«Dieser Mann darf nicht bleiben», sagt der amerikanische Präsident in Warschau in einer vom Fernsehen übertragenen Rede. Seine Botschaft an das ukrainische Volk sei: «Wir stehen an eurer Seite.» Er habe immer wieder versucht, eine diplomatische Lösung mit Putin zu erreichen, erklärte Biden. Putin habe ihm immer versichert, die Ukraine nicht anzugreifen. «Es kamen nur Lügen, wie aus einem Automaten», sagte Biden.
Wird laufend aktualisiert
- Biden nennt Putin einen «Schlächter»
- Russischer Strategiewechsel?
- Maulwürfe in der russischen Armee?
- Biden trifft ukrainische Minister
- Ukrainisches Luftwaffen-Hauptquartier getroffen
- Wieder russischer General getötet
- «Wagner»-Söldner im Donbass
- Frankreich will Menschen in Mariupol evakuieren
- Sergej Schoigu ist in einem angeblich aktuellen Video zu sehen
Russland ist ins 19. Jahrhundert zurückgefallen
Biden sprach vor dem Königsschloss in Warschau. Putin sei ein Diktator, der wieder ein Imperium errichten wolle, doch er werde scheitern. Der Westen sei stärker und geeinter als je zuvor. Auch die Nato sei noch nie so geeint gewesen. An der Ostflanke des Bündnisses stünden nun 100’000 Soldaten. «Das wollte Putin alles nicht», sagte Biden. Der Überfall auf die Ukraine sei nicht im Sinne des russischen Volkes. Das russische Volk sei nicht der Feind. Das Land sei unter Putin ins 19. Jahrhundert zurückgefallen.
«Rasche und strafende Kosten sind das Einzige, was Russland dazu bringen wird, seinen Kurs zu ändern», sagte Biden und bezog sich dabei auf die Sanktionen gegen Russland.
Mit erhobener Stimme richtete er sich an Putin: «Denken Sie nicht einmal daran, auch nur einen einzigen Zentimeter Nato-Territorium zu betreten.»
«Heilige Verpflichtung»
Tausende Menschen hatten sich vor dem Königsschloss versammelt, um Bidens Rede zu hören.
Zuvor war Biden mit dem polnischen Präsidenten Duda zusammengetroffen und hatte ukrainische Flüchtlinge besucht. Während des Treffens mit der polnischen Führung sagte Biden, die USA würden es als «heilige Verpflichtung» betrachten, die Nato-Verbündeten zu verteidigen.
Auf eine Frage bezeichnete Biden Putin als «a butcher» (Schlächter).
Biden besucht Flüchtlinge
Leisere russische Töne
Der unerwartet heftige Widerstand der ukrainischen Streitkräfte zeigt vorerst Wirkung. Der russische Generaloberst Sergej Rudskoi sagte, die Eroberung von Kiew sei nun nicht das vorrangige Ziel. Die Russen würden sich jetzt auf den Osten des Landes konzentrieren, vor allem auf die «Befreiung» der östlichen Donbass-Region. Die Stadt Charkiw, die an den Donbass angrenzt, steht fast unter Dauerbeschuss.
«Neue Phase des Krieges»?
Der Krieg in der Ukraine könnte nach amerikanischen Geheimdienstkreisen in eine «neue Phase» treten. Die Russen haben wegen der fehlenden Erfolge offenbar ihre militärische Strategie geändert. Vorrangiges Ziel ist vorerst nicht mehr die Eroberung der Hauptstadt und anderer Städte, sondern ein Sieg im Osten des Landes. Dort, in der Donbass-Region, haben russische Separatisten 2014 die sezessionistischen «Volksrepubliken» Donetzk und Luhansk ausgerufen. Doch auch jetzt ist es den russischen Kräften noch nicht gelungen, die Region ganz zu dominieren.
Rudskoi sagte, die «erste Phase der Operation» sei «grösstenteils abgeschlossen». Die Russen hätten die Kampfkraft der ukrainischen Armee «erheblich reduziert». Die russischen Streitkräfte «schliessen aber nicht aus», Kiew und andere Grossstädte zu stürmen, wenn auch die Einnahme dieser Städte «nicht vorrangiges Ziel» sei. Sergej Rudskoi ist der erste stellvertretende Chef des Generalstabs.
