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Israels Angriff in Qatar

Netanjahu setzt nur noch auf Krieg

10. September 2025
Erich Gysling
Erich Gysling
Qatar
Im Hintergrund eine Rauchwolke: Nach dem israelischen Angriff auf Doha, der Hauptstadt Qatars (Keystone/UGC via AP)

Deutlicher als mit dem militärischen Schlag auf ein von Hamas-Politikern benutztes Haus in Qatar hätte Israels Premier Netanjahu seiner Ablehnung eines wie auch immer ausgehandelten Abkommens für die Beendigung des Gaza-Kriegs nicht Ausdruck geben können. 

Die Message lautet: Netanjahu setzt auf die Fortsetzung des Kriegs im Trümmer-Küstenstreifen bis zum bitteren Ende, also wohl bis zum Tag, da die gesamte 2,2 Millionen-Bevölkerung in Zelt-Slums an der Grenze zu Ägypten zusammengetrieben ist. Die Diplomatie rund um den Konflikt ist nun definitiv vom Tisch.

Die Attacke ist sowohl ein Affront an die Adresse der  Regierung Qatars, die sich seit zwei Jahren, also seit dem Beginn des Gaza-Kriegs, um Vermittlung bemüht, als auch gegenüber dem US-Präsidenten. Trump tut jetzt zwar so, als sei er kurz vor dem Angriff über die Pläne Israels informiert worden und beteuert, er habe die Qatari gerade noch rechtzeitig warnen können, aber glaubhaft ist das nicht. Denn die Nachricht aus Washington traf in Doha erst in dem Moment ein, als die israelischen Raketen bereits einschlugen. Trumps Presse-Sprecherin versuchte, die Peinlichkeit mit dem Hinweis zu überspielen, der Präsident hätte gesagt, die Attacke sei weder im Interesse Israels noch in jenem der USA, von einer Kritik an die Adresse Netanjahus war und ist jedoch keine Rede. Auch nicht von einem Stopp der Lieferung von Waffen und Munition, mit denen die Kriege Israels in der Region geführt werden.

Noch peinlicher wird alles für die US-Regierung, weil die Hamas-Leute in Qatar sich in Doha eben zusammengesetzt hatten, um den letzten US-Vermittlungsvorschlag für ein Ende des Gaza-Kriegs und die Freilassung der noch lebenden Geiseln (nach Geheimdienst-Informationen soll es sich um etwa 20 Menschen handeln) zu beraten.

In Kairo wird man sich hüten

Die Regierung Qatars beteuert, sie würde sich, trotz allem, weiterhin als Vermittlerin  engagieren, das läge sozusagen in der DNA des Emirats. Nur: Zwischen wem und wem soll sie denn noch Gespräche ermöglichen? Israel sagt zu allem Nein, Hamas anderseits stellt Bedingungen. Die US-Regierung versucht nun, die Regierung Ägyptens zu motivieren. Doch in Kairo wird man sich davor hüten, Hamas-Leuten ein Haus für eine Beratungsgruppe zur Verfügung zu stellen – die Ägypter haben ja wohl zur Kenntnis genommen, dass Netanjahu geschworen hat, die Erzfeinde überall zu verfolgen und zu eliminieren, wo immer das auch sei. Und eine israelische Attacke irgendwo in oder in der Nähe von Kairo will Präsident Sissi auf jeden Fall vermeiden, denn darauf müssten die ägyptischen Streitkräfte reagieren, und das wiederum würde den Friedensvertrag mit Israel (in Kraft seit 1979) vernichten. 

Was aber, wenn Netanjahu und seine rechtsgerichtete Entourage die gesamte palästinensische Bevölkerung im Gaza-Streifen in die Zeltlager-Slums an der Grenze zu Ägypten vertrieben hat und der Hunger, Teil der israelischen Strategie, die Menschen derart zur Verzweiflung getrieben hat, dass sie sich nur noch eines wünschen: Weg von hier, irgendwo hin! Es gibt Anzeichen, dass innerhalb der Regierung um Netanjahu, auch ermuntert durch den  US-Botschafter in Jerusalem, Pläne für diesen Fall geschmiedet werden: Umsiedlung (beschönigt wird das mit der Zuschreibung «freiwillig») in ein anderes Land, und wenn schon nicht nach Ägypten, das sich entschlossen gegen eine solche «Lösung» wehrt,  dann eben sonstwo hin. 

In die arabische Welt exportieren

Der (evangelikalische) US-Botschafter in Israel, Huckabee, hat bereits gerechnet: In den arabischen Ländern gäbe es 644 mal mehr Raum als in Israel, also müsste es doch möglich sein, dass man die Palästinenser in die «arabische Welt» exportieren könnte, meinte er. Tatsächlich haben US-Emissäre auch schon ihre Fühler ausgestreckt: Sie verhandelten mit den Regierungen mehrerer Länder, mit jener von Südsudan, Somalia und Libyen. 

Bisher erhielten sie zwar nur Absagen – aber wer weiss: die USA können ja gewisse «Belohnungen» in Aussicht stellen. Für Südsudan, eines der ärmsten Lànder der Welt, beispielsweise grosszügige finanzielle Hilfe und die Wiederaufnahme der von der Trump-Regierung annullierten Unterstützung durch USAID. Für Somaliland, das international als eigenständiger Staat nicht anerkannt ist, die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen, für Libyen grosszügige Investitionen.

Auf eine solche «Lösung» des Gaza-Problems hoffen nicht nur Netanjahu und die rechtsgerichteten Minister in seiner Regierung, Ben-Gvir und Smotrich – eine «Ausreise» der 2,2 Millionen Palästinenser aus dem Gaza-Streifen wünschen sich auch, gemäss Umfragen, 82 Prozent der israelischen Bevölkerung.

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