Es ist für alle Liebhaber klassischer Musik ein Wunder, zu erleben, was Franz Schubert in seinem letzten Lebensjahr 1828, von Krankheit gezeichnet, an Noten niederschrieb. Ich widme mich hier seinem einzigen Streichquintett, das die Besonderheit aufweist, zwei Violoncelli als Besetzung zu haben anstelle der vertrauten im Genre üblichen zwei Bratschen.
Die Musikgeschichte von Genies der Tonschöpfungen kennt solche Wunder und verzeichnet sie als nie ganz begreif- und erklärbar. Schuberts Kompositionen geht der Ruf ihrer «himmlischen Längen» voraus, obwohl wir wissen, dass sie keine einzige überflüssige Note enthalten.
Das Werk hat vier Sätze, ein einleitendes Allegro ma non troppo, gefolgt von einem Adagio, einem Scherzo mit Trio (andante sostenuto). Der Schlusssatz ist ein Allegretto, ein noch einmal alle Register der fünf Instrumente einsetzendes Finale.
Joachim Kaiser, der grosse Münchner Musikkritiker, schreibt über das Werk: «Vor Franz Schuberts Streichquintett in C-Dur verneigen sich alle Menschen, denen Musik, Kammermusik gar, etwas bedeutet, glücklich bewundernd – oder sie schwärmen. Das Werk nimmt einen singulären Platz in Schuberts Schaffen, ja gar in der Musikliteratur ein. Es ist rätselhaft, und es ist vollendet. Mit Worten kann kein Mensch das tönende Mysterium dieses Werkes völlig enträtseln oder auf Begriffe bringen.»
Schon der erste Satz bringt Kontraste zwischen Pianissimo und Forte-Ausbrüchen zum Vorschein. Die Wahl von zwei Celli ermöglicht ungeahnte Melodieführungen in der Höhe des ersten Cellos und verleiht dem zweiten die grundierende Basslinie. Auch in der Harmonik ist Schubert ein Erneuerer erster Güte.
Das Adagio sehen viele als das Herzstück des Werkes an. Ein Espressivo-Strom der Mittelstimmen sondergleichen, grundiert von Pizzicato-Klängen. Das Adagio hat einen aufgewühlt belebten f-moll-Zwischenteil, um danach wieder zur idyllischen Serenität des Anfangs zurückzukehren.
Auch das Scherzo lebt von Kontrasten. Nach der Fröhlichkeit und Klangmächtigkeit der fünf Streicher wartet es mit einem Trio auf, das wieder zu schattenhaften Jenseitsklängen zurückfindet.
Das Finale ist ein Allegretto, das wohl ungefährdete Fröhlichkeit und Lebensfreude vorspiegelt. Doch auch hier sind die Melancholie und das Ahnen eines nahen Endes nicht fern. Und sei es im chromatischen Schlussakkordvorschlag.
Alle grossen Streichquartette haben mit Zuzug eines bedeutenden zweiten Cellisten dieses Werk eingespielt. So ist an schönen Aufnahmen auf dem Markt kein Mangel. Meine bevorzugte Aufnahme ist und bleibt die aus dem Jahr 1961 mit Jascha Heifetz und Israel Baker an der Violine, William Primrose an der Viola und Gregor Piatigorski und Gabor Rejto an den Celli.