Während des über einmonatigen Krieges ist es den Russen zwar gelungen, Kiew und andere Städte einzukesseln, doch eine Eroberung scheiterte. Die Russen begnügten sich damit, die grossen Städte mit Raketen zu beschiessen und eklatante Kriegsverbrechen zu begehen.
«Ablenkungsmanöver»
Die Erklärung von Generaloberst Rudskoj schien darauf hinzudeuten, dass Russland das ursprüngliche Ziel, die ganze Ukraine zu erobern, vorerst aufgegeben hat. Putin war offensichtlich überrascht vom heftigen Widerstand der Ukrainer und vor allem auch von den scharfen westlichen Reaktionen.
Beobachter warnen jedoch davor, die Erklärung von Rudskoi als längerfristigen russischen Strategiewechsel zu interpretieren. Russland wolle jetzt mit diesem «Ablenkungsmanöver» einfach Zeit gewinnen, um die angeschlagene Armee neu zu formieren und neue Kräfte ins Land zu holen, erklären ukrainische Beobachter. Mit der bisherigen Strategie hätten die Russen «einfach allzu viele Verluste» erlitten und könnten so nicht weitermachen.
Abgehörte Gespräche
Laut der New York Times haben westliche Geheimdienste Gespräche hochrangiger russischer Kommandanten aufgeschnappt. Dabei wurde erklärt, dass die Bemühungen um die Eroberung von Kiew und anderer Schlüsselgebiete im Norden und Westen des Landes aufgegeben würden.
Ukrainisches Luftwaffen-Hauptquartier getroffen
Russische Cruise Missiles haben das Hauptquartier der ukrainischen Luftwaffe in Winnyzia südwestlich von Kiew angegriffen und «schwere Schäden angerichtet. Insgesamt seien sechs Marschflugkörper abgeschossen worden. Einige hätten abgefangen werden können, doch mindestens zwei trafen das Gebäude. Auf Facebook wurden Bilder der Zerstörung veröffentlicht.
Gegenoffensive in Cherson
Ukrainische Streitkräfte erhöhen den Druck auf die südukrainische Stadt Cherson. Die Seehafenstadt Cherson mit ihren knapp 300'000 Einwohnern war von russischen Truppen Anfang April erobert worden. Bei der Rückeroberung der Stadt hätten die Ukrainer nach amerikanischen Angaben «einige Fortschritte» gemacht. Cherson hat grosse strategische Bedeutung. Würde die Stadt wieder in die Hände der Ukrainer fallen, würde das den russischen Angriff auf Mykolajiw erschweren.
Biden trifft ukrainische Aussen- und Verteidigungsminister
Das Weisse Haus teilt mit, dass der amerikanische Präsident am Samstag den ukrainischen Aussenminister Dmytro Kuleba und den ukrainischen Verteidigungsminister Oleskji Resnikow trifft. Dabei sein werden auch der amerikanische Aussenminister Antony Blinken und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin.
Ein angeblich aktuelles Video zeigt den russischen Verteidigungsminister
Anton Geraschtschenko, ein Berater des ukrainischen Innenministers, hat behauptet, der russische Verteidigungsminister habe einen Herzinfarkt erlitten.
Sergej Schoigu, ein enger Vertrauter Putins, war seit dem 11. März nicht mehr öffentlich gesehen worden, bis er am Donnerstag, 24. März, kurz in einem von Putin veröffentlichten Video auftauchte.
«Schoigus Herzinfarkt ereignete sich nach einer harten Anschuldigung Putins für das völlige Scheitern der Invasion in der Ukraine», schrieb Geraschtschenko auf Facebook und fügte hinzu, dass sich Schoigu derzeit in einem Spital «in der Rehabilitation» befinde. Kreml-Sprecher Peskow hatte vorgestern dementiert, dass Schoigu gesundheitliche Probleme habe. Der Verteidigungsminister arbeite sehr viel und erscheine deshalb nicht in der Öffentlichkeit.
Am Samstag veröffentlichte die russische Nachrichtenagentur ein Video, das aktuell sein soll, und das Schoigu zeigt, wie er an während einer Besprechung das Wort an hohe Offiziere richtet. Dabei sagte er, der Verteidigungsauftrag der Russen würde "planmässig erfüllt".
