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Absolute Armut - Statistik und Politik

31. Dezember 2010
Peter Achten
Das Schlagwort „Armut“ war im Jahre 2010 gut für manche Schlagzeile. Vor allem in der Schweiz. Je nach Statistik und Organisation waren das einmal 900'000, ein anderes mal 500'000 Schweizerinnen und Schweizer, die in Armut lebten. Medial verbreitet wurde dieser Sachverhalt süffig und unkiritisch mit Krokodilstränen vom Boulevard, aber auch von sogenannten Qualitätszeitungen mit nur wenig mehr Differenziertheit.

Nun ist die Definition von Armut sowohl eine Frage der Statistik als auch von Politik und Gesellschaft. Die Vereinten Nationen haben kürzlich ihren Masstab neu definiert. Bislang lebten nach UNO-Definition in „absoluter Armut“ jene, die pro Kopf und pro Tag nicht über mehr als einen Dollar zur Verfügung hatten. Neu sind es 1 Dollar 25. Mit dem Dollar-Massstab allerdings ist es so eine Sache. Um es einfach zu formulieren: In China beispielshabler kann man mit einem Dollar sehr viel mehr ausrichten als in der Schweiz. Deshalb ist die Armutsgrenze in China auch anders definiert als von der UNO.

Nach amtlichen chinesischen Statistiken leben im Reich der Mitte nur noch 42 Millionen in absoluter Armut, eine Leistung, die sich am Anfang des vierten Reform-Jahrzehnts sehen lassen kann. Nach UNO-Massstäben allerding hätten 254 Millionen Chinesinnen und Chinesen darben müssen. Die Lösung der unterschiedlichen Einschätzung: Chinas Massstab lag weit tiefer als jener der UNO, nämlich bei einem verfügbaren Einkommen pro Kopf und pro Jahr von 1'196 Yuan oder umgerechnet rund 190 Dollar.

Statistisch gesehen: mehr Arme in China

Für das Jahr 2011 hat nun die Zentralregierung in Peking die Armutsschwelle auf 1'500 Yuan angehoben. Hier kommt nach der Statistik eben die Politik ins Spiel, und für die roten Mandarine war es ein mutiger Schritt. Statistisch gesehen leben nämlich jetzt nicht mehr 42 Millionen sondern rund 100 Millionen Menschen des 1,4 Milliarden Volkes in absoluter Armut. Dieser Schritt freilich liegt ganz auf der Parteilinie. Im neuen Jahrzehnt nämlich soll die Kluft zwischen Arm und Reich, Stadt und Land verringert werden.

Ob das gelingt, daran zweifeln auch chinesiche Ökonomen. Immerhin, die Anhebung des Existenzminimums bringt vielen, vor allem Bauern und in abgelegenen Gebieten lebenden Minderheiten mehr staatliche Zuschüsse und Unterstützung. Das Ziel der Regierung ist klar. Es gehe nicht nur um ausreichende Nahrung und Bekleidung, sondern auch um adäquate Hilfe im Gesundheitswesen und bei der Erziehung. Die Regierung, so „China Daily“,das englischsprachige Sprachrohr des Staatsrates, sei jetzt gefordert, und es habe „Mut gebraucht, die Anzahl der armen Leute zu erhöhen, für die jetzt gesorgt werden muss“.

Verglichen mit den 1,25 Dollar pro Tag pro Kopf der UNO ist der Chinesische Ansatz natürlich immer noch bescheiden, umgerechnet nämlich gerade einmal 63 Cents. Armut ist immer – mit welchem statistischem Massstab man auch misst – ein Skandal und für die Betroffenen schwer erträglich. Mit dem Schweizerischen Existenzminimum allerdings lebt es sich bei aller Mühsal und sozialer Ausgrenzung – verglichen mit China oder Indien oder Brasilien – vergleichsweise auf hohem Niveau.

Im übrigen ist weltweit die Armut nach jedem statistischem Kriterium in den letzten drei Jahrzehnten gemessen an der Weltbevölkerung prozentual wenn auch nicht absolut zurückgegangen. Das den Globalisierungs-Kritikern ins Stammbuch.

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