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Sprach-Akrobatik

Propaganda

16. März 2018
Stephan Wehowsky
Über die Propaganda zu Grossvaters Zeiten haben wir schon herzlich gelacht. Jetzt ist uns das Lachen vergangen.

Grossvaters Propaganda können wir im Rückblick mit ihren vermeintlichen Horrorbildern leicht durchschauen. Aber Grossvater ist tot, und die Propaganda hat jetzt ganz neue Gestalten angenommen. Sind wir ihr gewachsen?

Es gibt ein paar Merksteine: Die Sprache eskaliert. Politiker benutzen Ausdrücke für ihre Widersacher, die keinen Spielraum mehr lassen: „Schurkenstaat“. Schurken kann man nur noch abknallen. Die Sprache kommt vor dem finalen Knall; sie ist bis zum Blödsinn ausgereizt.

Da merkt auch der Letzte, dass es sich hierbei um Propaganda handeln muss. Die Treppchen aber, die dazu führen, wecken zunächst keinerlei Verdacht. Denn es gibt immer „Beweise“. Da gibt es ein Gift aus Russland, das in England im Zusammenhang mit einem Mordfall gefunden wurde. Noch Fragen? Die juristische Sprache kennt die „Unschuldsvermutung“. Das ist nichts für den Boulevard, aber die Sprache könnte, wenn sie nicht auf den Boulevard verengt wäre, Räume schaffen, in denen nicht gleich geschossen wird – auch nicht propagandistisch.

Propaganda wird heute nicht mehr von Generalstäben oder Geheimdiensten betrieben. Kommunikationsprofis in deren Diensten wissen, was die Leute hören und lesen wollen. Also liefern sie. Das machen sie sehr gut. Besser geht es nicht mehr.

Denn wir können nicht mehr zwischen Informationen unterscheiden, die in propagandistischer Absicht verbreitet werden, und denen, die den Tatsachen entsprechen. Die Propagandisten auf allen Seiten haben gelernt, dass nur noch eine Sprache im Stil der News und der Fachinformation zählt. Also bieten sie in dieser Form, was so plausibel klingt, dass die Leute es einfach glauben müssen.

Effizienter kann kein Agent sein. Während der noch die Fakten zusammenstoppelt, liefern seine PR-Fachleute die elegante Sprache, der keiner widersprechen kann und die die beste Vorbereitung für den nächsten Krieg ist.

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