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Ungenügende Abklärungen der UNO über die Cholera in Haiti

Kein baldiges Ende der Cholera in Haiti

29. Mai 2011 , Genf
Pierre Simonitsch
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und ihre Partner wollen die Ausweitung der im Westen Haitis ausgebrochenen Choleraepidemie auf die Hauptstadt Port-au-Prince verhindern. „Dank der Früherkennung der Krankheitsherde können wir rasch reagieren“, erklärte WHO-Sprecherin Fadela Chaib in Genf. Gleichzeitig dämpfte sie die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Epidemie: „Haiti wird noch Jahre mit der Cholera zu kämpfen haben, wenn die Probleme mit der Trinkwasserversorgung und den sanitären Anlagen nicht behoben werden.“

Seit Oktober 2010 sind in Haiti nach den Erhebungen der Vereinten Nationen fast 300.000 Menschen an Cholera erkrankt und mehr als 4500 daran gestorben. Die Infektionskrankheit war seit einem Jahrhundert in dem Inselstaat nicht mehr aufgetreten. Das nepalesische Kontingent der UNO-Stabilisierungsmission in Haiti (Minustah) wird beschuldigt, den Choleraerreger eingeschleppt zu haben. Es kam zu Strassenschlachten zwischen der aufgebrachten Bevölkerung und den Blauhelmen.

Beim Ausbruch der Epidemie wollten weder die UNO noch die WHO eine Untersuchung einleiten. Ihr Argument war, dass man nach dem verheerenden Erdbeben Wichtigeres zu tun habe. Eine Anfrage bei den nepalesischen Blauhelmen ergab, dass dort kein einziger Fall von Cholera gemeldet wurde.

Grund: „Zusammenwirken von Umständen“

Im Januar bequemte sich UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon, ein unabhängiges Untersuchungsteam einzusetzen. Die vier Fachleute aus Indien, Mexiko, Peru und den USA legten am 5. Mai ihren Bericht vor. Sie machten ein „Zusammenwirken von Umständen“ für die Epidemie verantwortlich, „ohne dass man einer bestimmten Gruppen oder einer Einzelperson Schuld geben könne“. Die auslösende Bakterie sei einem in Südasien grassierenden Choleraerreger „sehr ähnlich, aber nicht mit ihm identisch“, stellten die Experten fest. Die Frage nach ihrer Herkunft wurde damit vom Tisch gewischt.

Ein staatliches Labor in Japan und das „Center for Disease Control“ in Atlanta (USA) hatten bereits Ende Oktober den Verursacher der Epidemie in Haiti als den „Vibrio toxinogene cholerae 01“ identifiziert. Genau dieser Stamm wütet seit September 2010 in Nepal. Die nepalesischen Blauhelme trafen im Oktober in Haiti ein. Sie bezogen an einem Bach namens Meille Quartier, der in den Artibonite fliesst. Nach dem Bericht der von der UNO entsandten Experten brach die Epidemie „mit überwältigender Evidenz“ in dieser Gegend aus. Von dort gelangte sie in die dicht besiedelte Deltamündung des Artibonite.

Für die rasante Ausbreitung der Cholera und die vielen Todesopfer machen die Ermittler mehrere Faktoren verantwortlich, darunter den Mangel an sauberem Trinkwasser und Abwässerkanälen. Zehntausende Haitianer nutzen das Wasser des Artibonite zum Trinken, Baden und Waschen, stellte das Team fest. Beim Ausbruch der Epidemie seien viele infizierte Personen geflüchtet und hätten damit die Krankheit in andere Regionen verbreitet. Und die Bevölkerung besitze keine Immunitätskräfte gegen den zuvor in Haiti unbekannten Bazillus.

Ursprung: defekte Latrinen

Der Untersuchungsbericht erklärt nicht, wie der Choleraerreger in die Meille und den Artibonite gelangten, wenn nicht aus den Latrinen der nepalesischen Soldaten. Selbst wenn es stimmt, dass keiner der Nepalesen Krankheitssymptome aufwies, so sagt dies nicht viel aus. Menschen aus Gebieten, in denen die Cholera häufig auftritt, entwickeln eine Immunität gegen den Bazillus. Sie scheiden ihn einfach aus.

Reporter der Nachrichtenagentur Associated Press und des TV-Kanals Al-Jazira entdeckten, dass die antiseptischen Gruben des Blauhelmlagers in Mirebalais leck waren. Fäkalien seien in die Meille gesickert. Der Vertrag zwischen der Minustah und einer lokalen Abfallbeseitigungsfirma sei im Juli 2010 ersatzlos ausgelaufen. Die UNO muss ihrer Glaubwürdigkeit wegen die Wahrheit suchen.

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