Ein ukrainischer Operationsraum direkt an der Front. In der Region Popasna bei Luhansk im Osten des Landes wird heftig gekämpft. Wenige Stunden nach Putins Rede haben die Russen ihre Angriffe intensiviert. Nach ukrainischen Angaben haben sie keine nennenswerte Gebietsgewinne erzielt. Bilder aus dem Dorf Vilkhivka bei Charkiw zeigen herumliegende tote russische Soldaten. (Foto: Keystone/EP/Roman Pilipey)
Wird laufend aktualisiert
- Kaum russsische Gebietsgewinne
- Sturm auf das Stahlwerk Asowstal
- Mahr als 1000 Kämpfer eingeschlossen
- Hunderte Verletzt
- Noch immer 100 Zivilisten im Stahlwerk
- Raketen auf Odessa
- Schlangeninsel bleibt russisch
«Unhaltbare russische Verluste»
Da Russland den ukrainischen Widerstand unterschätzt habe, hatte die russische Armee «unhaltbare» Verluste («unsustainable losses») erlitten. Das britische Verteidigungsministerium erklärte am Dienstag, der russische Invasionsplan habe «höchstwahrscheinlich» auf der irrigen Annahme beruht, dass die Russen nur auf begrenzten Widerstand stossen würden. Russland habe geglaubt, die Bevölkerungszentren schnell einkreisen zu können. Diese Einschätzung habe dazu geführt, dass die russischen Streitkräfte ihren Angriff mit einem «leichten, präzisen Ansatz begannen, um einen schnellen Sieg mit minimalen Kosten zu erreichen».
«Sturmangriffe» auf das Stahlwerk in Mariupol
Nachdem viele Zivilisten aus dem belagerten Stahlwerk in Mariupol evakuiert worden waren, haben russische Streitkräfte damit begonnen, das Werk zu stürmen. Im Innern befinden sich noch mehr als tausend ukrainische Kämpfer, deren Kommandanten erklärten, sie wollten nicht kapitulieren.
Petro Andriuschtschenko, ein Berater des Bürgermeisters von Mariupol, sagte, die Russen versuchten, eine Brücke zu sprengen, die für die Evakuierung genutzt wurde, um den letzten Verteidigern die Flucht zu verunmöglichen.
Russische Beamte befürchten, dass die Russen unter den im Werk ausharrenden Verteidigern ein Blutbad anrichten werden.
Die Frau eines ukrainischen Soldaten, der in dem Stahlwerk kämpft, berichtet, dass die Lage immer verzweifelter wird, da die Wasservorräte schwinden und Hunderte von verwundeten Soldaten eingeschlossen sind.
Noch immer 100 Zivilisten im Asowstal-Werk
Entgegen ersten Meldungen sollen sich nun doch noch etwa 100 Zivilisten im belagerten und beschossenen Stahlwerk von Mariupol befinden. Dies sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin Iryna Vereshchuk. Eine Frau eines Kämpfers, der sich im Werk befindet, erklärte, ihr Mann habe auch von hundert verwundeten Soldaten gesprochen. Leichen würden in Kühlschränken gelagert. «Hunderte sind verletzt. Es gibt Menschen mit schweren Verletzungen, die dringend evakuiert werden müssen», erklärt die stellvertretende Ministerpräsidentin. «Die Situation verschlechtert sich von Tag zu Tag.»
Raketen auf Odessa
Am Tag, als Wladimir Putin auf dem Roten Platz in Moskau eine recht zahme Rede hielt, haben russische Kampfflugzeuge die Schwarzmeer-Stadt Odessa mit sieben Raketen angegriffen. Eine Person wurde dabei getötet, sieben weitere verletzt. Fünf Gebäude wurden zerstört, an zwei Orten brachen Brände aus. Bilder zeigen ein schwer beschädigtes Einkaufszentrum. Laut einer BBC-Korrespondentin waren die Strassen mit «beissendem Rauch» gefüllt. Während des Angriffs befanden sich EU-Ratspräsident Charles Michelin und der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal in der Stadt.
