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Kultur am Montag

Rechberg: Barockes Juwel in Zürich

3. Februar 2014
Alex Bänninger
Die 1770 erbaute herrschaftliche Anlage ist mit denkmalpflegerischer Kunst renoviert worden.

Das kleine Ährenbündel an der Stuckdecke, der winzige Hirsch und das Schweinchen mit Borsten, die frech stilisierten Zürcher Wappen an den Wänden oder die duftigen Brautschleier als Vorhänge verblüffen, erfreuen das Auge und verdeutlichen, mit welcher Liebe zum Detail und mit welchem kreativen Mut der "Rechberg" von der Architektin Tilla Theus renoviert worden ist, unterstützt von Meistern der Handwerkskunst. Das Palais, die Nebengebäude und der Garten sind ein barockes Fest. Der Zürcher Regierungsrat verfügt für seine offiziellen Empfänge über einen stilvollen Rahmen, der kantonale Parlamentsdienst für seine Arbeit über eine stimulierende Umgebung. Ein Hauch royaler Noblesse durchweht den zwinglianisch-republikanischen Geist.

Kostbares Erbe

Wo seit Mitte des 15. Jahrhunderts die "Krone" mit einer Taverne am Zürcher Hirschengraben stand, liessen Anna und Hans Caspar Werdmüller-Oeri von 1759 bis 1770 - so lange, weil damals nur im Sommer gebaut werden konnte - mutmasslich nach Plänen von David Morf, dem Architekten des Zunfthauses "Zur Meisen", ihren Sitz in einer für die Stadt ungewöhnlichen aristokratischen Architektursprache errichten.

Die im Äusseren und Inneren mit ihrer Vollkommenheit bestechende Barock-Anlage wechselte 1839 zur Familie Schulthess, die sie in "Rechberg" umbenannte, dann zur Familie Vogel, die sie 1899 dem Kanton Zürich verkaufte.

Er nutzte sie für die Universität, die Staatskellerei, das Staatsarchiv und den Kirchenrat und beschloss 2004 die umfassende Renovierung, die nach sich hinziehenden Abklärungen des künftigen Verwendungszweckes im Mai 2012 begann, dieser Tage beendet werden konnte und 20 Millionen Franken kostete.

Altes respektiert, Neues gewagt

Fürs Büro Tilla Theus und Partner AG ging es darum, die originale Bausubstanz zu sichern und zu reparieren, spätere Zusatzverkleidungen zu entfernen und bei fehlenden Bauelementen durch zeitaufwändige Archivforschung den ursprünglichen Raumcharakter samt Farbigkeit und Helligkeit zu entdecken.

Das nahe liegende, weil konventionelle Vorgehen, nämlich das im Bestand nicht mehr Rekonstruierbare mit historisierendem Gefühl nachzubauen, wurde zugunsten einer schöpferischen und rationalen Neuinterpretation. verworfen. Sie respektiert den ursprünglichen Stil, bekennt sich aber zur Ehrlichkeit und weist Neues als solches aus.

Das gilt insbesondere für die Vorhänge, die Beleuchtungskörper und das Mobiliar. Die Tische entwickelte Tilla Theus eigens für den Rechberg, während die Sitzmöbel von Trix und Robert Haussmann. stammen, was die Architektin auch versteht als Reverenz ans internationale Renommee des Zürcher Designs. Im gleichen würdigenden Sinne schmücken Bilder von Zürcher Konkreten die Wände.

Der "Rechberg" durfte kein Wohn-Museum werden. Er wurde so hergerichtet, dass in ihm nach heutigen Bedürfnissen gelebt werden kann.

Lobenswerte Haltung

Nach der Renovation nimmt der "Rechberg" in Zürichs barockem Dreigestirn mit dem "Muraltengut" und der "Meise" den leuchtendsten Platz ein. Er ist mit jenem Impetus erneuert worden, der die Erbauer vor 250 Jahren beflügelte.

Auch mit der Beherztheit fürs Ungewöhnliche, Einzigartige, selbstbewusst Stilvolle, was in Zeiten des entweder niedlichen oder klotzigen Bauens nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Hinter dem Juwel steckt eine lobenswerte Haltung.

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