossen würden – so, wie dies in Mariupol geschah.
Wenn allerdings die Bewohner das Angebot zur Evakuierung nicht annehmen, besteht die Gefahr, dass die Russen dann vermehrt wahllos auch zivile Ziele angreifen – und argumentieren, man habe ja den Zivilisten die Möglichkeit gegeben, die Stadt zu verlassen.
Symbol des Widerstands
Der 24-jährige Roman Ratushnyi galt als Symbol des ukrainischen Widerstands. Er hatte schon mit 16 Jahren für eine unabhängige Ukraine gekämpft und gehörte zu den ersten Studenten, die bei den Maidan-Protesten gegen den damaligen Präsidenten Viktor Janukowytsch demonstrierten. Jetzt ist Ratushnyi bei Kämpften nahe von Isjum im Donbass kurz vor seinem 25. Geburtstag getötet worden.
Hunderte von Trauernden versammelten sich am Samstag, um seiner zu gedenken.
«Russisches Flugobjekt» abgeschossen
Nach Angaben der ukrainischen Behörden hat das ukrainischemLuftabwehrsysteme in der Region Kiew am Sonntagmorgen ein russisches «Flugobjekt» abgeschossen.
Im Bezirk Wyschhorod, nördlich des Stadtzentrums, waren Explosionen zu hören. Die Behörden machten dazu keine näheren Angaben. Die Kiewer regionale Militärverwaltung schrieb in den sozialen Medien, dass kein Rauch festgestellt wurde, kein Feuer ausgebrochen sei und derzeit keine Verletzten zu beklagen seien.
Neue Bedrohung für Charkiw
Die russischen Streitkräfte nähern sich wieder dem ostukrainischen Charkiw, der zweitgrössten Stadt im Land. Im Mai waren die Russen aus der Region zurückgedrängt worden.
Erstes Ziel der Russen ist es nach Angaben eines ukrainischen Beamten, die Stadt erneut zu bombardieren. «Russland versucht, Charkiw zu einer Frontstadt zu machen», sagte Vadym Denysenko, ein Berater des Innenministers, gegenüber dem ukrainischen Staatsfernsehen.
Ukrainische Verluste
Der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates der Ukraine hat Berichte einiger Regierungsbeamter zurückgewiesen, wonach jeden Tag bis zu 500 ukrainische Soldaten sterben könnten.
Oleksiy Danilov sagte, die Beamten hätten keinen Zugang zu den entsprechenden Informationen gehabt. Zuvor hatten ukrainische Beamte von bis zu 100 Toten pro Tag gesprochen. Andere Quellen sprachen von bis zu 200 täglich getöteten Soldaten.
«Verhandlungen nur nach Abzug der Russen»
Friedensverhandlungen mit Russland könnten erst beginnen, wenn «der letzte russische Soldat die Ukraine verlassen hat». Witali Klitschko, der Bürgermeister von Kiew, sagte in einem BBC-Interview: «Die Russen haben gesagt: 'Lasst uns einen Kompromiss finden. Lasst uns eine Lösung finden.' Wovon sprechen sie? Welcher Kompromiss? Teile des ukrainischen Territoriums an die Russen abzugeben, ist kein Kompromiss.»
Er reagierte damit auf Befürchtungen in der Ukraine, wonach westliche Länder die Ukraine zu einem Kompromiss drängen könnten.
Austausch
Fünf ukrainische Zivilisten, die zu Beginn des Krieges in der Region Kiew von russischen Kräften gefangengenommen wurden, sind gegen gefangene Russen ausgetauscht worden. Ob es sich bei ihnen um Kämpfer handelt, gab das ukrainische Verteidigungsministerium nicht bekannt. Ebenso unklar ist, wie viele Russen gegen die fünf ausgetauscht wurden. Auch die Leiche eines Ukrainers wurde der Ukraine übergeben.
Bergleute eingeschlossen
In einem Kohlebergwerk in der Provinz Donezk sind 77 Bergleute eingeschlossen, nachdem die Stromversorgung wegen eines ukrainischen Beschusses ausfiel. Dies berichtet die Agentur Reuters unter Berufung auf die russische Nachrichtenagentur RIA.
«Infolge des Beschusses durch (ukrainische Streitkräfte) wurde die Stromzufuhr zur Zasyadko-Mine in Donezk unterbrochen, 77 Bergleute befinden sich noch unter Tage», heisst es in einer Erklärung der Territorialen Verteidigung der Separatistenregion.
(Wird laufend aktualisier)
Journal 21