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Iran/E3-Staaten

Droht der nächste Krieg gegen Iran?

27. August 2025
Erich Gysling
Erich Gysling
Fordo
Beschädigt, aber nicht zerstört: Ein Satellitenbild der iranischen Atomanlage Fordo nach dem amerikanischen Angriff am 22. Juni (Keystone/EPA/Maxar Technologies)

Die Spannungen um Iran steigen, noch unsichtbar, aber bereits unüberhörbar, wieder an: In Israel mehren sich die Stimmen, die eine Fortsetzung oder Wiederaufnahme des 12-Tage-Kriegs vom Juni fordern, und die Verhandlungen zwischen der iranischen Regierung und westlichen Regierungen stecken in der Sackgasse.

Die Gespräche vom Dienstag in Genf, an denen der iranische Aussenamtssprecher Ismail Baghai und die Vize-Aussenminister Deutschlands, Frankreichs und Grossbritanniens (so genannte E3-Staaten) teilnahmen, endeten ohne Einigung – dabei drängt die Zeit. Die E3-Staaten fordern konkrete Resultate zum iranischen Atomprogramm. 

Konkret: Sie verlangen, dass Iran sich bis in wenigen Tagen mindestens dazu verpflichtet, wieder Inspektoren der Internationalen Atomenergie-Agentur ins Land zu lassen. Das soll ein erster Schritt in Richtung der Wiederaufnahme von Verhandlungen sein, mit dem Ziel, danach mit der Führung in Teheran zeitgerecht eine Einigung über die Re-Aktivierung des Atomprogramms zu erreichen und Klarheit zu schaffen über die Frage, ob Iran sich dazu durchringen will, bei der Nuklear-Forschung auf militärische Ziele (also auf die Entwicklung einer Atombombe) zu verzichten.

Trump stieg aus

Der zeitliche Druck erklärt sich aufgrund des im Oktober auslaufenden so genannten JCPOA-Vertrags («Joint Comprehensive Plan of Action»). Dieser Vertrag war 2015 abgeschlossen worden, zwischen Iran einerseits, den USA (damals war Barack Obama Präsident), Grossbritannien, Frankreich, Deutschland, Russland und China anderseits. Er beinhaltet im Kern, dass Iran in begrenzten Mengen Uran nur auf 3,67 Prozent anreichern dürfe. Im Gegenzug wurden die internationalen wirtschaftlichen Sanktionen so gelockert, dass Iran Erdöl und Erdgas ohne grössere Einschränkungen exportieren und damit seine Wirtschaft sanieren konnte. 

Die USA stiegen 2018, noch in der ersten Amtszeit von Donald Trump, aus dem Vertrag aus. Abgestimmt mit dem israelischen Premier Netanjahu befand Trump, dass die Vereinbarung ungenügend sei – Iran müsse, als Minimum, auch verpflichtet werden, seine Raketen-Arsenale zu vernichten. Wenn nicht, bleibe das Regime in Teheran eine tödliche Gefahr für Israel. Also betrachteten fortan nur noch drei westeuropäische Staaten plus Russland und China den Atomvertrag als gültig – was erklärt, dass jetzt, in Genf, nur die E3-Länder an den Verhandlungen mit dem Vertreter der iranischen Regierung teilnahmen.

Krass verfehlte iranische Taktik?

Iran respektierte die Bestimmungen des Vertrags so lange, als die USA daran beteiligt waren – danach begannen die iranischen Techniker mit der Anreicherung von rund 400 Kilogramm Uran bis auf 60 Prozent, also bis in die Nähe von Waffentauglichkeit. Warum, ist bis heute unklar – will Iran eine Atombombe konstruieren, oder war die eklatante Verletzung der Vertragsbestimmungen Resultat einer Taktik mit der Absicht, international Besorgnis zu verbreiten und die USA zur Rückkehr ins Vertragswerk zu nötigen? 

Wenn dies das Ziel war, so wurde es auf jeden Fall krass verfehlt und bot, im Gegenteil, Israel im Juni einen Grund für seinen massiven, zwölf Tage dauernden Luftkrieg gegen Iran und die Blitz-Intervention der US-Luftwaffe. 

