Direkt zum Inhalt
  • Politik
  • Kultur
  • Wirtschaft
  • Gesellschaft
  • Medien
  • Über uns
close
Bundesrats-Ersatzwahl 12. März 2025

Ritter ohne Furcht und Tadel

2. März 2025
Christoph Zollinger
Christoph Zollinger
Markus Ritter
Nationalrat Markus Ritter auf seinem Hof in Altstätten SG (Bild vom 22. März 2023, Keystone, Gian Ehrenzeller)

Mit dem Rücktritt von Viola Amherd gingen die Spekulationen in den Medien los. Wählen wird die Vereinigte Bundesversammlung, die bekanntlich völlig unbeeinflusst ist von Parteiraison, Kantönligeist, Bauernschlauheit und Einflussnahmen von Lobbyisten.

Diesmal erhitzten sich die Gemüter vorab an der Frage, ob mit Kandidat Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbands, eine fünfte Kraft (von sieben) mit landwirtschaftlichen Wurzeln im Regierungsgremium opportun wäre. Zu offensichtlich ist die eingetrübte Aussicht, dass die Schweiz im 21. Jahrhundert durch jene Vertretungen regiert würde, deren Output weniger als ein Prozent zum BIP (Bruttoinlandprodukt) unseres Landes beiträgt; eine Branche, die zudem nicht gerade als zukunftsorientiert gilt.

Der Kandidat mit der Kuh

Was ein Ritter ist, glaubt der Volksmund zu wissen. Trägt er seine Rüstung, ist er auf Angriffe vorbereitet. Kämpft er mit offenem Visier, legt er seine Absichten offen. Führt er dagegen etwas im Schilde, plant er nichts Gutes. Bricht er für etwas eine Lanze, unterstützt oder verteidigt er die Sache. Sitzt er auf dem hohen Ross, wirkt er etwas eingebildet, um nicht zu sagen arrogant.

Das stolze Rittertum – ähnlich wie die arbeitsame Bauernschaft – haben in der Schweiz eine lange Tradition. Mit Blick auf den 12. März seien deshalb Fragen erlaubt, was man sich unter den alten Redewendungen heute vorstellen könnte.

Offensichtlich ist unser Ritter gut auf Angriffe vorbereitet. Er lässt sich gegen Bezahlung vom vielleicht erfahrensten und erfolgreichsten Einflüsterer in Bern, Lorenz Furrer (Furrerhugi), beraten. Noch kämpft der Ritter um den Bundesratssitz mit offenem Visier und breitet seine Absichten generös in den Medien aus. Ob er dabei etwas anderes im Schilde führt? Wer weiss das heute schon? Jedenfalls bricht er eine Lanze für sich selbst: Als motivierter Kandidat werde er, wenn gewählt, Vollgas geben. Abbilden in den Medien lässt er sich meistens zusammen mit einer Kuh – also weit davon entfernt, auf dem hohen Ross zu sitzen.

Ein landwirtschaftslastiger Bundesrat?

Zweifellos ist 2025, im Jahr der Turbulenzen um Trump und Putin, der Job eines Bundesrats oder einer Bundesrätin sehr anspruchsvoll. Denn Regieren heisst ja auch: die Bevölkerung erfolgreich auf die Zukunft vorbereiten. 

Im heutigen Bundesrat sind landwirtschaftliche Bezüge dominant: Da ist Guy Parmelin, Eidgenössisches Meisterdiplom in Landwirtschaft und Weinbau, dazu Berufslehre als Landwirt. Beat Jans absolvierte eine Lehre als Landwirt und bildete sich dann zum Agrotechniker weiter. Elisabeth Baume-Schneider kann man als nebenberufliche Schafbäuerin bezeichnen. Albert Rösti schliesslich ist Doktor der technischen Wissenschaften und Ingenieur Agronom. Einzig Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Ignazio Cassis figurieren nicht in dieser Reihe. 

Das VBS als Wunschdepartement

Markus Ritter hat sich in seinen Medienauftritten professionell und wendig gezeigt. Auch im «Werbespot» von TV SRF 1 vom 29. Januar zeigte er sich überzeugt davon, im Militärdepartement die Probleme anpacken und lösen zu können. Er präsentierte sich als einer der einflussreichsten Politiker des Landes, was seine Auftritte zugunsten der Schweizer Bauern tatsächlich immer wieder bewiesen haben. In diesem Zusammenhang sprechen Beobachter der Bundeshausszene auch von erfolgreichem Lobbying, können doch mittlerweile mindestens 52 Parlamentarier zur Landwirtschafts-Lobby gerechnet werden. Die «NZZ am Sonntag» beschrieb Ritter nüchtern als «sehr zielorientiert, schneller als die anderen und immer gut organisiert».

Ritter schwärmt mit erhobenem Zeigefinger geradezu vom VBS, in seinen eigenen Worten: «Es braucht nun – trotz knappen Budgets – eine starke Führung, denn es steht viel, sehr viel Arbeit an, um den Pendenzenberg abzutragen.» Er könne das VBS wieder «top» machen. «Auf mich kann man sich verlassen» (NZZ). 

Der Gefreite Ritter verkündet nun also, im Verteidigungsdepartement aufräumen zu wollen. Kein Wort davon, dass er noch gar nicht gewählt ist. Ob er gewählt werden wird, ist ja noch offen, denn es ist bekannt, dass das Parlament bei Bundesratswahlen seit je für starke Persönlichkeiten eher wenig Sympathie zeigt.

War Ritter bisher der begabte, erfolgreiche Bauernführer, so mag man sich doch fragen, ob der angestrebte Rollenwechsel zum ebensolchen Militärstrategen wirklich so problemlos zu bewältigen sein werde. 

Sofern Martin Pfister (Mitte) der einzige Herausforderer des top-gesetzten Kandidaten Markus Ritter bleibt und sich nicht doch noch ernstzunehmende «wilde» Kandidaten zur Wahl stellen werden, wird der 12. März 2025 in Bundesbern keine grossen Wellen werfen. 

Aber etwas Spannung wäre natürlich schon wünschenswert.

Letzte Artikel

Eskalation ohne Rücksicht auf die Folgen

Erich Gysling 13. Juni 2025

Die Polizei an ihren Grenzen

Stephan Wehowsky 12. Juni 2025

Querschuss zur Unzeit

Urs Meier 12. Juni 2025

Die wenig bekannte Duchamp-Schwester

Niklaus Oberholzer 10. Juni 2025

Europa ohne die USA

10. Juni 2025

Ein Bravo für Greta Thunberg

Erich Gysling 9. Juni 2025

Newsletter abonnieren

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter!

Zurück zur Startseite
Journal 21 Logo

Journal 21
Journalistischer Mehrwert

  • Kontakt
  • Datenschutz
  • Impressum
  • Newsletter
To top

© Journal21, 2021. Alle Rechte vorbehalten. Erstellt mit PRIMER - powered by Drupal.