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Fussball

‘The beautiful game’, aber nicht in Katar

1. August 2013
Daniel Woker
Ein internationaler Fussballer, der Ecuadorianer Christian Benitez, ist einen Tag nach einem Spiel am 29.7. in Katar zusammengebrochen und im Spital verstorben. Das erstaunt nicht.

Jeder, der schon einmal im Sommer in Katar war, weiss wie unmöglich grössere körperliche Anstrengung im Freien, geschweige den Sport zu dieser Jahreszeit dort ist. Die Abhaltung der FussballWM Qatar 2022 ist mehr als eine Bieridee - Bier wird im Wahabi-Emirat Katar nämlich nur sehr beschränkt ausgeschenkt - es wäre die offizielle Sanktion von staatlicher Korruption.

Ökologischer Irrsinn

Bereits die Kandidatur von Katar für die WM war ein Witz. Erstens weil die Temperaturen im Juni/July/August nicht nur 40, sondern oft 50 Grad im Schatten erreichen. Wahrscheinlich mitunter auch mehr, denn , wie unter cognoscenti während meiner vier Jahre in den Golfemiraten bekannt war, wurden die offiziellen Thermometer auf max. 50 Grad geeicht; jenseits dieser Marke waren alle Arbeiten im Freien gesetzlich untersagt, damit hätten auch die Gastarbeiteraus Südasien, welche dort alle physische Arbeit verrichten, nicht mehr auf die unzähligen Baustellen gekarrt werden dürfen.

Katar hat Air Conditioning (AC) für Stadien und Fanzonen versprochen. Indes ist die entsprechende Technologie für solch grossflächige Bereiche weder getestet , noch wären damit die Probleme wirklich gelöst. Die FussballWM ist bekanntlich das nach den Olympischen Sommerspielen zweitgrösste Sportereignis der Welt. Um dieses im Sommer in Katar abzuhalten, müsste praktisch über das ganze Land eine gigantische AC-Glocke gestülpt werden, was finanziell nicht einmal mit den legendären Gasmilliarden vonQatar Inc. , geschweige den technisch machbar wäre. All dies zudem abgesehen vom ökologischen Irrsinn einer AC-WM.

Australien geht leer aus

Mindestens ebenso schwer wiegt zweitens die zynische Korruption mit Hilfe welcher Katar anlässlich der Abstimmung im FIFA Exekutivkommitee am 2.12.10 in Zürich den Zuschlag erhielt. Konkurrenz waren nämlich vier - im Gegensatz zu Katar - wirkliche Fussballländer, alle mit erstklassigen Referenzen in der Abhaltung von Sportgrossereignissen inklusive Olympischer Spiele. Japan, Korea und Australien gehören zu den führenden Fussballnationen im Grossraum Asien-Pazifik, die USA in der Region Nord- und Mittelamerika. Alle vier landeten abgeschlagen auf den Plätzen; Australienbekam zu seiner grenzenlosen Verblüffung und Verbitterung eine einzige Stimme.

Wie später zu erfahren war, hatte übrigens einzig das damalige Komiteemitglied Franz Beckenbauer zumindest im ersten Wahlgang für Australien gestimmt. Schön zu sehen, dass es unter ehemaligen Bayern-Grössen auch ehrliche Leute gibt.

Fussball und olympische Sommerspiele

Völlig ausgerschlossen also, dass Katar den Zuschlag auf Grund seines Dossiers erhielt. Wie nun langsam ans Tageslicht kommt, stand dahinter vielmehr eine gigantische Schmieraktion, welche in ihrem Ausmass und Zynismus Lance Armstrong und testeronschwere Sprinter als kleine Ganoven aussehen lässt. Katar hatte schon Jahre zuvor, und tut dies weiterhin - die FussballWM soll ja nur der Auftakt zu den höchsten Weihen olympischer Sommerspiele sein - die Sportverbände ganzer Länder, inklusive deren Funktionäre aufgekauft. Dies mit dem Bau rsp. dem Versprechen dazu von Sportinfrastruktur, der Übernahme von Sportklubs und ähnlichem.

Wem das zu abenteuerlich erscheint, mag sich vor Augen halten, dass Katar mit seinem Aufkauf von Landesverbänden, von Infrastruktur, Clubs(FC Barcelona, Paris SG etc), Grossereignissen und Aktiven(katarische Langstrecken Weltrekordler aus Kenia) im Sport das tut, was China sozusagen in der Gegenrichtung seit Jahren praktiziert. China ist heute auch ein Begriff für wirtschaftliches Wachstum und Dynamik(für vieles weniger Positives auch, aber das ist eine andere Geschichte). Beijing fehlen aber zum weiteren Wachstum eigene Rohstoffe, also werden solche in Afrika und anderswo mit Investitionen, aber auch geschenkte "weissen Elephante" und Direktzahlungen aller Art aufgekauft.

Im Gegensatz zu China verfügt Katar über unendlich viel Energierohstoffe und damit Geld bis in die ferne Zukunft. Was dem Ministaat, katarische Staatsbürger gibt es noch immer weit weniger als seine Million, bis vor kurzem aber fehlte war ein internationals Profil, eine Marke eben. Diese ist auch über die goldene Brücke Sport in den letzten zehn Jahren systematisch und mit vielen Milliarden aufgebaut worden. Wie wir alle wissen, sind heute Sport und Politik eng verbunden. Ohne eine gewisse politische Protektion wären die katarischen shopping sprees in Frankreichs Sport, Politik und Wirtschaft kaum möglich gewesen. Wie ja ganz offiziell in der "Financial Times" gemeldet, ist noch immer unklar, ob AltStaatspräsident Sarkosi bereits jetzt in die Politik zurückkehrt oder doch eher noch etwas Geld verdienen will als nomineller Chef eines Hedgefunds mit katarischem Kapital. Genau wie Qatar Inc.übrigens zu seinen schweizerischen Besitztümer (u.a. seit kurzem Haupteigentümer der SwissotelGruppe) gelangte, ist wohl wiederum eine andere Geschichte, wird aber von zukünftigen helvetischen Historikern genau zu untersuchen sein.

Zurück zum Fussball, zum beautiful game eben. Mit allen anderen unzähligen Fussballfans wünsche ich mir eine wunderbare FussballWM 2022, hoffentlich, nein sicherlich, mit einem Schweizer Team aber nicht im Sommer in Katar. Mit diesem Wunsch stehe ich übrigens nicht allein dar. Seit ein paar Monaten fordert Sepp Blatter, bei der Abstimmung im Dezember 2010 dabei, genau dies immer insistenter.

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