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Italien

Der Euro ist morto

7. März 2013
René Zeyer
Wer wird Italien regieren? Schwierige Frage. Wer wird Italien bald nicht mehr regieren? Einfache Antwort: der Euro.

Wenn man nicht in Kategorien wie «Clowns» oder «die Mehrheit der Italiener hat falsch gewählt» denkt, liegt die Analyse der Auswirkungen auf der Hand. Denn wie immer bestimmt natürlich die Wirtschaft die Entscheidung des Wählers. Das ihm in Italien zur Verfügung stehende politische Personal hat, zugegeben, Verbesserungspotenzial. Also haben sich die einen für Grillo, die anderen für Berlusconi, die dritten für Bersani entschieden. Und ganz wenige für Monti. Aber das ist nicht entscheidend.

Gegen die Sparpolitik

Die Mehrheit der Italiener hat sich in erster Linie gegen die von Brüssel und Berlin verordnete Europolitik ausgesprochen. Die besteht darin, sich in Rezession befindenden Staaten eine Sparpolitik aufzuerlegen und dafür Staatsschuldpapiere mit Neugeld aufzukaufen. Das soll zu einer Entschuldung und zu wirtschaftlichem Aufschwung führen. Dass das kompletter Unsinn ist, muss nicht mehr begründet werden, denn das Scheitern dieser Politik ist offenkundig.

Statt Geld in die Wirtschaft zu pumpen, damit es produktiv wird, vergeben Banken keine Kredite. Die Zinsen als Risikoprämie sind, dank der hirnrissigen Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), von einer darbenden Industrie nicht zu erwirtschaften, während sich der Staat für lau weiter verschulden könnte.

Gegen die Staatszwangsjacke

Der italienische Staat fällt als Antreiber einer wirtschaftlichen Erholung auch aus, weil er dafür kein Geld ausgeben darf. Also versinkt Italien immer tiefer in eine Rezession. Wie Griechenland. Wie Spanien. Wie die gesamte Eurozone. Absurd: Obwohl Staatsschulden zurückbezahlt werden, steigt der Schuldenstand, weil die Wirtschaftsleistung sinkt. Die Wirkung des Aufkaufsprogramms für Staatsschulden liegt inzwischen bei Null. Gegen diese Entwicklung hat die Mehrheit der Italiener gestimmt. Nicht in erster Linie für Berlusconi oder Grillo.

Rezession – Depression

Wenn ein Abschwung zum Dauerzustand wird, der Wirtschaftsmotor über längere Zeit nicht anspringt, Massenarbeitslosigkeit herrscht und beispielsweise an den Börsen gigantische Werte vernichtet werden, spricht man von einer ökonomischen Depression. Über die letzten fünf Jahre ist der Index der Mailänder Börse um sagenhafte 60 Prozent eingebrochen. Die Massenarbeitslosigkeit führt zu Konsumverzicht. Die italienische Wirtschaft kommt nicht vom Fleck. Alles Indikatoren, die den Begriff Depression stützen.

Alternativlos

Es spielt überhaupt keine Rolle, ob die Wahlen wiederholt werden müssen, man sich knirschend auf eine neue Technokratenregierung einigt oder man vor allem ausserhalb Italiens auf Politiker wie Berlusconi oder Grillo schimpft. Offensichtlich ist eine Fortsetzung der verordneten Sparpolitik mit der Mehrheit der Italiener nicht zu machen. Das ist alternativlos – und auch gut so. Denn bislang ist dem Kapitalismus noch keine bessere Methode eingefallen, um eine Depression zu beenden, als gewaltige Staatsinvestitionen – oder Krieg. Italien war im letzten Jahrhundert bei kriegerischen Auseinandersetzungen noch erfolgloser als Deutschland, also wird’s das wohl nicht sein.

Zurück zur guten alten Lira

Ein Verzicht auf die Fortsetzung der Sparpolitik bedeutet, dass sich Italien nicht unter den Rettungsschirm ESM flüchten kann. Es bedeutet auch, dass Brüssel und Berlin furchtbar böse werden und Italien, wie sich das für den völkerfreundschaftlichen Umgang in der Eurozone gehört, mit Mahnungen und Drohungen überziehen werden. Als Mittel, um den Drohungen Nachdruck zu verschaffen, stehen natürlich die EZB und der Euro parat.

Alle guten Argumente sprechen dafür, dass Italien aus seinem Schlamassel weder durch eine Fortsetzung der bisherigen Politik noch innerhalb des Euros rauskommt. Also hat die gute alte Lira beste Chancen, wieder zum Leben erweckt zu werden.

Weitere Probleme

Das Abstreifen des Eurokorsetts und der Verzicht auf eine Fortsetzung des unsinnigen Todsparens wären schon mal zwei gute Nachrichten für Italien. Aber natürlich müsste das mit Liberalisierungen im Dienstleistungssektor, Flexibilisierungen im Arbeitsmarkt und Reformen im politischen System einhergehen. Und da wären wir wieder beim Problem, dass das wohl innerhalb der existierenden demokratischen Strukturen unmöglich ist. Aber ein Viertel der Italiener hat ja bereits eine Partei gewählt, die sich genau dieses Nein zum aktuellen politischen System auf die Fahnen geschrieben hat.

Dann gibt es natürlich noch den zunehmenden Abgrund zwischen Süd- und Norditalien und die Mafia. Aber alles aufs Mal kann nie repariert werden. Der Euro ist morto wäre immerhin ein guter Anfang.

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