Darf Kunst einfach Freude machen, Lustgefühle wecken, frühkindliche Glücksmomente heraufbeschwören? Die Künstlerin, die bei ihrem Kindernamen geblieben ist, lässt sich von solchen Fragen nicht anfechten. In der internationalen Kunstszene hat die in Zürich lebende 53-jährige St. Gallerin längst einen grossen Namen. Sie wurde vielfach ausgezeichnet.
Im Zürcher Kunsthaus präsentiert Pipilotti Rist Video-Installationen und Objektkunst aus den letzten dreissig Jahren zusammen mit eigens für diese Ausstellung geschaffenen Werken. Die Besucher tauchen ein ins Dunkel des grossen Bühre-Saals und bewegen sich in einer Zauberwelt der schwebenden Projektionen, der von fliessenden Bildern belebten Objekte, des Skurrilen, Träumerischen und vor allem Bunten.
Hier gilt kein museales Berührungsverbot. Man darf sich auf Sofas und Sesseln fläzen, in ein Bett legen, am Schreibtisch in Papieren blättern. Kein Wunder, fühlen Kinder sich hier willkommen und sichtlich wohl.
Im hinteren Teil des Saals geht man durch die ausgedehnte Installation «Pixelwald» und schaut auf die riesige Videoprojektion «Worry Will Vanish Horizon». Der Wald, das sind von der Decke hängende Ketten von LED-Leuchten, die in wechselnden Farben glimmen oder strahlen. An den zwei Wände füllenden Videos kann man sich kaum satt sehen. Es ist eine natürliche Bilderwelt von atemberaubender Künstlichkeit, ein unablässiger visueller Strom, der zudem noch mit den Farbenspielen des Pixelwaldes interagiert.
Es wird keine zwei Besucher geben, welche die gleiche Schau erleben. Die ungleichen Zyklen der Bildläufe ergeben endlos unterschiedliche Konstellationen. An den Objekten haften Assoziationen und Geschichten, die jede und jeder anders entschlüsseln wird. Wer eintaucht in diese Zauberwelt und sich darauf einlässt, die Geschichten der Objets trouvés weiterzuspinnen, wird Freude und Lust spüren und sich an Glücksmomente der Kindheit erinnert fühlen. Und wird nicht fragen, ob Kunst das dürfe.
Kunsthaus Zürich: Pipilotti Rist, bis 8. Mai 2016