Anfang der vergangenen Woche hat eine wichtige europäische Zusammenkunft stattgefunden, alle waren dabei, die Schweiz nicht.
Am vergangenen Dienstag traf sich die «Koalition der Willigen» in Form einer Videokonferenz, um eine gemeinsame Haltung zur Unterstützung der Ukraine zu formulieren. In einem gemeinsamen europäischen Effort, das Schlimmste für das Aggressionsopfer abzuwenden, das Trumps USA mit einem anfänglichen 28-Punkte-Plan, weitgehend vom Aggressor Russland diktiert, in den Schwitzkasten genommen hat.
Alle EU-Länder sind mit dabei, ebenso die Nicht-EU-Mitglieder Grossbritannien und Norwegen, aber nicht die Schweiz. Die Neutralen Österreich und Irland haben Truppen für eine allfällige Friedenstruppe in der Ukraine zugesagt. Auf schweizerischer Seite herrscht dazu dröhnendes Schweigen.
Passive Gastgeberrolle
Doch die Schweiz leistet ja «Gute Dienste» im Konflikt als Ersatz, wie die Treffen in Genf eben gerade wieder gezeigt haben. Leider ist das falsch. Diese Gespräche haben nichts mit der offiziellen Schweiz zu tun, sondern fanden in Genf statt, weil dort die gesamte Infrastruktur für solche Treffen vorhanden ist. In diesem Fall haben in der grossen Uno-Misson der USA und im Hotel Intercontinental die geeigneten, schon oft bei ähnlichen Begegnungen gebrauchten Gebäulichkeiten zur Verfügung gestanden.
Im besten Fall kann man da von einer allgemeinen, passiven Gastgeberrolle der Schweiz sprechen. Diese wird durch Bundesgelder für internationale Infrastruktur in Genf gefördert, was natürlich positiv zu werten ist. Dies hat aber nichts zu tun mit konkreter Unterstützung der Ukraine oder auch nur Förderung von Anstrengungen zur Beendigung des Konflikts. Und noch weniger mit schweizerischer Neutralität.
Völkerrechtlicher Unfug
Diese wird ins Feld geführt, um die traurige Tatsache zu erklären, warum die Schweiz in der Statistik der Hilfe für das Aggressionsopfer Ukraine hinter den EU-Ländern, dem UK und auch hinter Norwegen aufscheint. Aus Neutralitätsgründen könne die Schweiz halt keine Waffen in die Ukraine liefern, auch nicht indirekt, wenn in der Schweiz hergestelltes, aber längst in Drittstaaten verkauftes Kriegsmaterial der Ukraine in ihrem Überlebenskampf weitergegeben werden soll.
Das ist völkerrechtlicher Unfug, weil dieses Argument auf den überholten Haager Abkommen von 1907 beruht, welche durch die Uno-Charta von 1945 ersetzt worden sind, die im Schatten des entsetzlichen Geschehens im Zweiten Weltkrieg – verursacht insbesondere durch den nazistischen Aggressionskrieg Deutschlands – jede Aggression verbietet und Hilfe an das Opfer ausdrücklich erlaubt. Putins Aggression gegen die Ukraine ist geradezu ein Schulbeispiel, warum die Väter der Uno-Charta so formuliert haben.
Mit Europa desolidarisiert
Es ist auch politisch unklug, da die Schweiz sich so mit Europa desolidarisiert und sich damit einmal mehr weithin sichtbar der EU entfremdet in einem Augenblick, wo im schwierigen bilateralen Verhältnis entscheidende Weichenstellungen anstehen, um unser Land weiterhin im europäischen Binnenmarkt zu halten.
Angesichts neuer totalitärer Achsen zwischen Putins Russland, Xi Jinpings Autokratie und dem gegenwärtigen US-Präsidenten schloss letzthin eine Zürcher Tageszeitung ihre Ausführungen zum Stand der gegenwärtigen Konfusion in den Ukraine-Verhandlungen mit dem durchaus richtigen Ruf nach einer (Zitat) «mutigen europäischen Koalition der Willigen». Warum wir da nicht mittun sollten, sagte sie nicht. Die Schweiz kommt aber heute nicht mehr länger um eine klare Antwort herum. Diese lautet Teilnahme und nicht Rückzug auf ephemere Meriten vergangener Guter Dienste.