Weiterer Beschuss
Obwohl der russische Generaloberst Rudskoi angekündigt hatte, die grossen Städte seien zur Zeit nicht das vorrangige Ziel der Russen, gehen die Bombardierungen weiter. Charkiw, die zweitgrösste ukrainische Stadt wird pausenlos bombardiert. Auch nordwestlich von Kiew, bei Irpin, finden wieder heftige Kämpfe statt. Auch Kiew wurde auch in der Nacht zum Samstag beschossen.
Wieder ein russischer General gefallen
Der ukrainische Präsidentenberater Oleksi Arestowitsch meldet den Tod des 48-jährigen russischen Generals Jakow Resanew. Er war Kommandant der 49. Russischen Armee des südlichen Militärbezirks. Er sei auf einem Flughafen in der Nähe von Cherson «liquidiert» worden, sagte Arestowitsch. Wird diese Meldung bestätigt, so hat die russische Armee seit Beginn des Krieges bereits 15 hohe russische Militärs, darunter 6 oder 7 Generäle, verloren. Russland hat den Tod von Resanws bisher nicht bestätigt. Laut ukrainischen Angtaben war er massgebend für Kriegsverbrechen in Mariupol verantwortlich. In einem vom ukrainischen Geheimdienst abgehörten Telefongespräch sagte ein Soldat, Resanew sei der Meinung gewesen, der Krieg dauere nur wenige Stunden.
Eroberung von Slawutytsch
Slawutytsch, eine kleine Stadt in der Nähe des Atomkraftwerks Tschernobyl ist von russischen Streitkräften zumindest teilweise besetzt worden. Die Russen hätten das örtliche Spital beschlagnahmt und den Bürgermeister, Juri Fomitschow, eine Zeit lang festgenommen. Am Freitag hatte das russische Militär die 25'000 Einwohner zählende Stadt beschossen, erklärt der Leiter der regionalen Militärverwaltung Oleksandr Pawljuk. Die Einwohner der Stadt seien gehen die Russen auf die Strasse gegangen. Einige russische Soldaten schossen daraufhin in die Luft, konnten aber die Demonstranten nicht vertreiben. Unklar ist, ob die Russen die ganze Stadt kontrollieren.
Frankreich will Menschen aus Mariupol retten
Frankreich will zusammen mit der Türkei und Griechenland eingeschlossene Menschen in der südukrainischen Stadt Mariupol evakuieren. Paris stehe deshalb auch in Kontakt mit Russland. Die Aktion soll in den nächsten Tagen beginnen. Auch internationale Organisationen sollen beigezogen werden. In Mariupol herrschen katastrophale Zustände. Es fehlt an Wasser, Strom und Medikamenten. Am Freitag war bekanntgeworden, dass beim Beschuss einen Theaters in Mariupol am 16. März etwa 300 Menschen getötet wurden. Mit grosser weisser Schrift stand am Eingang des Theaters auf Russisch «Kinder», und zwar so, dass es die Piloten der angreifenden russischen Kampfflugzeuge gesehen haben mussten.
Die russische Armee «mittelalterlich», «ein Mythos»
Kyrylo Budanow, der Chef des militärischen ukrainischen Geheimdienstes, erklärt in einem Zeitungsinterview, die russische Armee, die zweitstärkste der Welt, habe gezeigt, dass sie «ein grosser Mythos» mit «mittelalterlicher Konzentration der Kräfte» und «alten Methoden der Kriegsführung» sei.
Maulwürfe?
Kyrylo Budanow sagte der amerikanischen Wochenzeitung «The Nation», die Ukraine besitze zahlreiche Informanten in der russischen Armee und in russischen politischen Kreisen. «Wir haben viele Informanten in der russischen Armee, nicht nur in der russischen Armee, sondern auch in ihren politischen Kreisen und ihrer Führung. Im November wussten wir bereits über die Absichten der Russen Bescheid.» Auch unter den Tschetschenen befänden sich viele Maulwürfe. «Sobald sie mit der Vorbereitung einer Operation beginnen, wissen wir das von unseren Informanten.»
