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Kommentar 21

Social-Media-Bann? Keine Lösung!

11. Dezember 2025
Urs Meier
Sydney
Das am 10. Dezember in Australien in Kraft getretene Social-Media-Verbot für unter Sechzehnjährige wird mit Projektionen des Slogans "Lasst sie Kinder sein" – hier an einem Pylon der Harbour Bridge in Sydney – propagiert. (Keystone/EPA, Mick Tsikas)

Kindern und Jugendlichen den Zugang zur digitalen Welt zu versperren, findet viel Beifall. Trotzdem ist es eine politische Kurzschlusshandlung. Klüger ist der von Gesprächen begleitete Handyverzicht, den immer mehr Schweizer Schulen einführen.

Seit dem 10. Dezember ist in Australien für alle noch nicht Sechzehnjährigen die Nutzung von Social-Media-Plattformen wie Tiktok, Instagram, Facebook, Snapchat, X, Reddit, Youtube und Twitch verboten. Deren Betreiber müssen nachweisen, dass sie Minderjährige aussperren, indem sie regelmässig Bericht erstatten über Zahl und Alter ihrer australischen Nutzer. Halten sie sich nicht an die neuen Regeln, so drohen Bussen in zweistelligen Millionenbeträgen. 

Das Verbot kommt in Downunder gut an. Von 77 Prozent der Bevölkerung wird es begrüsst. Mehrere Länder und die EU prüfen bereits ähnliche Jugendschutz-Massnahmen. Wenn Australien mit seiner Verbotspolitik nachweislich erfolgreich sein sollte, ist damit zu rechnen, dass die EU und andere nachziehen werden.

Die Gründe für solchen Rigorismus braucht man nicht lange zu suchen: handysüchtige Kids, die körperlich und mental zurückbleiben; Schulkinder, deren Aufmerksamkeitsspanne nicht über eine Minute hinausreicht; Pubertierende, deren Persönlichkeitsentwicklung durch destruktive Vorbilder sabotiert wird. 

Doch sind diese zweifelsfrei vorhandenen negativen Effekte auch gute Gründe für ein Verbot? In Australien haben 140 Fachleute aus Medienwissenschaft und Jugendarbeit eine Petition gegen das Social-Media-Verbot unterschrieben. Ihre Argumente: Jugendliche könnten in nicht regulierte Bereiche – etwa im Darknet – ausweichen, wo die Gefahren noch grösser sind. Zudem würden mit dem generellen Bann auch sinnvolle Nutzungen verboten. Klüger als zu verbieten sei es, einerseits Kinder und Jugendliche über Gefahren aufzuklären und andererseits die Betreiber der Plattformen strenger zur Verantwortung zu ziehen.

Obwohl die Kritiker mit diesen Vorschlägen kein massentaugliches Alternativrezept gegen Handysucht und Social-Media-Missbrauch anbieten können, ist ihr Einspruch gegen die Verbotspolitik richtig. Denn sollte diese je funktionieren und die bis Sechzehnjährigen vor Social Media schützen, so drohte dennoch eine gefährliche Wirkung: Nach Erreichen der Altersgrenze würden die Jugendlichen in eine digitale Welt eintreten, auf die sie völlig unvorbereitet wären.

Überzeugender als das australische Modell ist das mehr und mehr praktizierte Out von Handys und Smartwatches in Schulen, gerade auch in der Schweiz. Im Unterricht und in Pausen liegen die digitalen Geräte ausgeschaltet in einer Box. Damit ist nicht nur eine machtvolle Ablenkung, sondern auch so manche Trickserei eliminiert. Schülerinnen und Schüler begegnen einander in der Pause direkt statt über den kleinen Bildschirm.

Handy und Social Media verschwinden damit jedoch nicht als Schulthema. Vielmehr erlaubt das Verstummen der Geräte eine mit Selbstbeobachtung verbundene sachliche Auseinandersetzung. Das Handyverbot verlangt nach Begründung und Erklärung. Und schon ist man in der Schule mitten drin im Austausch über die digitalen Wirklichkeiten, in denen die Kinder und Jugendlichen leben.

Wie man hört, kommt das bei diesen gut an. Die Schule als handyfreie Zone und als Ort des Gesprächs über Erfahrungen mit Social Media: das ist eine vielversprechende Entwicklung, viel besser als das jetzt von manchen gelobte Durchgreifen der australischen Regierung.

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