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USA-Iran

Menschen als Spielball der grossen Politik

11. August 2023
Erich Gysling
Erich Gysling
Iran, Schnellboote
Manöver-Übung mit Schnellbooten der iranischen Revolutionsgarden am Persischen Golf. Die Übung fand am 2. August statt, nachdem die USA eine verstärkte Flottenpräsenz in dieser Region angekündigt hatten. Die Entscheidung Washingtons hängt mit der iranischen Beschlagnahme mehrerer Tankerschiffe zusammen. (Foto: Keystone/Sepahnews via AP)

Iran stellt die Welt auf die Probe – das Regime, verhärtet wie seit den Anfangsjahren der islamischen Republik unter Ayatollah Khomeini nicht mehr, hat durchgesetzt, dass die USA eben grünes Licht gegeben haben für die Rücküberweisung von rund sechs Milliarden Dollar aus Südkorea nach Teheran.

Gelder, die aufgrund der einseitig von den Vereinigten Staaten erlassenen Sanktionen jahrelang in Seoul blockiert waren – eine Schuld, die Südkorea von Anfang an anerkannte, die es aber aufgrund der von Donald Trump in dessen letzten Präsidentschaftstagen verfügten Sanktions-Guillotine gegen Iran nicht begleichen konnte.

Es ging um Importe von Erdöl und Erdgas aus Iran nach Südkorea noch in den Jahren der relativen Entspannung gegenüber Teheran, also um die Zeit zwischen 2015 und 2018.

Mehr als eine Fussnote

Die Freigabe der Milliarden könnte man als Fussnote abtun, stünde sie nicht in direktem Zusammenhang mit einem lokalen Ereignis in der iranischen Hauptstadt. Dort wurden eben fünf iranisch-amerikanische Doppelbürger aus dem Gefängnis – vorläufig in Hausarrest, mit der Aussicht auf Erlaubnis auf Ausreise – entlassen. Und man lese und staune, sogar die iranische Regierung steht dazu, dass diese Entscheidung über das Schicksal von fünf Menschen getroffen wurde, weil sie sich mit dem «grossen Teufel», den USA, über die Deblockierung der Milliardengelder in Südkorea habe einigen können. Faktisch hat das eine mit dem anderen null und nichts zu tun. Die Entscheidung des Regimes ist schlicht ein Beweis dafür, dass die Inhaftierung irgendwelcher Menschen in Iran reine Willkür ist und dass Verhaftete nichts mehr und nichts weniger sind als Verhandlungsmasse für politische und wirtschaftliche Zwecke.

Klar, man kann auch argumentieren: Gut, dass nun auf beiden Seiten eine Art von Wiedergutmachung stattfindet, zugunsten von fünf Menschen einerseits, zugunsten der iranischen Staatskasse anderseits. Nur führt diese Überlegung schnell zur bitteren Nachfrage, ob es denn im Sinn und Geist des Westens respektive der USA ist, dass Iran nun, mitten im Krieg des von Iran unterstützten Russlands gegen die Ukraine, eine recht substantielle Finanz-Spritze erhält. Das Geld kann Iran helfen, noch mehr Drohnen zu konstruieren, die über das Schwarze Meer nach Russland transportiert und dann gegen die Ukraine eingesetzt werden.

Das Atomabkommen

Dem begegnen die USA unter anderem damit, dass sie noch mehr Gelder zugunsten der ukrainischen Streitkräfte freigeben, eben nochmals 200 Millionen Dollar. Und die USA versuchen auch auf anderen Ebenen den Spagat: Sie signalisieren dem iranischen Regime, dass sie weiterhin, bisherige Nicht-Resultate hin oder her, an einer Fortsetzung des Dialogs über eine Neubelebung des von Donald Trump in den Abfall beförderten Atom-Abkommens interessiert seien, und immerhin, ab und zu gibt es zu diesem (wirklich wichtigen) Thema eine Gesprächsrunde.

Das wirkt wie ein Wunsch nach Entspannung – aber parallel dazu schickt das Pentagon jetzt tausende Marines plus Schiffe und Kampfflugzeuge in die Region des Persischen Golfs. US-Militärs könnten bald, so kündigt es das US-Verteidigungsministerium an, auf kommerziellen Schiffen beim Passieren der Fahrtrinnen in der Meeresenge von Hormuz, am Zugang zum Golf, stationiert werden – als klare Drohung gegen Iran, dem die USA vorwerfen, mehrere Öltankschiffe gekapert zu haben.

Was ist nun wahr oder zumindest näher an der Wahrheit? Muss man das Säbelrasseln um die Schifffahrt im Persischen Golf ernst nehmen, droht da der nächste Konflikt? Oder sind die Schalmeien-Signale des (eigentlich menschenunwürdigen) Handels «Freilassung von fünf Menschen in Teheran gegen Milliarden-Transfers aus Südkorea» ein Anzeichen für baldige Entspannung?

Sorge wegen der atomaren Gefahr

Wirkliche Entspannung ist nicht vorstellbar – zu sehr hat sich die Führung Irans zu Solidarität mit und Waffenhilfe für Russland einspannen lassen. Zu gross ist das Missbehagen im Westen gegen die ständig noch drastischer verschärfte Repression des iranischen Regimes gegen Frauen. Aber all dem entgegen steht das grosse, global wichtige Thema: Kann Iran von der atomaren Entwicklung, von der Atombombe, durch Diplomatie abgehalten werden?

Diese Frage überlagert letzten Endes alles andere im westlich-iranischen Spannungsfeld. Alle wissen: Wenn klar ist, dass das Regime Teherans kurz vor der Entwicklung der Bombe steht, wird Israel zuschlagen. Weil es sich durch Iran als Atommacht tödlich bedroht sieht. Dann droht ein weiterer, verheerender Krieg im Nahen und Mittleren Osten, mit nicht absehbaren Konsequenzen. Das wollen die USA um vielleicht nicht jeden, aber doch um viele Preise vermeiden – daher ihre derzeitige widerspruchsvolle Taktik: Milliarden-Gelder für Teheran, gleichzeitig Aufbau einer militärischen Drohkulisse im Persischen Golf.

Einzelne Schicksale, etwa jene der fünf US-Iraner, die nun provisorisch frei kamen: Die sind Manövriermasse der grossen Politik

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