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Schweiz

Auf der slippery Slope zur Bananenrepublik

7. November 2025
Daniel Woker
BR Pfister Uni Genf
Bundesrat Martin Pfister spricht bei einer Diskussion am 5. November 2025 in der Universität Genf zum Thema «Die neuen bilateralen Abkommen mit der Europäischen Union – eine strategische Notwendigkeit?» Er setzte sein Referat fort, nachdem er von pro-palästinensischen Demonstranten unterbrochen worden war. (Keystone, Salvatore Di Nolfi)

Die Abstimmung über die Bilateralen III wird frühestens 2026 stattfinden. Die Diskussion über diese Weichenstellung ist in vollem Gange. Dass gleichzeitig Wirtschaftsmagnaten ohne Mandat mit Trump über dessen Zölle verhandeln, wirft kein gutes Licht auf die Schweiz.

Zeitenwende bedeutet für Europa Fall der Mauer und Implosion des Sowjetreichs in Osteuropa 1989/90. Nicht so für die Schweiz. Praktisch alle damals befreiten Länder beeilten sich, der Nato beizutreten, ebenso der EU, was auch die drei anderen damaligen Neutralen, Schweden, Finnland und Österreich erfolgreich in Angriff nahmen. Anders der vierte Neutrale, die Schweiz, die nach dem knappen Nein zum EWR, das hauptsächlich dank einer millionenschweren Nein-Kampagne von Blocher & Co. zustande gekommen war, sich in Sachen Europa in einen Schmollwinkel zurückzog. 

Es folgten zehn bleierne Jahre für die schweizerische Wirtschaft, als wir tiefere Wachstumsraten hatten als die EU-Länder. Erst der bilaterale Weg – eine grosse Konzession der damaligen EU – brachte dann den Umschwung. Eine vergleichbare Reaktion der heutigen EU ist ausgeschlossen; die Reaktionen auf ein Nein der Schweiz zum vorliegenden Vertragspaket Bilaterale III würden sehr heftig ausfallen. Dies insbesondere, da das Vertragspaket Konzessionen der EU-Kommission enthält, welche jüngeren Mitgliedern der EU, die für ihren Einbezug in den Binnenmarkt strenge Auflagen zu erfüllen hatten, zu weit gehen. Die Schweiz würde sich endgültig isolieren, vor allem wirtschafts- und sicherheitspolitisch.

Zeitenwende für die Schweiz

Nun hat die Geschichte mit dem Autokraten Trump, dem Diktator Xi Jinping und dem Kriegsverbrecher Putin auch die Schweiz eingeholt. Unsere eigene Zeitenwende steht bevor.

Innenpolitisch symbolisiert die Bilaterale-III-Abstimmung – zusammen mit den xenophoben SVP-Initiativen (Neutralität, Zehnmillionen, Grenzschutz) – einen Wendepunkt: Entweder wird durch ein Ja die isolationistische, nach Rechts abdriftende Politik der Schweiz gestoppt oder dann begibt sich die Schweiz endgültig auf einen Trumpschen Irrweg. Steve Bannon, Trumps Chefideologe, hat es Roger Köppel gegenüber so ausgedrückt: «Blocher is Trump before Trump.»

Aussenpolitisch steht die Schweiz vor einem Richtungsentscheid: Entweder beweist sie mit einem klaren Ja zu den Bilateralen III und einem Nein zu den genannten Initiativen, dass sie zu Europa gehört und näher an EU und Nato rücken will. Oder bei der gegenteiligen Entscheidung, das heisst bei Fortführung des egoistischen Alleingangs, folgt sie Blocher & Co., die mit jahrzehntelangem Millionenaufwand eine Politik getrieben haben, welche die Schweiz in ein neutrales Alpen-Monaco verwandeln möchte.

Schicksalsfragen

Wie das in der Schweiz oft der Fall ist, präsentiert sich die konkrete Abstimmungsmaterie viel komplexer und komplizierter als die Grundsatzfrage, um die es tatsächlich geht. Ob all den Einzelheiten des umfangreichen Vertragspaketes Bilaterale III darf die Grundsatzfrage aber nicht vergessen werden. Ein Nein würde die Schweiz, wie wir sie kennen, in den Niedergang treiben. 

Eine weitere wirtschaftspolitische Schicksalsfrage der Schweiz sind Trumps horrende Zölle. Dass in diesen Tagen eine Handvoll, teilweise ausländische, Oligarchen, ohne Teilnahme und Mandat der offiziellen Schweiz, mit Trump über das Schicksal der schweizerischen Wirtschaft verhandeln, ist kein gutes Zeichen. Denn genau wie bei den Verhandlungen mit der EU kann dies nur das Geschäft der offiziellen Politik sein. Wenn nun an deren Stelle Wirtschaftsführer das Steuer übernehmen, so bedeutet dies, dass sich die Schweiz bereits auf der slippery Slope zur Bananenrepublik befindet.

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