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Sunniten und Schiiten - kein durchgehender Gegensatz

Misslungene Revolte in Bahrain?

18. Februar 2011
Arnold Hottinger
Nun haben auch die Bahraini versucht, eine Volkserhebung auszulösen. Sie scheint misslungen zu sein. Möglicherweise werden die protestierenden Massen nocheinmal ansetzen, um zu Wort zu kommen. Doch die Lage in Bahrain ist in vieler Hinsicht unterschiedlich von jener in Ägypten, und sie ist ungünstig für die Volksbewegung.

Schiitische Proteste gibt es seit vielen Jahren, ja seit Jahrzehnten, auf den Inseln. Die Schiiten bilden die Mehrheit der Bevölkerung. Doch die Regierung des Königshauses der Khalifa ist sunnitisch und stützt sich auf den sunnitischen Bevölkerungsteil. Die Jahrzehnte der Proteste haben die herrschenden Kräfte abgehärtet. Sie sind es gewöhnt, Proteste niederzuhalten und niederzuschlagen. Zuletzt haben sie dies anlässlich der Wahlen vom 23. Oktober 2010 getan.

Söldner verteidigen das Königshaus

Diesmal gingen die Sicherheitskräfte erneut gut organisiert vor: Sie stürmten um Mitternacht das Lager der Protestierenden auf dem Pearl Square, den diese zu ihrem Tahrir-Platz machen wollten. Tränengas wurde massiv eingesetzt und es gab Tote, das Protestlager wurde "geräumt".

Ein wesentlicher Unterschied zu Ägypten und Tunesien: Die Sicherheitskräfte sind überwiegend im sunnitischen Ausland rekrutiert. Sie kommen aus Pakistan, Jemen, Syrien, Jordanien, und haben keine Wurzeln auf den Inseln. Die Regierung kann Schiessbefehle geben, ohne fürchten zu müssen, sie könnten sich weigern. Vorläufig kam die Regierung mit Tränengas aus.

Zu den Protestierenden gehörten diesmal nicht nur Schiiten sondern auch jugendliche Sunniten, die mit ihren schiitischen Brüdern mehr Freiheit und bessere Lebensbedingungen fordern.In dieser Hinsicht ist die Protestbewegung vergleichbar mit ihren erfolgreichen Vorläufern in Ägypten und Tunesien, denen sie nacheifern will.

Fünf Hauptforderungen

Ihr Forderungskatalog umfasst fünf Hauptpunkte: Befreiung der politischen Gefangenen; mehr Arbeitsplätze und Wohnungen; ein repräsentatives Parlament (das gegenwärtige ist unrepräsentativ,weil es aus ungleichen Wahlen hervorging); eine neue Verfassung, die das Volk schreiben soll, nicht das Herrscherhaus; schliesslich, eine Regierung, die nicht unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten Khalifa ben Salman Al Khalifa aus dem Herrscherhaus steht.

Dieser ist seit 40 Jahren "Ministerpräsident". Doch die Khalifa werden ihre Machtstellung hart verteidigen. Neben ihren eigenen Sicherheitskräften, die man als ihre "Sicherheitssöldner" bezeichnen kann, sind die Khalifa in der Lage, sich international abzustützen. Saudi Arabien und die USA sehen die Inseln als einen Vorposten gegen die Macht Irans, deren vermutete Aggressivität sie fürchten - besonders im Erdöl-Schatzhaus des Golfes.

Grade weil Bahrain schiitische Mehrheiten hat, die aber von Sunniten und von einem Königshaus seit Jahr und Tag in Schach gehalten werden, wäre ein Sturz der Khalifa für beide Golfmächte katastrophal, so sehr, dass sie ihn schwerlich zulassen werden. Bahrain ist Marinebasis für die amerikanische Fünfte Flotte, die im Persischen Golf operiert.

Protest über die schiitische Gemeinschaft hinaus

Bisher wurde Widerstand in Bahrain gerne von den Beobachtern, besonders den pro-amerikanischen, als eine "konfessionelle" Bewegung gesehen und beschrieben. Das traf weitgehend zu, überdeckte jedoch den Umstand, dass die schiitische "Konfession" schwer wiegende soziale Gründe für ihre Auflehung hat. Wenn nun auch junge Sunniten mitmachen, wird es unmöglich, die Protestbeweungng als ein "schiitisches" Phänomen zu sehen und sie mit "Agitation aus Teheran" zu erklären.

Diese Komplexität erschwert zusätzlich den Positionsbezug von eigentlich liberal denkenden Amerikanern, wozu wohl auch Päsident Obama gehört: Sollen die USA sich für die - in Bahrain gewichtigen - amerikanischen Wirtschafts- und Militärinteressen einsetzen oder für das Recht auf echte Demokratie, welches die Bahraini ja auch haben?

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