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Korea

Säbelrasseln im Koreakonflikt

24. Dezember 2010 , Genf
Pierre Simonitsch
Südkorea hat am Donnerstag grosse Manöver an der Grenze zu Nordkorea eingeleitet. Sie sollen vier Tage dauern. 800 Infanteristen, unterstützt von Kampfflugzeugen, Panzern, Helikoptern und Artillerie nehmen an den angeblich „grössten Wintermanövern“ teil, die die Republik Korea je durchführte.

Zuvor begann die südkoreanische Marine Schiessübungen mit scharfer Munition nahe der Demarkationslinie. „Wir werden den Feind hart bestrafen, wenn er uns erneut provoziert wie mit der Beschiessung der Insel Yeonpyeong“, erklärte der kommandierende Brigadegeneral Ju Eun-Sik.

Das Säbelrasseln steht im Widerspruch zur Zurückhaltung, die sich die Regierungen der beiden koreanischen Staaten in den vergangenen Tagen auferlegt hatten. Die als Antwort auf die Beschiessung der Insel Yeonpyeong durch Nordkorea durchgeführten südkoreanischen Militärübungen wurden nach 94 Minuten abgeblasen. Die Nordkoreaner enthielten sich jeglicher Drohung. Grund der ungewöhnlichen Passivität war wohl die Anwesenheit des inoffiziellen US-Unterhändlers Bill Richardson in Pjöngjang.

Kurswechsel Nordkoreas?

Nordkorea sucht offenbar wieder das Gespräch. Richardson brachte von seinem „privaten Besuch“ einige Überraschungen heim: Die Nordkoreaner wollen ihre Nuklearanlagen von der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) überwachen lassen. Sie erklärten sich auch bereit, 12.000 Reaktorbrennstäbe ins Ausland zu verkaufen. Dieser Schritt würde ihre Fähigkeit, ein Atomwaffenarsenal zu bauen, bedeutend verringern.

Der Süden hält sich mit Stellungnahmen zum Kurswechsel Nordkoreas noch zurück. Man müsse die volle Reichweite des Inspektionsangebots und die dahinter liegenden Gründe abschätzen, sagte ein Regierungssprecher in Seoul. Die Sprecherin des chinesischen Aussenministeriums gab bekannt, dass Peking die nordkoreanische Führung zur Einladung von IAEO-Inspektoren dränge.

Nordkorea war 1985 dem Atomwaffensperrvertrag (NPT) beigetreten, liess aber die IAEO nicht an seine Nuklearanlagen heran. Erst 1994 schlossen die Nordkoreaner ein Überwachungsabkommen mit der IAEO ab, nachdem ihnen US-Präsident Bill Clinton vertraglich die Lieferung von zwei Atomkraftwerken zugesichert hatte. George W. Bush machte den Handel rückgängig. Daraufhin kündigte Nordkorea 2002 den NPT und warf die IAEO-Inspektoren hinaus. Diese durften 2008 noch einmal ins Land, um die bei den Sechs-Parteien-Gesprächen in Peking vereinbarte Demontage eines mehr als 50 Jahre alten Reaktors in Yongbyon zu überwachen. Aus diesem Reaktor stammte das Plutonium, mit dem Nordkorea zwei Atomwaffenversuche durchgeführt hat.

Immer wieder neue Tricks

Jetzt haben die Nordkoreanern auf dem gleichen Areal von Yongbyon in Rekordzeit eine Uran-Anreicherungsanlage mit 2000 Zentrifugen gebaut. Angeblich wird darin nur leicht angereichertes Uran ( LEU) für Reaktoren hergestellt. LEU eignet sich nicht für Atomwaffen.

Westliche Experten trauen aber der Sache nicht. Sie vermuten, dass die Nordkoreaner neben ihrer Vorzeigefabrik noch geheime Anreicherungsanlagen besitzen. Dies würde erklären, wie sie es schafften, ein so komplexes Werk in zwei Jahren aus dem Boden zu stampfen. Es drängt sich auch der Verdacht auf, dass das nordkoreanische Atomwaffenprogramm vom Plutonium auf das handlichere Uran umsattelt. Der Unterschied zwischen einem Reaktorkern und einem Atomsprengsatz liegt physikalisch einzig im Anreicherungsgrad des Spaltmaterials mit dem Isotopen U-235.

Nach den bisherigen Erfahrungen zaubert das Kim-Regime stets neue Tricks aus seiner Kiste. Es wäre daher verfrüht, einen diplomatischen Durchbruch zu feiern. Die IAEO hat sich noch nicht mit einer möglichen, wenngleich noch wenig wahrscheinlichen Wiederaufnahme von Inspektionen in Nordkorea befasst. Der Botschafter eines westlichen Landes meint im Gespräch mit „Journal 21“, dass vor der nächsten Sitzung des Gouverneursrats (des 35-köpfigen Führungsgremiums der Organisation) im März kommenden Jahres keine greifbaren Ergebnisse zu erwarten sind.

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