«Schwierige Situation»
Budanow erklärte weiter, die Ukrainer hätten von «Fehleinschätzungen» der Russen profitiert. Doch die Situation sei nach wie vor «schwierig». «Wir haben grosse russische Streitkräfte auf unserem Territorium, und sie haben die ukrainischen Städte eingekesselt.»
Die «Wagner»-Söldner im Donbass
Söldner der berüchtigten «Wagner»-Miliz bereiten sich nach amerikanischen Informationen für einen «aktiven Einsatz» im Donbass vor. Bei der Wagner-Miliz handelt es sich um eine private Sicherheits- und Militärtruppe mit engen Verbindungen zu Präsident Putin. Bereits würden etwa tausend Wagner-Milizionäre im Donbass stehen, erklären amerikanische Beamte. Insgesamt zählt die Miliz, die unter anderem auch in Libyen im Einsatz war, etwa 3’500 Kämpfer. Dazu kämen jetzt offenbar Tausende syrischer Söldner.
Biden spricht zum polnischen Volk
Zum Abschluss seines dreitägigen Besuchs in Europa trifft der amerikanische Präsident am Samstag in Warschau den polnischen Präsidenten Andrzej Duda. Anschliessen wird er mit einigen Ukraine-Flüchtlinge zusammentreffen. Polen hat 2,2 Millionen Ukrainer aufgenommen. Im Schloss von Warschau wird sich Biden in einer Fernsehrede an die polnische Bevölkerung wenden. Am Freitag war Biden im polnischen Jasionka mit Militärangehörigen der 82nd Airborne Division zusammengetroffen – und ass eine Pizza.
Russischer Erfolg im Süden
Bei der Schaffung eines Landkorridors zwischen Russland und der Halbinsel Krim sei das russische Militär «teilweise erfolgreich», erklären ukrainische Beamte. Die Errichtung eines solchen Landkorridors gehört zu den wichtigen strategischen Zielen der Russen.
Opferzahlen
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj erklärte, dass bisher 16’000 russische Soldaten im gut einmonatigen Krieg gefallen seien. Westliche Geheimdienstkreise sprechen von etwa 7’000 getöteten Russen. Nach Angaben des russischen Generalstabs seien 1’351 russische Soldaten getötet und 3’825 verletzt worden. Experten gehen allerdings von viel höheren Zahlen aus.
Nach russischen Angaben seien 14’000 ukrainische Soldaten gefallen. 16’000 weitere seien verwundet worden. Demgegenüber hatte das ukrainische Militär nach eigenen Angaben etwa 1’300 Tote zu beklagen.
«Riesige Summen für Lügen»
Der ukrainische Präsident Selenskyj sagte in einer Video-Botschaft in der Nacht zum Samstag, die russische Führung habe «Milliarden Dollar für Propaganda» ausgegeben. Während Wochen habe sie jegliche Angriffsabsichten auf die Ukraine dementiert. «Wir wissen alle sehr genau, dass die Russen ein gewaltiges staatliches Propagandasystem aufgebaut haben.» Vermutlich noch die auf der Welt seien «solche Unsummen für Lügen ausgegeben» worden. Präsident Putin, Aussenminister Lawrow und die staatlichen russischen Medien hatten bis kurz vor Beginn der Invasion immer beteuert, es sei kein Überfall auf die Ukraine geplant.
Mehr deutsche Waffen
Laut ukrainischen Regierungskreisen sind weitere deutsche Waffen in der Ukraine eingetroffen. Dabei handelt es sich um 1500 Luftabwehrraketen vom Typ «Strela» und 100 Maschinengewehre MG3. Hinzu kommen 8 Millionen Schuss Munition für Handfeuerwaffen. Zudem hat Deutschland Hilfsgüter geliefert: 350’000 Esspakete, 50 Fahrzeuge für den medizinischen Transport und Material für die medizinische Versorgung.
Der Westen will Russland «auslöschen»
In einer aggressiven Fernsehrede warf Wladimir Putin dem Westen vor, die russische Kultur und ihre Geschichte «auslöschen» zu wollen. Putin sprach von «Auslöschungskultur». Dieser Begriff wird immer wieder von rechtsextremen amerikanischen Kreisen verwendet.
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