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Oper

Märchenhafter Siegfried

30. September 2024
Laura Weidacher
Siegfried und der Waldvogel
Rolf Romei, Álfheiður Erla Guðmundsdóttir : Siegfried und der Waldvogel (Foto: Theater Basel, © Ingo Höhn)

Das Theater Basel und sein Intendant Benedikt von Peter fahren nach den ersten beiden Teilen von Wagners Tetralogie «Der Ring des Nibelungen», also nach «Rheingold» und «Walküre», nun mit der Inszenierung des dritten Teiles, «Siegfried», einen grandiosen Erfolg ein.

Märchenhaft ist alles an der Basler Neuinszenierung dieses «Siegfried». Ganz reell steht jedoch der Name des jugendlichen Helden aus der Nibelungensage auch für einen wichtigen Abschnitt in Richard Wagners Leben. 

Richard Wagners Schweizer Glück 

In der Luzerner Villa Tribschen, herrschaftlich inmitten eines Parks über dem Vierwaldstättersee gelegen, gebar seine ihm in der Luzerner Matthäuskirche 1870 angetraute Ehefrau Cosima, Tochter von Franz Liszt, Ex-Frau von Hans von Bülow, seinen Sohn Siegfried. Im Dezember des gleichen Jahres ertönte im Treppenhaus der Villa Tribschen als Ständchen zu Cosimas Geburtstag das berühmte Siegfried-Idyll.

Wagners Widmungsgedicht begann mit den Worten «Tribschener Idyll mit Fidi-Vogelsang und Orange-Sonnenaufgang». Dieser bezaubernde Fidi-Vogelsang tönt heute noch den Besuchenden entgegen, wenn sie das geschichtsträchtige Luzerner Haus betreten. In der Tribschener Zeit hatte Wagner auch «Die Meistersinger» und «Siegfried» vollendet und die Arbeit an der «Götterdämmerung» fortgesetzt. 

Das von Wagner selbst so genannte Tribschener Idyll endete 1872, als Wagner und Cosima nach Bayreuth übersiedelten. Trotzdem: Aus vielen Teilen dieser dritten Oper der Tetralogie sprechen Glück und Erfüllung, aber neben Neid und Gewaltbereitschaft auch Ungewissheit und Angst.

Furchtlosigkeit versus Machtgier

Lediglich Siegfried, der unwissende und unschuldige Knabe, im tiefen Wald aufgezogen vom Schmied Mime, hat keine Ahnung, was Furcht heisst. Also geht es um einen, der auszog, das Fürchten zu lernen. Schon aus solchen Analogien wird deutlich, dass dieses (von Wagner selbstverständlich wie immer selbst verfasste) Libretto voller uralter Märchengestalten ist. 

Diese scharen sich in Basel, um zum Theater zurückzukehren, in Form von bezaubernden, riesenhaften oder auch kleinen Puppen (Maskenwerkstatt Marianne Meinl, Wien) wie ein stummer Chor um die Protagonisten. Um die Puppen sinnvoll und trotzdem diskret im Hintergrund zu bewegen, wurden 16 Laienspieler eingesetzt. Das kluge Regiekonzept Benedikt von Peters mit seiner Co-Regisseurin Caterina Cianfarni jedoch personalisiert mit den Puppen die grosse Schuldfrage, die Göttervater Wotan alias «Wanderer» umtreibt: Die Puppen personifizieren die durch Wotan Getöteten, die seiner Suche nach dem Reichtum verheissenden Ring zum Opfer fielen – eine stumme Mahnung. 

Aber «Wild und kraus kreist die Welt» singt die Urmutter Erda (Hanna Schwarz), den Göttervater Wotan fast schon resigniert warnend. Und in all dieser Wildnis und Wirrnis im Bereich der mythischen Tanne (Bühnenbild Natascha von Steiger) findet der immer noch furchtlose Siegfried endlich den Fels, auf dem die unbotmässige Walküre Brünnhilde hinter Feuerwänden schlummert. Nun endlich fürchtet er sich – vor der Macht der Liebe. Und küsst sie wach wie der Prinz das Dornröschen. Aber erst, nachdem er den Lindwurm alias den Riesen Fafner getötet hat, welcher den sagenhaften Ring bewachte. 

Ende gut, alles gut? Mitnichten! Denn dies alles ist nur der Auftakt zum endgültigen Untergang des Asengeschlechts, zur Götterdämmerung. Und diesen letzten Teil der Tetralogie dürfen wir ab Oktober 2024 ebenfalls im Theater Basel bestaunen.

Klänge aus dem Untergrund

Die Musik Wagners entfaltet in «Siegfried» eine fast schon impressionistische Feinfühligkeit, schimmert in allen Farben von menschlicher Empfindung und Waldweben. Der Stardirigent Jonathan Nott führt das Sinfonieorchester Basel durch diese eindringlichen Farbklänge. Diese kommen jedoch – wie schon vorher bei «Die Walküre» – aus dem Untergrund, aus einem Raum unter der Bühnenebene. Damit erfüllte der Regisseur Benedikt von Peter posthum einen Wunsch des Komponisten Richard Wagner, der sich immer schon ein unsichtbares Orchester gewünscht hatte. Basel nimmt hier also in der Wagner’schen Opernwelt eine Vorreiterrolle ein. 

Auf dieser leicht zurückgenommenen Klangebene entfalten sich die Gesangsstimmen umso eindringlicher. Dies gilt in Basel für alle Solisten, welche grossteils bereits in den ersten beiden Teilen eingesetzt worden waren. Stimmlich und szenisch jedoch herausragend Nathan Berg als Wotan (Wanderer), Rolf Romei als Siegfried, und Karl-Heinz Brandt als Mime. 

Der vierte Teil des Rings, die «Götterdämmerung», wird in Basel ab Oktober gegeben.

Nächste Vorstellungen: 
Siegfried: 30. September; 6., 13., 18. Oktober
Götterdämmerung: 6., 15., 20. Oktober

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