Die Geheimdienste widersprechen Trump

Die US-Attacke galt Anlagen der iranischen Nukleartechnik, in Natanz, Isfahan und Fordo (wo man die 400 Kilogramm auf 60 Grad angereicherten Urans vermutete). Präsident Donald Trump erklärte gleich nach dem Angriff, alle atomaren Anlagen Irans, auch das angereicherte Uran, seien vernichtet worden. 

Dass seine eigenen Geheimdienste ihm widersprachen und lediglich von gravierenden Beschädigungen der angegriffenen Anlagen, nicht aber von einer totalen Vernichtung schrieben, brachte ihn in Rage – das sei alles falsch, sagte er, und als vor zehn Tagen ein Untersuchungsbericht auf dem beharrte, was schon vorher von Fachleuten festgestellt worden war, entliess er, Führungsstil Trump, einfach den betreffenden Chef im Geheimdienst.

Noch immer ist angereichertes Uran vorhanden

Die Trumps Launen nicht unterstehenden Fachleute in Europa und Israel jedoch erklären, sie hätten genügend Beweise für die Annahme, dass das inkriminierte nukleare Material in Iran immer noch vorhanden, also durch die US-Luftschläge nicht zerstört worden sei. 

Das ist der ausschlaggebende Punkt dafür, dass die drei westeuropäischen Regierungen Iran darauf verpflichten wollen, sein jetzt noch vorhandenes Atomarsenal und allfällige Programme für die Weiter-Entwicklung seiner nuklearen Pläne für internationale Inspektionen zu öffnen – und sich Sorgen darüber machen, dass nach dem Oktober dieses Jahres, wenn der so genannte Atomvertrag aus dem Jahr 2015 ausläuft, keine Möglichkeit mehr besteht, Einsicht in die  Anlagen und Programme der iranischen Nukleartechnologie zu bekommen.

«Iran ist und bleibt Israels Erzfeind»

Aus der Diskussion raus halten sich Russland und China, beides so genannte strategische Verbündete Irans. Russische Medien berichteten, Mitglieder der Regierung unter Putin arbeiteten an einem Text, in dem zusätzliche Zeit für eine Einigung über das alte Vertragswerk vorgeschlagen werden soll. China hält sich passiv und lässt durchblicken, dass es den so genannten Snapback-Mechanismus (Wieder-Einführung all der gravierenden Uno-Sanktionen gegen die iranische Wirtschaft) ignorieren, mit Iran also weiterhin intensive wirtschaftliche Kontakte pflegen werde.

Und Israel? Da mehren sich, wie erwähnt, jene Stimmen, die auf eine Wiederaufnahme des Kriegs gegen Iran drängen – weil jegliche Vereinbarung mit dem Regime in Teheran in jedem Fall das Papier, auf dem sie geschrieben werde, nicht wert sei. Iran sei und bleibe Israels Erzfeind, und diesem Feind könne nur durch gezielte Attacken Einhalt geboten werden.

«Der Westen ist besessen von der Idee eines iranischen Feindbildes»

In iranischen Medien wird all das, die Schwierigkeiten beim Dialog mit den Westeuropäern und die Drohungen aus Israel, einerseits als «sehr ernst» eingestuft, aber das, was veröffentlicht wird, widerspiegelt auch eine innere Zerrissenheit in den Machtzentren des Regimes. Die Medien zitieren beispielsweise den iranischen Aussenminister, der versicherte, Iran werde alles in seiner Kraft Stehende tun, um zu einer Einigung über das Atomprogramm zu gelangen. Die iranischen Medien zitieren auch Staatspräsident Peseshkian, der interne Kritiker warnte: die Lage sei ernst, Iran habe keine Alternative zu Gesprächen mit den Westeuropäern, soll er geäussert haben, aber sie müssten «selbstbewusst» geführt werden. 

Was in Teheran geäussert respektive von den staatlich gelenkten Medien wiedergegeben wird, ist nicht ohne Widerspruch: Aussenminister Aragchi etwa wird zitiert mit einer Reparationsforderung an die Adresse der USA wegen des Blitz-Angriffs im Juni. Und der religiöse und politische Führer, Ayatollah Khamenei, äusserte bei seinem jüngsten Auftritt sogar, dem Westen insgesamt (also sowohl den Europäern als auch den US-Politikern) sei nie zu trauen – sie seien besessen von der Idee eines iranischen Feindbilds, also seien Verhandlungen letzten Endes sinnlos.

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