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Schwierige Definition bei "Humanitären Interventionen"

Tyrannen-Mord ist kein Recht

2. Mai 2011 , Genf
Pierre Simonitsch
Das Völkerrecht kennt keinen Freibrief für Tyrannen-Mord. Falls die Luftangriffe der Nato im Libyenkonflikt tatsächlich die Tötung von Muammar Ghadhafi und seiner Familienmitglieder zum Ziel haben, so stehen sie ausserhalb des Gesetzes. Die Tötung politischer Gegner durch staatliche Agenten ohne einen fairen Prozess ist in fast allen Ländern und auch völkerrechtlich verboten, selbst wenn es sich um Massenmörder handelt.

Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat sogar einen Sonderberichterstatter eingesetzt, der Informationen über „aussergerichtliche Hinrichtungen“ in der ganzen Welt sammelt. Darunter fallen von der Staatsgewalt angeordnete Morde oder Liquidierungen, wie etwa die gezielten israelischen Raketenangriffe auf Hamas-Führer im Gazastreifen.

Was heisst "Verhältnismässigkeit"?

Man kann einwenden, dass die Genfer Konventionen von 1949 und ihre Zusatzprotokolle - die das Kriegsrecht darstellen -, die Zerstörung militärischer Objekte wie Kommandozentralen erlauben, auch wenn sich das feindliche Staatsoberhaupt darin aufhält. Aber auch für diesen Fall schreibt das Kriegsrecht vor, "Verhältnismässigkeit" zu üben und zivile Opfer zu vermeiden.

Das Mandat des Weltsicherheitsrats für das militärische Eingreifen in Libyen beschränkt sich auf den Schutz der von den Regierungstruppen bedrohten Zivilbevölkerung mit allen nötigen Mitteln. Die Ausrottung der Ghadhafi-Familie war damit sicher nicht gemeint, sonst hätte die Uno-Resolution keine Einstimmigkeit erzielt. In der Entschliessung steht, dass der Internationale Strafgerichtshof (ICC) wegen schwerer Verletzungen der Menschenrechte gegen den libyschen Staatschef ermitteln soll. Das Höchstmass an Strafe, das der ICC verhängen kann, ist lebenslange Haft.

Die Uno-Generalversammlung hat sich mit grosser Mehrheit gegen die Todesstrafe ausgesprochen. Diese Entscheidung bestimmt die grundsätzliche Haltung der Weltorganisation.

Das vom Sicherheitsrat gedeckte militärische Eingreifen in Libyen beruht auf einer „Verantwortung zum Schutz“ (responsibility to protect) der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten, den die Generalversammlung 2005 zur internationalen Regel gemacht hat. Diese Pflicht bezieht sich auf Genozid, schwere Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und „ethnische Säuberungen“. Sie ist eine gemässigte Form des einst vom französischen Ex-Aussenminister Bernard Kouchner vertretenen „Rechts auf humanitäre Intervention“.

Kriegsgräuel in Ex-Jugoslawien und der Völkermord in Ruanda

Ein Recht auf humanitäre Intervention wurde nach den Kriegsgräueln in Ex-Jugoslawien und dem Völkermord in Ruanda gefordert, bei dem 1994 um die 800.000 Menschen grauenhaft umgebracht wurden. Die in Ruanda stationierten Blauhelme griffen nicht ein, weil sie keine klaren Befehle aus der New Yorker Uno-Zentrale erhielten. Bei den Verhandlungen über ein Recht auf humanitäre Intervention stellte sich aber heraus, dass dieser Begriff willkürlich ausgelegt werden kann. Wie sich jetzt erweist, steht es mit der „Pflicht zu schützen“ nicht viel besser.

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