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Kommentar

Schwierige Regierungsbildung

23. Februar 2025 , aktualisiert
Heiner Hug
Friedrich Merz
Die Union von Friedrich Merz gewinnt die Bundestagswahl erwartungsgemäss klar mit 28,5 Prozent der Stimmen. Die AfD kommt auf 20,8 Prozent, die SPD auf 16,4 Prozent, die Grünen auf 11,6 Prozent, die Linke auf 8,6 Prozent, das Bündnis Sahra Wagenknecht verpasst mit 4,98 Prozent der Stimmen ein Einzug in den Bundestag haarscharf. Auch die FDP scheitert an der 5-Prozet-Hürde. Das Bild zeigt Friedrich Merz am Wahlabend (Keystone/(AP/Markus Schreiber)

Der vermutlich neue Bundeskanzler Friedrich Merz hat letzte Woche an einer Wahlveranstaltung erklärt, er hoffe auf ein Ergebnis von über 30 Prozent. Das hat er nicht erreicht. Mit 28,5 Prozent der Stimmen liegt er klar darunter. 

Um die Mehrheit im deutschen Bundestag zu erreichen, braucht es mindestens 316 Sitze. Rein rechnerisch kämen CDU/CSU, SPD und Grüne auf 413 Sitze. Doch da gibt es ein Problem. Im Wahlkampf hatte CSU-Chef Markus Söder es kategorisch ausgeschlossen, mit den Grünen zu koalieren. Auch Friedrich Merz hatte noch am Vorabend der Wahl giftige Pfeile gegen die SPD und die Grünen abgeschossen. Nicht gerade eine gute Grundlage, um die beiden nachher ins Bett zu holen. Die Grünen  und die arg geschrumpfte SPD werden sich also sehr bitten lassen, mit Merz und Söder zusammenzuarbeiten.

Doch die Grünen braucht es gar nicht mehr, und das ist bitter für Robert Habeck, den Parteichef. Wird er die Konsequenzen ziehen und zurücktreten? 

Für eine Grosse Koalition zwischen Union und SPD würde es reichen, allerdings eher knapp. Beide Parteien zusammen kämen auf 328 Sitze. Obwohl die beiden zur Zeit nicht gut aufeinander zu sprechen sind, ist Schwarz-Rot die am ehesten mögliche Lösung. 

Andere Koalitionen (ohne AfD) kämen nicht auf die erforderlichen 316 Sitze: SPD und Grüne zusammen totalisieren 293 Sitze. SPD, Grüne und Linke kommen auf 269 Sitze. Wird Deutschland bald von einer CDU-Minderheitsregierung regiert? Der Rauswurf der FDP erschwert Friedrich Merz das Leben?

Auch wenn die Union sich jetzt – zu Recht – als strahlende Siegerin präsentiert: Ganz so überwältigend ist das Resultat dann doch nicht. Die 28,5 Prozent sind das zweitschlechteste Ergebnis, das CDU/CSU je erzielt haben. Ihr  schlechtestes Ergebnis mussten sie vor vier Jahren registrieren: 24,1 Prozent. 

Nicht nur bei den Grünen könnte das Ergebnis personelle Konsequenzen haben. Am Sonntagabend schlug die SPD-Führung den Parteichef Lars Klingbeil als neuen Vorsitzenden der Bundestagsfraktion vor. Der derzeitige Fraktionschef Rolf Mützenich kündigte in einem Brief seinen Rückzug an. Und was geschieht mit Olaf Scholz, der die Verantwortung für das Desaster übernahm? Wird er durch Boris Pistorius ersetzt?

Die SPD, die ihr historisch schlechtestes Ergebnis einfuhr, empfindet wenig Lust, mit Merz zu paktieren. Viele in der SPD empfehlen der Partei nach der Schmach an diesem Sonntag, in die Opposition zu gehen. SPD-Vereidigungsminister Pistorius sprach von einem «niederschmetternden, katastrophalen Ergebnis». 

Ein weiteres Opfer des Wahltags ist Christian Lindner, der Parteichef der Freien Demokraten (FDP). Er kündigte noch am Wahlabend seinen Rücktritt an. «Nun scheide ich aus der aktiven Politik aus.»

Die vor kurzem noch von vielen für tot erklärte Linke erzielt einen überraschenden Erfolg, der sich in den letzten Tagen allerdings abgezeichnet hat. 8,8 Prozent ist für die Linke ein stolzes Ergebnis. Beobachter führen dies auf das Schwächeln der SPD zurück.

Alle Parteien haben es kategorisch ausgeschlossen, mit der teils rechtsextremen, vom Verfassungsschutz beobachteten AfD von Alice Weidel eine Koalition einzugehen. Beobachter hatten befürchtet, dass die jüngsten Messerattacken in Mulhouse, Berlin und Aschaffenburg der AfD weiteren Zulauf bringen könnten. Doch die 20,8 Prozent, die die Rechtsextremen jetzt erzielten, entsprechen ziemlich genau dem Ergebnis, das die Meinungsforscher seit Wochen voraussagten.

Bitter ist das Ergebnis für Sahra Wagenknecht. Sie verfehlt den Einzug in den Bundestat um nur 0,03 Prozent der Stimmen. Doch auch wenn sie die 5-Prozent-Hürde geschafft hätte: die  anderen Parteien zeigen wenig Lust, mit der nicht immer ganz einfachen Sahra W. zusammenzuarbeiten. Dass Wagenknecht eine Neuauszählung der Stimmen frodert, liegt auf der Hand. 

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