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U-Boot-Deal

Frankreich–USA: historische Verstimmung

18. September 2021
Hans Woller
Australien, Teil des neuen strategischen Paktes mit den USA und Grossbritannien im indo-pazifischen Raum, lässt einen U-Boot-Deal mit Frankreich platzen. Paris ist geschockt und schäumt.

Bei jedem bilateralen und feierlichen Anlass war es zwischen Washington und Paris seit jeher gute Sitte, lautstark zu betonen, dass das jeweils andere Land sein ältester Verbündeter überhaupt sei. Und jetzt das.

Frankreich ruft erstmals in der jüngeren Geschichte seinen Botschafter in Washington zu Beratungen nach Paris zurück. Unter angeblich engsten Verbündeten, Freunden und Nato-Partnern ein mehr als aussergewöhnlicher Schritt, schliesslich verfügt die klassische Diplomatie  über kaum eine schärfere Geste.

Aussenpolitische und ökonomische Katastrophe

Ein Schritt, zu dem sich das zutiefst gedemütigte Paris entschlossen hat,  nur 48 Stunden, nachdem in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag bekannt geworden war, dass die USA, Grossbritannien und Australien das sogenannte «Aukus»-Bündnis geschlossen hatten, um gegenüber  China ihren milmitärischen Einfluss im indopazifischen Raum zu vergrössern.

Ein Pakt mit gewaltigem Kollateralschaden für Frankreich – sowohl politisch, diplomatisch als auch wirtschaftlich.

Nicht nur, dass die USA den Partner Frankreich bei diesem Abkommen haben vor der Türe stehen lassen, sondern auch, dass in Folge dieses neu geschlossenen Bündnisses Australien im gleichen Atemzug einen vor fünf Jahren mit Paris  abgeschlossenen U-Boot-Deal über 56 Milliarden Euro hat platzen lassen .

Canberra wird anstatt der klassischen U-Boote aus Frankreich nun atomgetriebene U-Boote «made in USA» ordern. Für Frankreich und vor allem die Region rund um die westfranzösische Hafenstadt Cherbourg eine Katastrophe. Dort war man schon seit Monaten dabei, bei der Reederei «Groupe Naval», die zu 60 Prozent dem Staat gehört, zwei- bis dreitausend neue Stellen zu schaffen und zu besetzen, um den Auftrag aus Australien in den nächsten Jahren umsetzen zu können. 

Ein wütender Aussenminister

Frankreichs Aussenminister Le Drian liess am Freitag Abend wissen, dass er die Rückberufung des französischen Botschafters aus den USA, und übrigens auch aus Australien, auf Wunsch von Präsident Macron angeordnet habe.

Ein Aussenminister, der zuvor schon kein Blatt mehr vor den Mund genommen hatte und das Handeln der USA in aussergewöhnlicher Schärfe verurteilt hatte. Er sei «wütend und getroffen», so Le Drian, die Aufkündigung des U-Boot-Deals sei eine «brutale, einseitige und nicht vorhersehbare Entscheidung, die ihn «sehr an das Verhalten von Herrn Trump» erinnere.

Ausserdem beharren die höchsten Stellen in Paris nach wie vor darauf, erst aus den Nachrichten von dem Ende des Rüstungsdeals und von dem Entstehen des neuen Bündnisses im indo-pazifischen Raum erfahren zu haben. In einem weiteren Interview sprach Le Drian von einem «Dolchstoss in den Rücken Frankreichs» und liess umgehend eine grosse französisch-amerikanische Freundschaftsfeier in der französischen Botschaft in Washington absagen. Der Anlass wäre gewesen: der 240. Jahrestag der Schlacht in Chasepeake Bay, bei der die französische Marine die britische Marine geschlagen und so dazu beigetragen hatte, das Tor zur Unabhängigkeit der USA ein Stück weiter aufzustossen.

Eine Ohrfeige

Paris ist verständlicherweise zutiefst getroffen und mehr als empört. Schliesslich hatten die Aussen- und Verteidigungsminister Australiens und Frankreichs erst vor zwei Wochen in einem gemeinsamen Kommuniqué die Bedeutung des U-Boot-Programms für die Zukunft unterstrichen.

Mitte Juni hatte Staatspräsident Macron noch den australischen Premierminister im Elysée empfangen und mit Blick auf den Vertrag über die Lieferung von 12 U-Booten aus Cherbourg von den «vertrauensvollen Beziehungen beider Länder» gesprochen. Dieses U-Boot-Programm, das auf einem Kompetenz- und Technologietransfer beruhe, werde beide Länder für die kommenden Jahrzehnte miteinander verbinden, so der Hausherr im Elysée-Palast. 

Angesichts dessen sind die Geheimverhandlungen der USA mit Grossbritannien und Australien über den neuen Sicherheitspakt im indo-pazifischen Raum sowie der Vertragsbruch Australiens nichts weniger als eine schallende Ohrfeige für Frankreichs Präsidenten und seine internationale Politik, mit der Strategie, einen sogenannten «dritten Weg» zwischen den USA und China gehen zu wollen.

Titel der heutigen Ausgabe der Tageszeitung «Le Monde»: «U-Boote – eine Schlappe für die französische Diplomatie».

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