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Ukraine Tag 78

«Putin, schauen Sie in den Spiegel»

12. Mai 2022
Johnson, Niinistö
Boris Johnson und der finnische Präsident Sauli Niinistö am Mittwoch. Johnson unterstützt einen finnischen Nato-Beitritt (Foto: Keystone/AP/Frank Augstein, Pool)

Finnland will der Nato beitreten. 76 Prozent der Finninnen und Finnen sprechen sich dafür aus. Der finnische Präsident Sauli Niinistö und die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin erklärten: «Die Nato-Mitgliedschaft würde Finnlands Sicherheit stärken. Als Mitglied der Nato würde Finnland das gesamte Verteidigungsbündnis stärken.»

Wird laufend aktualisiert

Finnland will der Nato beitreten
Russland warnt die Nato
Baltische Ängste
Macron: «Wir stehen nicht im Krieg mit Russland»
Hunderte russische Tote bei Luhansk?
Tauschhandel in Mariupol?


Die finnische Regierung wird in Kürze bekannt geben, ob sie einen Antrag auf Beitritt zur Nato stellen und damit ihre traditionell neutrale Haltung aufgeben wird. Auch Schweden denkt ernsthaft über eine Nato-Mitgliedschaft nach.

Die Unterstützung für einen solchen Schritt ist in Finnland und im benachbarten Schweden seit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine stark gewachsen. Moskau hat mit nicht näher bezeichneten Massnahmen gedroht, sollten die Regierungen in Helsinki und Stockholm ihre langjährige Politik der militärischen Blockfreiheit aufgeben.

Der britische Premierminister Boris Johnson versprach bei einem Besuch am Mittwoch militärische Unterstützung für Finnland und Schweden.

Damit hat Putin genau das erreicht, was er unbedingt verhindern wollte: eine Erweiterung und Stärkung der Nato. Der finnische Präsident Sauli Niinistö machte den russischen Präsidenten Wladimir Putin dafür verantwortlich. «Sie haben das verursacht», sagte er. «Schauen Sie in den Spiegel.»

Ein Beitritt Finnlands würde bedeuten, dass auf finnischer Seite entlang der über 1300 Kilometer langen Grenze zu Russland Nato-Soldaten stehen.

Der Nato, die ihren Hauptsitz in Brüssel hat, gehören bisher 30 europäische und nordamerikanische Mitgliedstaaten an. Artikel 5 des Nato-Vertrags bestimmt:  «Die Parteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen wird.»

Laut einer jüngsten Meinungsumfrage befürworten 76 Prozent der Finninnen und Finnen einen Beitritt ihres Landes zur Nato.

Sanna Marin
Die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin (Foto: Keystone/AP/Franck Robichon)

Statement des finnischen Präsidenten und der finnischen Ministerpräsidentin

«In diesem Frühjahr hat eine wichtige Diskussion über die mögliche Nato-Mitgliedschaft Finnlands stattgefunden. Es wurde Zeit benötigt, um dem Parlament und der gesamten Gesellschaft die Möglichkeit zu geben, ihren Standpunkt in dieser Frage festzulegen. Man brauchte Zeit für enge internationale Kontakte mit der Nato und ihren Mitgliedsländern, aber auch mit Schweden. Wir wollten der Diskussion den Raum geben, den sie braucht. Nun, da der Zeitpunkt der Entscheidungsfindung näher rückt, legen wir unsere gleichberechtigten Standpunkte dar, auch zur Information der Fraktionen und Parteien im Parlament. Die Nato-Mitgliedschaft würde Finnlands Sicherheit stärken. Als Mitglied der Nato würde Finnland das gesamte Verteidigungsbündnis stärken. Finnland muss unverzüglich einen Antrag auf Nato-Mitgliedschaft stellen. Wir hoffen, dass die für diese Entscheidung noch erforderlichen nationalen Schritte in den nächsten Tagen zügig unternommen werden.»

Russland warnt die Nato

Nach Ansicht des Kremls stellt der geplante Nato-Beitritt Finnlands «definitiv» eine Bedrohung für Russland dar, und die Erweiterung des Militärblündnisses «wird weder Europa noch die Welt stabiler machen».

In einer Telefonkonferenz mit Reportern sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, die Schritte Finnlands zum Nato-Beitritt seien ein Grund zum Bedauern und ein Grund, «eine symmetrische Antwort» zu geben.

Er fügte hinzu, Finnland habe «unfreundliche Schritte» gegen Russland unternommen.

Auf die Frage, wie Russland reagieren werde, antwortete er: «Alles wird davon abhängen, wie dieser ... Prozess der Nato-Erweiterung abläuft.»

Finnland wird vermutlich nächste Woche den Antrag auf eine Nato-Mitgliedschaft stellen, heisst es in finnischen Regierungskreisen. Finnland verfügt zusammen mit seinen Reserven über einer der stärksten Armeen Europas. Diese «starken Verteidigungskräfte» kämen der Nato zugute, erklären Regierungsbeamte.

Baltische Ängste

Estland hat den wahrscheinlichen Beitritt Schwedens und Finnlands zur Nato begrüsst, aber vor langfristigen russischen Vorbereitungen für einen Angriff auf die baltischen Staaten gewarnt.

Hochrangige Beamte des estnischen Verteidigungsministeriums haben weitere Nato-Verstärkungen gefordert, darunter auch dringend benötigte Luftverteidigungseinheiten.

