Wenn der Autofahrer zur Tankstelle strebt und 30 Liter tankt, kann er davon ausgehen, dass ihm die richtig bemessene Menge Benzin in Rechnung gestellt wird. Er nimmt also nicht an, dass er etwa nur 29 Liter bekommen, aber für 30 Liter zahlen muss. Dass hat etwas mit Vertrauen, Ehrlichkeit und Kontrolle zu tun. Wenn Bankster Tankstellen betreiben würden, müsste jeder Autofahrer die Quantität nachmessen und die angegebene Oktan-Zahl nachprüfen lassen. Das hat etwas mit modernem Banking zu tun.
Die Grundmesszahl Libor
Libor ist die Abkürzung für London Interbank Offered Rate. Hier wird der Zinssatz bestimmt, zu dem sich Banken gegenseitig in verschiedenen Währungen Geld leihen. Kurz gesagt, hängt von dieser Zahl der Zinssatz von ziemlich allem ab: vom Kleinkundenkredit über den Hypothekarkredit über Staatspapiere bis zu den Zinsen von Derviategebastel im Multibillionenbereich.
Nun wird diese Zinszahl nicht etwa wissenschaftlich berechnet oder gemessen. Sondern sie wird aufgrund von Angaben von rund 18 Grossbanken weltweit täglich festgelegt. Mehr muss der Kenner der Psyche moderner Bankster nicht wissen, um sich vorzustellen, was mit dieser Treibstoffmesszahl angestellt wird.
Daumen auf der Waage
Im Mittelalter gab es den Eichmeister, der verhinderte, dass der Marktverkäufer seine Gewichte abfeilte oder zu offensichtlich mit dem Daumen beim Wiegen der Ware nachhalf. Bei der Festsetzung des Libor gibt es keinen Kontrolleur.
Sollte man aber nicht davon ausgehen können, dass renommierte Banken wie Barclays, Citigroup, HSBC, die Royal Bank of Canada und natürlich die UBS das in sie gesetzte Vertrauen wenigstens bei der Festlegung einer der wichtigsten Kernzahlen für das weltweite Finanzgeschäft nicht missbrauchen werden? Aber das kann man natürlich nicht.
Wertloses Vertrauen
Die Bankster werden nicht müde zu behaupten, dass Vertrauen die wichtigste Grundlage im Geldgeschäft ist. Wer 100 Franken auf die Bank trägt, muss Vertrauen haben, dass die ihm gutgeschrieben werden, weiter vorhanden sind, obwohl er sie aus den Händen gegeben hat. Im Rahmen des modernen verantwortungslosen Gierbankings setzte sich aber immer mehr die aus dem angelsächsischen Raum stammende Meinung durch: Vertrauen ist ein schönes Asset, mit dem man den Kunden einseifen kann.
Glücklicherweise kann man aber Vertrauen nicht messen, also ist es wertlos. Was ist schon Vertrauen in eine Bank gegen den Gewinn einer Bank? Genauer: gegen den Gewinn der Angestellten der Bank?
Bankster sind so
Unermüdlich, unter Einsatz von viel Geld und Gehirnschmalz von wohlbestückten Kommunikationsagenturen, wehren sich Bankster gegen pauschale Verurteilungen, ungerechtfertigte Verallgemeinerungen. Verweisen auf die korrekte, seriöse und verantwortungsvolle Tätigkeit von Tausenden von kleinen Angestellten, Schalterbeamten und persönlichen Beratern.
Es sei ungerecht, wegen einigen wenigen Exzessen und unschönen Übertreibungen von Einzelnen eine ganze Branche sozusagen in Sippenhaft zu nehmen. Damit gefährde man zudem das Funktionieren der Finanzinstitute, den globalen Geldmarkt, die Wirtschaft selbst, ja die ganze Welt. Nichts gegen den kleinen Bankangestellten, aber das ist natürlich Mumpitz.
Der Mentalitätswechsel
Der klassische Schweizer Gnom machte alles, was legal war. Und das meiste, was nicht ausdrücklich verboten war. Aber für die meisten Gnome, nicht alle, galt dann doch der einfache Satz: Nein, das tut man nicht. Aus Moral, Selbstachtung oder mindestens im Wissen, dass man ja nicht den eigenen Ast absägen will. Indem man die Grundlage jedes Geldgeschäfts mutwillig für einen schnellen Extragewinn versenkt: das Vertrauen. Vorbei, verweht, nie wieder.
Wozu sind Geldhäuser fähig, wenn sie selbst einen Grundwert wie den Libor manipulieren? Muss jeder Geldschein, der aus dem Bancomaten kommt, als mögliche Fälschung beargwöhnt werden? Muss ein Goldbarren nachgewogen und aufgesägt werden? Müsssen Bankauszüge, Zinsberechnungen, Aufträge für Aktienhandel nachgeprüft werden? Gilt neu als Grundprinzip Misstrauen statt Vertrauen? Die Bankster tun alles dafür.
Sie werden nicht ruhen
Verantwortungslos und haftungsfrei mit geliehenem Geld spielen, wetten, zocken ist das Eine. Zinken, manipulieren, betrügen ist das Andere. Beides gehört beim modernen Bankster zusammen wie Krawatte und Anzug. Sich dabei auch noch erwischen zu lassen und mal eine erste Busse von rund 450 Millionen Dollar zu bezahlen, ist das Dritte.
Das liegt daran, dass der Kopf über dem Knopf meistens grösser, aber bei einem Bankster nicht viel intelligenter als die Krawatte ist. Sie werden nicht ruhen, bis sie alles verspielt haben. Kopf, Krawatte und Kragen. Vorher werden sie aber diese Kritik hier aufs entschiedendste als pauschal, übertrieben, ungerecht und von fehlender Sachkenntnis geprägt zurückweisen.