Die Gräueltaten, die russische Truppen in der Ukraine verüben, seien durch jahrelanges Wegschauen in anderen Konflikten ermöglicht worden. Amal Clooney, eine Anwältin für Menschenrechte, sagte an einer Sitzung des Uno-Sicherheitsrates, die Täter hätten in der Vergangenheit Verbrechen begangen, im Glauben ungeschoren davonzukommen.
«Ohne Folgen gemordet, gefoltert, vergewaltigt»
«Zu lange haben wir zugesehen, wie Täter bei massenhaften Verstössen gegen die Menschenrechte ohne Folgen gemordet, gefoltert und vergewaltigt haben – von Darfur über Myanmar bis in den Jemen», sagte Clooney. Die Menschenrechtsverletzungen in Butscha, nördlich von Kiew, erinnerten sie an Syrien.
Die Menschenrechtsbeauftragte Amal Clooney, die Frau von Schauspieler George Clooney, gehört zu einem Anwaltsteam, das die Ukraine berät. Sie warf dem Sicherheitsrat und der Uno vor, dass sie ihre eigentliche Aufgabe – die Verhinderung von Konflikten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit – nicht erfüllen und frühere Kriegsverbrecher nicht zur Rechenschaft ziehen.
«Die Ukraine ist heute ein Schlachthaus – mitten im Herzen Europas», sagte Clooney. «How did we get here? We got here by ignoring justice for so long.»
«Äusserst schwierige Wochen»
Die Ukraine steht nach Einschätzung des ukrainischen Verteidigungsministers Olexij Resnikow vor «äusserst schwierigen Wochen». Russland habe seine Streitkräfte für eine Grossoffensive in der östlichen Ukraine zusammengezogen. Zwar werde die Ukraine mehr und mehr unterstützt, doch in den kommenden Tagen müsse sie ihre Widerstandsfähigkeit unter Beweis stellen. Russische Truppen haben ihre Angriffe im Osten und Süden des Landes intensiviert. «Leider werden wir noch Angehörige unserer Streitkräfte verlieren, bevor wir den Sieg erringen», sagte Resnikow.
«Blitzschnelle» Antwort
Wer für Russland eine unannehmbare strategische Bedrohung schaffe und sich von aussen einmische, müsse mit einer «blitzschnellen, raschen» Antwort rechnen, erklärte Wladimir Putin. «Wir haben dafür alle Instrumente. Und wir werden nicht bluffen. Wir werden sie anwenden, wenn es nötig ist. Und ich will, dass alle das wissen.» Die notwendigen Entscheidungen seien bereits gefällt.
Pro-ukrainische Demonstration ausgelöst
In der südukrainischen Stadt Cherson haben Ukrainer und Ukrainerinnen gegen die russische Besatzung demonstriert. Russland hatte erklärt, Cherson befinde sich in russischer Hand. Russische Kräfte haben nach Angaben des ukrainischen Generalstaatsanwalts die Demonstration mit Tränengas aufgelöst. Selenskyj kommentierte: «Ich danke allen, die nicht aufgeben, die protestieren und die Besatzer ignorieren.» Er deutete an, dass es Ukrainer gebe, die zu Kollaborateuren geworden seien.
Transnistrien, «eine Gefahr»
Die moldawische Separatistenregion Transnistrien sei ein russischer «Brückenkopf, von dem gewisse Risiken für uns ausgehen». Dies sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak der ukrainischen Nachrichtenagentur Unian. Am vergangenen Sonntag war in der «Hauptstadt» des Separatistengebiets ein «Ministerium» beschossen worden. Zwei Tage später wurden Strommasten gesprengt. Die ukrainische Führung sei sich der Gefahren, die von Transnistrien ausgehen, bewusst. Deshalb sei in den ukrainischen Regionen Odessa und Winnyzja «unter dem Gesichtspunkt der Verteidigung alles gut durchdacht».
Die jüngsten Ereignisse in Transnistrien bezeichnete Podoljak als «Provokation». Im 200 Kilometer langen Separatistenstreifen seien etwa 1500 bis 2000 Soldaten stationiert, 500 bis 600 seien Russen, der Rest pro-russische Einheimische.
Der Präsident der Separatisten-«Republik Transnistrien», Wadim Krasnoselsky, hat Berichte dementiert, wonach er eine Generalmobilmachung angeordnet habe.