Und jetzt Slowjansk, Kramatorsk und Bachmut: Nach dem Fall der ostukrainischen Stadt Lyssytschansk stossen die Russen nach Süden vor. Die Städte Slowjansk, Kramatorsk und Bachmut werden intensiv bombardiert. Doch «der Kampf um den Donbass ist noch nicht vorbei», sagte Jurij Sak, der Sprecher des ukrainischen Verteidigungsministeriums.
Das ukrainische Verteidigungsministerium hatte am Sonntagabend bestätigt, dass die wichtige ukrainische Stadt Lyssytschansk, eine Zwillingsstadt von Sewerodonezk, von den Russen übernommen wurde. Damit haben die russischen Streitkräfte fast die gesamte Provinz (Oblast) Luhansk erobert. Jetzt gehen sie daran, die Nachbarprovinz Donezk zu kontrollieren.
Putins erstes erklärtes Ziel ist es, den ostukrainischen Donbass zu erobern – und vermutlich dann ins russische Staatsgebiet einzugliedern. Gebildet wird der Donbass aus den Provinzen Luhansk und Donezk.
«Wahrscheinlich bald erschöpft»?
Der Russlandexperte Professor Mark Galeotti erklärte gegenüber der BBC, die grosse Ungewissheit sei, «wie viel metaphorischen Treibstoff die Russen noch im Tank haben und wie weit sie ihre Offensive noch vorantreiben können». Er rechnet damit, dass die russischen Truppen «wahrscheinlich bald erschöpft sein werden».
Die nächste Stadt, die die Russen ins Visier nehmen, ist vermutlich Slowjansk. Die Stadt zählte zu Beginn des Krieges 100’000 Einwohner. Viele von ihnen sind bereits in den Westen geflüchtet. Am Sonntag starben beim russischen Beschuss sechs Menschen, 19 wurden verletzt. Nach Angaben des Bürgermeisters der Stadt beschiessen die Russen wahllos Wohnquartiere.
Rückzug auf neue Verteidigungslinien
Kurz vor Beginn des Krieges hatte Präsident Putin die sezessionistischen «Volksrepubliken» Luhansk und Donezk als «unabhängig» anerkannt. Nach der russischen Eroberung der Krim-Halbinsel im Jahr 2014 hatten sich diese beiden Provinzen vom ukrainischen Mutterland abgesetzt.
Der Fall von Lyssytschansk erfolgte schneller als erwartet. Die Stadt liegt auf einer Anhöhe. Um nicht eingekesselt zu werden und weiterkämpfen zu können, haben sich die ukrainischen Truppen am Wochenende auf eine neue Verteidigungslinie zurückgezogen.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj gibt Lyssytschank noch nicht endgültig verloren. «Wir formieren uns neu, wir werden zurückkommen», sagte er.
«Den Schwung beibehalten»?
Auch nach dem Fall von Lyssytschansk haben die Russen den gesamten Donbass noch lange nicht erobert. Die ukrainische Armee kontrolliert in der Provinz Donezk noch immer grosse städtische Gebiete.
Die Frage ist nun, ob die Ukraine den geplanten russischen Vormarsch mit neuen Verteidigungslinien stoppen kann und ob Russland – so westliche Geheimdienste – «den Schwung beibehalten kann».
«Der Kampf um den Donbass ist noch nicht vorbei», sagte am Sonntag Jurij Sak, der Sprecher des ukrainischen Verteidigungsministeriums. Die Ukraine setzt nun ihre Hoffnung auf die langsam eintreffenden westlichen Waffen. Die ukrainischen Streitkräfte würden «schliesslich eine ausreichende Anzahl schwerer Artillerie und anderer Waffentypen anhäufen, die es uns ermöglichen werden, unser Land zu befreien», hofft Sak.