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Sprach-Akrobatik

Befesselte Sinne

6. Mai 2016
Heiner Hug
Befenstern, eingleisen, verzwergen, rabattierte Tickets

Der Zeitungsleser stösst immer wieder auf Wörter und Ausdrücke, die seine Aufmerksamkeit kurz in Anspruch nehmen: Ausdrücke, die witzig sind, skurril, veraltet, aufgeblasen, zynisch, ausgefallen, schräg, hübsch - aber immer korrekt.

Hier einige Fundstücke der letzten Wochen.

Die Denkmalkommission befiehlt, dass bei einem Warenhaus mehr Fenster eingesetzt werden müssen. Das Haus muss vermehrt befenstert werden: befenstern

Die Musik befesselt seine Sinne: die Sinne befesseln.

Er quatscht alle an die Wand: an die Wand quatschen.

Ein Tram ist entgleist und wird wieder in die Schienen gehisst, es wird eingegleist: eingleisen.

Weil er sich von Bayerns Innenminister Herrmann beleidigt sah, durfte ein Karlsruher Anwalt zurückbeleidigen.

Auf den Eintrittstickets erhält man einen Rabatt: rabattierte Tickets.

Die Partei ist verbonzt: verbonzen.

Seine Argumente sind wirr, er vergaloppiert sich.

Auf der Linken hat sich das politische Spektrum schon vor über dreissig Jahren ausdifferenziert, erst mit den Grünen, dann mit der Linkspartei. (Spiegel, Januar 2016): ausdifferenzieren.

Ein Schnitzel muss mit Mehl bestreut werden, es wird bemehlt: bemehlen.

Die Grünen im Bundesland XY werden verzwergt, wenn sie eine Koalition mit der SPD eingehen: verzwergen.

Eine eindeutige Aussage wird verunklart: verunklaren.

Der Text, den er geliefert hat, ist ein Geschreibsel, er besteht nur aus Schmieralien.

Von wannen kommt sie? Von wannen. (Der Duden klärt auf: von wannen, veraltet für "woher").

Er ist ein absonniger Mensch. Absonnig (nicht von der Sonne beschienen, ein Pechvogel)

Ein Denkmal wird auf einen Sockel gehoben, es wird aufgesockelt, die Aufsockelung findet statt.

Wenn zwei Männer oder zwei Frauen eine Partnerschaft eingehen, sind sie verpartnert: verpartnern.

Er will bewusster, gesünder, intensiver leben und an sich arbeiten, er ist ein Selbstoptimierer.

Und natürlich das Modewort: aussortieren. Einige Spieler des FC Zürich werden nicht entlassen, sondern aussortiert. Heute wird niemandem mehr gekündigt, heute wird aussortiert. (Menschen aussortieren klingt schon fast etwas nazihaft.)

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