Direkt zum Inhalt
  • Politik
  • Kultur
  • Wirtschaft
  • Gesellschaft
  • Medien
  • Über uns
close
Sprach-Akrobatik

Slang der Frömmler

13. Januar 2017
Alex Bänninger
Schludriges Deutsch und autoritärer Schönsprech ramponieren die Kommunikation. Die Falschen lachen sich ins Fäustchen.

Wir schreiben fehlerhaft. Oder nach eigenem Belieben richtig. Genitiv und Dativ geht es an den Kragen. Dafür vermehren sich die Kommas wie die Kaninchen und tauchen auf, wo sie nicht hingehören. Gross- oder Kleinschreibung ist ein Würfelspiel. Krude Orthografie und wirre Sätze verstärken den Eindruck, der Sprachgebrauch setze ein Denkverbot voraus.

Gleichzeitig mit der Kapitulation vor den Regeln betreiben moralisierende Ordnungskräfte eine Aufrüstung. Die vom Duden vertretene Sprach-Kirche verliert an Einfluss, eine Sprach-Sekte weitet ihn aus. Ihr Ziel ist die political correctness, deren Fundamentalisten für eine deutsche Fremdsprache missionieren. Sie drückt nicht mehr aus, was Sache ist, sondern verharmlost, überzuckert und beschönigt die Wahrheit bis zur Unkenntlichkeit. Slavoj Žižek nennt es „Euphemismus-Tretmühle“.

Im Schutz der lobenswerten Absicht, Diskriminierungen durch Sprache zu vermeiden, holen Hohepriester tief Luft und bestimmen, welche Themen mit welchen Begriffen ideologisch mustergültig erörtert werden dürfen. Es handelt sich um eine biedermännisch getarnte, aber gleichwohl brandstiftende Zensur.

Die Wirkung ist unheimlich. Denn der maliziöse Schönsprech wird als Wille derer „da oben“ verstanden, dem Volk Sand in die Augen zu streuen und es für dumm zu verkaufen. Die Moralapostel verhelfen den Populisten zum Erfolg.

„Red, was wahr ist“, forderte Martin Luther. Das beginnt mit der Klarheit und schliesst das Schreiben ein. Auf die sorgfältige und die Regeln beachtende Sprache kommt es an, um Irritationen und Missverständnisse zu vermeiden. Ein verbreitetes Sprachbewusstsein wäre überdies geeignet, den Slang der Hitzköpfe, Frömmler und Schwärmer in die Schranken zu weisen.

Letzte Artikel

Wie weiter mit dem Klimaschutz?

Jörg Hofstetter 5. Dezember 2025

Der Papst und der Patriarch von Istanbul in Nizäa – Nur der Kaiser fehlte

Erwin Koller 4. Dezember 2025

EU berechenbarer als USA

Martin Gollmer 4. Dezember 2025

Dröhnendes Schweigen um Venezuela

Erich Gysling 1. Dezember 2025

Spiegel der Gesellschaft im Wandel

Werner Seitz 1. Dezember 2025

Bücher zu Weihnachten

1. Dezember 2025

Newsletter abonnieren

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Zurück zur Startseite
Journal 21 Logo

Journal 21
Journalistischer Mehrwert

  • Kontakt
  • Datenschutz
  • Impressum
  • Newsletter
To top

© Journal21, 2021. Alle Rechte vorbehalten. Erstellt mit PRIMER - powered by Drupal.