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Venezuela

Noch hilft der Comandante siegen

15. April 2013
Hans Moser
Es kam, wie Hugo Chávez es wollte. Sechs Wochen nach seinem Tod tritt sein politischer Ziehsohn Nicolás Maduro mit dem Segen des Volkes die Nachfolge des Comandante an. Die Opposition erkennt den Sieg des Linksnationalisten nicht an.

Er hat gewonnen, aber alles andere als triumphiert. Entgegen den meisten Wahlprognosen konnte Maduro die Präsidentschaftswahl nur mit einem kleinen Vorsprung für sich entscheiden. Auf den Wunschnachfolger von Chávez entfielen 50,66 Prozent der Stimmen, während der Einheitskandidat der Opposition Henrique Capriles 49,07 Prozent erhielt.

Maduro gewählt und Chávez gemeint

Der verhältnismässig kleine Vorsprung überrascht, sehen doch viele Venezolaner im ehemaligen Buschauffeur, Gewerkschaftschef und Aussenminister gewissermassen den rechtmässigen Erben von Chávez, der im vergangenen Oktober, wenige Monate bevor der Krebs ihn besiegte, die Präsidentschaftswahl noch mit 55 Prozent der Stimmen gewonnen hatte. Im Wahlkampf hatte Maduro hoch und heilig versprochen, auf dem Chávez vorgezeichneten Weg weiterzugehen und dessen Projekte zur Armutsbekämpfung, für ein effizienteres Gesundheitswesen, eine bessere Bildung und mehr Bürgerbeteiligung fortzuführen.

An seiner Loyalität gegenüber dem verstorbenen Comandante und dessen „Bolivarischer Revolution“ dürfte kaum jemand gezweifelt haben. Und es fehlt Maduro auch nicht an sozialistischem Stallgeruch. Aber der 50-jährige politische Ziehsohn von Chávez verfügt bei weitem nicht über die Ausstrahlungskraft und das Durchsetzungsvermögen des verstorbenen Präsidenten, der 14 Jahre die Geschicke Venezuelas gelenkt hatte.

Opposition spricht von Wahlbetrug

Anders als im vorigen Jahr erkennt die Opposition den Wahlsieg der Chávistas nicht an. Henrique Capriles, der schon Chávez unterlegen war, sprach von zahlreichen Unregelmässigkeiten an den Urnen und forderte eine Neuauszählung der Stimmen. Für die Opposition ist es ein schwacher Trost, dass sie ihr Ergebnis im Vergleich zur Wahl im vergangenen Jahr um fünf Prozentpunkte verbessern konnte, hat sie am Sonntag doch nach der Präsidentenkür 2012 und den Regionalwahlen im Dezember innerhalb eines halben Jahres die dritte Niederlage in Folge erlitten und muss sich nun wohl oder übel damit abfinden, dass die Chávistas weitere sieben Jahre an der Macht bleiben.

Alles hängt am Öl

Maduro tritt ein schwieriges Erbe an. Chávez konnte dank seiner enormen Popularität und den Einkünften aus dem Erdölgeschäften schalten und walten, wie er wollte. Maduro wird innerhalb der Bolivarischen Bewegung, die alles andere als homogen ist, nicht auf eine ebenso breite Unterstützung zählen können.

Da Venezuela über eine der weltweit grössten Erdölreserven verfügt, wird auch seiner Regierung bis auf weiteres reichlich Geld für Sozialprojekte zur Verfügung stehen. Trotz der Ölmilliarden ist die Wirtschaft in Venezuela in den vergangenen Jahren jedoch wesentlich weniger stark gewachsen als in anderen lateinamerikanischen Ländern. Ständig angestiegen sind hingegen die Staatsschulden. Darüber hinaus hat das Land mit einer Inflationsrate von mehr als 20 Prozent, einer teilweisen maroden Infrastruktur, abnehmender Produktivität und hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen.

Korruption und Kriminalität

Mindestens so sehr wie die wirtschaftlichen Schwierigkeiten macht den Venezolanern die zunehmende Kriminalität zu schaffen. 80 Prozent halten sie Umfragen zufolge für das Hauptproblem des Landes. Venezuela gehört heute zu den Staaten mit den weltweit höchsten Mordraten weltweit: 2012 starben 16 000 Menschen eines gewaltsamen Todes. Die meisten Verbrechen werden nie aufgeklärt.

Chávez hatte immer wieder versprochen, zielstrebiger gegen die Kriminalität vorzugehen, es letztlich aber bei halbherzigen Massnahmen bewenden lassen. Genauso wie im Kampf gegen die Korruption. Unter ihm machte sich in Venezuela die so genannte „Boli-Bourgeoisie“ breit, eine kleine Schicht Neureicher, die im Namen des von Chávez verehrten Freiheitskämpfers Símon Bolívar (1783-1830) ihr Vermögen auf wundersame Weise zu vermehren vermochten.

Vertrauen auf Bewährung

All diesen Problemen und Missständen zum Trotz hat Maduro die Präsidentschaftswahl gewonnen. Weil Chávez es wollte und für unzählige seiner Landsleute das Wort des Comandante auch nach seinem Tod Gesetz ist. Die Mehrheit der Wähler hat dem Kronfavoriten das Vertrauen geschenkt. Aber es ist ein Vertrauen auf Bewährung. Jetzt muss Maduro zeigen, dass er fähig ist, nicht bloss von Chávez Gnaden zu regieren.

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