Russland habe die Angriffe auf Odessa mit Hyperschall-Raketen (Kinschal) durchgeführt, erklärt das ukrainische Militär.
Kein Grossangriff auf Odessa?
Die russischen Streitkräfte seien im Moment nicht in der Lage, einen Grossangriff auf Odessa zu starten. Das amerikanische Verteidigungsministerium erklärt, die Russen hätten zur Zeit nicht die Mittel, weder vom Boden noch von der Luft aus grössere Angriffe auf Odessa durchzuführen. Die jetzigen Raketenangriffe seien vermutlich ein Ablenkungsmanöver. Wenn die Russen in Odessa angreifen, erklärte ein hoher Pentagon-Beamter, fehlen ihnen anderswo militärische Kräfte.
Die Schlangeninseln bleiben russisch
Der ukrainischen Armee ist es nach russischen Angaben in den letzten Tagen nicht gelungen, die vor Odessa liegende Schlangeninsel zurückzuerobern. Das Eiland ist etwa so gross wie zehn Fussballfelder, hat aber strategische und psychologische Bedeutung.
Der russische Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow erklärte am Dienstag, die Ukraine habe mit Schiffen und Kampfflugzeugen «mehrere verzweifelte Versuche» unternommen, die Insel zurückzuerobern. Mehr als 50 ukrainische Soldaten seien dabei getötet worden. Russland habe zudem vier ukrainische Kampfflugzeuge, darunter drei Su-24 und eine Su-27, drei Mi-8-Helikopter mit Fallschirmjägern an Bord und einen Mi-24-Helikopter abgeschossen. «Die Leichen von 24 toten ukrainischen Soldaten wurden an der Küste der Schlangeninsel zurückgelassen», erklärte Konaschenkow auf Telegram. Überprüfen lassen sich diese Angaben nicht.
«Russland tritt auf einen Rechen (Harke)»
Wenige Stunden nach Putins Rede auf dem Roten Platz erklärte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj, dass die Russen in der Ukraine auf eine Harke träten.
«Am 24. Februar hat Russland eine Offensive gestartet. Sie treten auf dieselbe Harke, auf die jeder Besatzer, der in unser Land kommt, tritt. Wir haben verschiedene Kriege hinter uns. Aber sie hatten alle das gleiche Ende.»
(Tritt man auf einen Rechen, wird einem der Stiel des Geräts ins Gesicht geschlagen.)
«Unser Land wurde mit Kugeln und Granaten übersät, aber kein Feind konnte hier Wurzeln schlagen. Feindliche Streitwagen und Panzer fuhren durch unsere Felder, aber ohne Erfolg. Feindliche Pfeile und Raketen flogen in unserem Himmel, aber niemand wird unseren blauen Himmel überschatten können.»
Deutsch-französische Freundschaft
«Diplomatie ist wichtig»
Russland will in Europa keine Botschaften schliessen. Der stellvertretende russische Aussenminister Alexander Gruschko sagte: «Dies entspricht nicht unserer Tradition ... Wir glauben, dass die Arbeit der diplomatischen Vertretungen wichtig ist.»
Uno-Sondersitzung
Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen wird diese Woche eine Sondersitzung zur Ukraine abhalten.
Zuvor hatte die ukrainische Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Jewhenija Filipenko, den Rat in einem Brief aufgefordert, «die jüngsten Berichte über Kriegsverbrechen und massive Verstösse in der Stadt Butscha ... und die anhaltenden Berichte über Massenopfer in der Stadt Mariupol» zu prüfen.
Die Sitzung ist für den Donnerstag anberaumt. Ziel ist es, eine Resolution zu verabschieden, mit der die neu gebildete Untersuchungskommission beauftragt wird, dem Rat im Laufe des Jahres einen detaillierten Bericht vorzulegen. Am 7. April 2022 setzte die Uno Russlands Mitgliedschaft im Menschenrechtsrat nach Berichten über russische Menschenrechtsverletzungen im Ukraine-Krieg aus. Hauptsitz des Menschenrechtsrats ist Genf.
(Wird laufend aktualisiert)
Journal 21