Finnland, Russland
Hellblau eingezeichnet: Nato-Mitglieder (Karte: Journal21.ch/stepmap.de)

«Wir stehen nicht im Krieg mit Russland»

Der französische Präsident Emmanuel Macron will Russland nicht demütigen. «Wir dürfen gemeinsam weder der Versuchung der Demütigung noch dem Geist der Rache nachgeben, denn sie haben bereits in der Vergangenheit die Wege des Friedens verwüstet», erklärte er. «Wir befinden uns nicht im Krieg mit Russland. Wir arbeiten in Europa für den Erhalt der Souveränität und der territorialen Integrität der Ukraine und für die Rückkehr des Friedens auf unserem Kontinent.»

Frankreich wolle auf Verhandlungen drängen, sagte ein französischer Beamter, «weil es keine andere Möglichkeit gibt», die ukrainische Sicherheit und die strategische Sicherheit auf dem europäischen Kontinent zu gewährleisten. Eine Beziehung zu Putin sei schliesslich «unvermeidlich».

Diese französische Position kontrastiert zur amerikanischen Haltung, die Russland «so weit schwächen» will, dass es «die Dinge, die es beim Einmarsch in die Ukraine getan hat, nicht mehr tun kann», wie der amerikanische Verteidigungsminister Lloyd Austin sagte.

Hunderte russischer Soldaten getötet?

Die ukrainischen Verbände haben bei Bilohoriwka, nordwestlich von Luhansk, den Russen möglicherweise schwere Verluste beigefügt. Nach Angaben des ukrainischen Aussenministeriums versuchten Hunderte russischer Soldaten den Siwerskyj-Donez-Fluss auf einer Pontonbrücke zu überqueren, als sie von ukrainischen Verbänden angegriffen wurden. Der Fluss liegt nördlich von Bilohoriwka. Die Pontonbrücke sei völlig zerstört worden, erklärt das Aussenministerium. Dutzende Fahrzeuge verbrannten. Ukrainische Beamte gehen von Hunderten toter Russen aus. Überprüfen lässt sich das nicht. In der Gegend wird seit Tagen gekämpft. Am Wochenende bombardierten die Russen eine Schule in Bilohoriwka. Dabei starben 60 Menschen.

Ausser Reichweite der russischen Artillerie

Das Dorf Pytomnyk liegt zwanzig Kilometer nördlich von Charkiw, der zweitgrössten ukrainischen Stadt. Von hier aus haben russische Truppen Charkiw wochenlang mit Artillerie beschossen. Das könnte jetzt zu Ende sein.

Den ukrainischen Truppen ist es gelungen, Pytomnyk zu erobern. Die Russen wurden zurückgedrängt, und zwar soweit, dass Charkiw nicht mehr in der Reichweite der russischen Artillerie liegt.

Doch die Russen haben sich nicht vollends zurückgezogen wie damals nördlich von Kiew. Ukrainische Analysten vermuten, sie würden sich mit zusätzlichen Soldaten und zusätzlichen Waffen neu formieren. Doch auch die Ukrainer verstärken ihre Positionen.

Ukraine
(Karte: Journal21/stepmap.de)

Kämpfe bei Cherson

Zwischen den südukrainischen Städten Cherson und Mykolajiw sind schwere Kämpfe ausgebrochen. Ukrainische Truppen versuchen, russische Stellungen zurückzuerobern. Nach ukrainischen Angaben sind im Verlauf der Kämpfe mindestens 23 russische Soldaten getötet und zwei Panzer zerstört worden, ebenso wie ein Munitionslager. Verifizieren lassen sich diese Angaben nicht.

Streumunition

Die NGO Human Rights Watch wirft Russland vor, international geächtete Streumunition einzusetzen. Dadurch seien Hunderte Zivilisten ums Leben gekommen. In einer in Genf veröffentlichen Erklärung wirft die Organisation auch der Ukraine vor, mindestens einmal solche Munition eingesetzt zu haben.

Tauschgeschäft vorgeschlagen

Die Ukraine schlägt Russland vor, russische Kriegsgefangene gegen die Kämpfer im Asowstal-Werk auszutauschen. Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk sagte: «Als ersten Schritt haben wir den Russen folgenden Tausch angeboten: Wir transportieren unsere schwerverwundeten Jungs in einem humanitären Korridor aus Asowstal ab. Gleichzeitig lässt das ukrainische Militär russische Kriegsgefangene nach Standardregeln für deren Austausch frei.» Zur Zeit würden entsprechende Diskussionen geführt.

Elon Musk soll helfen

Ein ukrainischer Marinekommandant, der sich im Stahlwerk Asowstal verschanzt hat, appelliert an Elon Musik, bei der Evakuierung der Eingeschlossenen zu helfen. «Man sagt, du kommst von einem anderen Planeten, um die Menschen zu lehren, an das Unmögliche zu glauben. Unsere Planeten liegen nebeneinander, denn ich lebe dort, wo es fast unmöglich ist, zu überleben. Helfen Sie uns, aus Asowstal in ein vermittelndes Land zu gelangen. Wenn nicht du, wer dann? Gebt mir einen Tipp», heisst in dem Facebook-Aufruf von Serhiy Volyna. Musk hat bisher nicht reagiert. Im belagerten Stahlwerk Asowstal befinden sich über 1000 Kämpfer und vermutlich etwa 100 Zivilisten.

(Wird laufend aktualisiert)

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