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Israel

Netanjahu sitzt auf dem Pulverfass und zündelt

7. April 2023
Peter Philipp
Südlibanon zerstörte Brücke
Einheimische im südlibanesischen Dorf Alqulaylah schauen auf eine Brücke, die durch einen Luftangriff zerstört wurde. Das israelische Militär hat am 6. und 7. April im Gazastreifen und im Libanon zugeschlagen, nachdem ein Zwischenfall in der Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem zu Spannungen geführt hatte. (Keystone/EPA, Wael Hamzeh)

Der israelische Premier und seine Koalition gehen voll auf Konfrontationskurs. Sie stossen die Opposition vor den Kopf, heizen Auseinandersetzungen mit Palästinensern an und setzen noch vorhandene und erst zaghaft aufkeimende Beziehungen in Nahost aufs Spiel.

Erst kürzlich noch hatten israelische Militärexperten ein düsteres Bild der bevorstehenden Sicherheitslage ihres Landes gemalt: Die Tatsache, dass die Zahl der Reservisten unter den regierungskritischen Demonstranten immer weiter wachse, stelle ein ernstzunehmendes Sicherheitsrisiko dar.

In der Tat waren Immer mehr Reservisten aus Protest gegen den Versuch der Regierung Netanjahu, mit Hilfe einer «juristischen Reform» das Rechtswesen des Staates auszuschalten, auf die Strasse gegangen, um gegen die rechts-nationalistische Koalition Netanjahus zu protestieren. Zugleich war aber auch die Zahl der Reservisten gestiegen, die gar nicht erst zum Reservedienst antraten und es statt dessen vorzogen, Israel zu verlassen.

Kein Gehör für wachsende Kritik

Netanjahu gab sich davon unbeeindruckt. Nicht einmal die Prognose, dass seine Regierung ihre knappe Mehrheit verlieren verlieren könne, bremste ihn; ebenso wenig die Tatsache dass seine Koalition nicht nur zu Hause unter wachsende Kritik geriet, sondern auch weltweit. So liess er etwa die unbekümmert-unverfrorenen Erklärungen rechter Exponenten unkommentiert, es gebe gar keine Palästinenser und das gesamte Gebiet des historischen Palästina gehöre nun einmal zu Israel. 

Solche Provokationen haben unter anderem sogar die Beziehungen zu den USA in Frage gestellt. Sie bringen auch das Einzige an Positivem in Gefahr, das Netanjahu von Bidens Vorgänger Trump «geerbt» hatte: Eine Reihe von Friedensverträgen («Abraham-Abkommen») mit arabischen Staaten vom Persischen Golf bis an den Atlantik. 

Netanjahu gibt sich weitgehend unbekümmert: Seine Polizei ist in den letzten Tagen wieder einmal mit Waffengewalt gegen palästinensische Demonstranten auf dem Tempelberg vorgegangen und hat damit gewollt oder ungewollt das Signal zur jüngsten Runde der Gewalt gegeben. In der linksliberalen Tageszeitung «Ha Aretz» wird er zitiert, dass Israels Sicherheitsantwort «von unseren Feinden einen beträchtlichen Preis fordern» werde. 

Was er konkret darunter versteht, zeigt sich in den alltäglichen Nachrichten aus der Region: Beschuss aus dem Gazastreifen löst Luftangriffe der israelischen Luftwaffe aus; Israelis mit Waffenschein werden aufgefordert, nur noch mit ihrer Waffe in die Regionen der Palästinenser zu gehen; die Häuser von Verwandten palästinensischer Täter werden weiterhin dem Boden gleichgemacht.

Unbedachte Aussenpolitik

Und auch was die Beziehungen Israels zu den anderen Staaten in der Region angeht, ist nicht viel Positives zu erwarten. Vor allem die Vermittlung Chinas zwischen Saudi-Arabien und dem Iran dürfte Israel – und nicht nur diesem – noch einiges Kopfzerbrechen bereiten. Es Ist kaum anzunehmen, dass die «Abraham-Abkommen» sich weiter zum Vorteil ihrer Unterzeichner entwickeln, wenn die mehr oder weniger offenen Israel-Gegner Iran und Saudi-Arabien ihre bisherige Haltung unverändert beibehalten. Ausserdem dürfte auch mit einem Abbau des US-Engagements in der Region zu rechnen sein.

Wie unbedacht die Regierung Netanjahu aussenpolitisch vorgeht, mag die Tatsache illustrieren, dass Israel zum ersten Mal nach anderthalb Jahrzehnten Luftangriffe im Libanon durchführte, weil von dort Raketen auf Israel abgeschossen worden waren. Und das, obwohl führende libanesische Politiker sich nachdrücklich von dem Raketenangriff distanzierten! Die Regierung Netanjahus scheint bereit zu sein, die Beziehungen zum Libanon vollends scheitern zu lassen, statt mit friedfertigen Politikern dort Kontakte zu suchen.

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